# taz.de -- Entsorgung von Quecksilber: Ein Gift reist um die Welt | |
> Viele Länder können das hochgiftige Schwermetall nicht gut entsorgen. | |
> Darum wird es etwa aus Argentinien in die Schweiz transportiert. | |
Bild: Gold ist nicht alles. Als Abfallprodukt bleibt Quecksilber, wie hier in d… | |
Buenos Aires/Berlin taz | Ein internationales Abkommen zum Schutz der | |
Umwelt führt in Argentinien zu Umweltproblemen. Die Probleme verursacht | |
hochgiftiges Quecksilber, das in der Tagebaumine Veladero auf der | |
argentinischen Seite der Anden als Nebenprodukt der Gold- und | |
Silbergewinnung anfällt. | |
„Über Jahre wurde das Quecksilber exportiert, transportiert und vermarktet, | |
und niemand hat etwas gesagt, als das Quecksilber mit einer Reinheit von | |
über 99 Prozent herausgebracht wurde“, sagt Juan Trebino von der | |
argentinischen Behörde für Umwelt und nachhaltige Entwicklung. | |
Bis 2012 etwa verkaufte Veladero das Quecksilber vor allem in die USA. | |
Inzwischen haben viele Länder den Kauf von Quecksilber eingestellt, und | |
alle, die es eingesetzt haben, mussten anfangen, es zu sammeln, so Trebino. | |
Grund ist das „Minamata-Übereinkommen“. Diese seit 2013 bestehende | |
internationale Vereinbarung über die Vermeidung von Quecksilberemissionen | |
definiert das Metall als „eine giftige Chemikalie mit bedeutenden | |
Auswirkungen in Hirn und Nervensystem“. | |
2017 ratifizierten sowohl Argentinien als auch Deutschland das nach der | |
japanischen Küstenstadt Minamata benannte Abkommen. Dort waren jahrelang | |
quecksilberhaltige Abfälle in die Umwelt gelangt und hatten zu schweren | |
Gesundheitsschäden der Bevölkerung geführt. | |
## Quecksilber gilt als gefährliches Abfallprodukt | |
Demnach gilt Quecksilber nicht mehr als Neben-, sondern als gefährliches | |
Abfallprodukt und soll dem internationalen Marktgeschehen entzogen werden. | |
Das Problem für die Minenbetreiber: Sie müssen das Metall auf dem | |
Minengelände lagern und es zur Entsorgung um die ganze Welt schippern. | |
Ende April waren daher Stahlbehälter mit 100 Tonnen Quecksilber in der Mine | |
Veladero gestartet. In Südamerika führte ihr 2.400 Kilometer langer | |
Transport von der argentinischen Provinz San Juan entlang den Anden nach | |
Norden durch die Provinzen La Rioja, Catamarca, Tucumán, Salta und Jujuy. | |
Nach der Überfahrt über den 4.200 Meter hohen Paso de Jama auf der | |
chilenischen Seite ging es wieder südlich zum Hafen von San Antonio in der | |
Region Valparaíso, der lediglich knapp 800 Kilometer Luftlinie von der Mine | |
entfernt liegt. | |
In San Antonio auf ein Schiff verladen, wurden die Container erneut | |
Richtung Norden transportiert, um nach der Fahrt durch den Panamakanal | |
weiter in Richtung Holland zu schippern. Der Transport auf dem europäischen | |
Landweg führte von den Niederlanden über Belgien und Frankreich in die | |
Schweiz. | |
## 1,5 Millionen Dollar für den Transport | |
Verantwortlich für den weltumspannenden Transport – die Kosten werden auf | |
rund 1,5 Millionen Dollar geschätzt – sowie die Aufbereitung ist die | |
Schweizer Firma Batrec, die der französischen Veolia-Gruppe angehört. „Das | |
Quecksilber wird nach Europa gebracht, da es dauerhaft dem globalen | |
Kreislauf entzogen werden soll“, sagt Batrec-Geschäftsführer Dieter | |
Offenthaler. | |
Weltweit gebe es nur zwei Anlagen, die Quecksilber in Quecksilbersulfid | |
umwandeln können, beide befänden sich in Europa, so Offenthaler. „Europa | |
verfügt mit den Untertagedeponien über eine ausgezeichnete und langfristig | |
sichere Endlagerungsmöglichkeit.“ Die sichere Endlagerung sei ein | |
Kernelement der Beseitigung. | |
Wer quecksilberhaltige Abfälle nach Deutschland bringen möchte, muss sich | |
dies zuvor von Behörden genehmigen lassen. Wenn eine solche Genehmigung | |
vorliege, sei der Import durchaus sinnvoll, meint das | |
Bundesumweltministerium: In Deutschland bestünden mit der Deponieverordnung | |
strenge Vorschriften für die Untertagedeponierung, somit sei eine | |
umweltgerechte Behandlung gewährleistet. | |
In Argentinien hingegen sorgte die Mine Veladero – die zu gleichen Teilen | |
von einem kanadischen und einem chinesischen Bergbaukonzern betrieben wird | |
– schon mehrfach für negative Schlagzeilen. In den Jahren 2015 und 2017 kam | |
es dreimal zu Austritten giftiger Substanzen, wobei Cyanid- und | |
schwermetallhaltige Abwässer in den nahen Fluss Jáchal gelangten und die | |
lokale Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten. | |
Die erste Leckage war nur bekannt geworden, weil ein Minenarbeiter den | |
Vorfall über sein Smartphone verbreitet hatte. Nach einigem Hin und Her | |
musste der kanadische Betreiber Barrick zugeben, dass mindestens 224.000 | |
Liter cyanidhaltiges Wasser ausgelaufen waren. Dagegen schätzten die | |
lokalen Umweltorganisationen die ausgelaufene Menge auf bis zu 4 Millionen | |
Liter. | |
26 Jun 2019 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
Heike Holdinghausen | |
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