# taz.de -- Ende der Klimakonferenz in Warschau: Knapp am Eklat vorbei | |
> Auch ein verheerender Taifun reicht nicht aus, um einen Klimagipfel | |
> erfolgreich zu machen. Die Konferenz endet mit mühseligen Kompromissen. | |
Bild: Glücklich und zufrieden? UN-Klimasekretärin Christiana Figueres nach Ab… | |
WARSCHAU taz | Am Ende wäre alles fast an dem Wörtchen „under“ gescheiter… | |
Nein, dieser Textstelle werde er nicht zustimmen, sagte der philippinische | |
Delegierte Yeb Sano am Samstagabend, 18 Stunden nach dem offiziellen Ende | |
der Klimakonferenz. „Unter“ dem Rahmen für Anpassung an den Klimawandel | |
sollte das neue Gremium, der „Warschauer Internationale Mechanismus“ für | |
den Umgang mit „Verlust und Schäden“ durch den Klimawandel angesiedelt | |
werden: Darauf hatten sich mehr als 190 Delegation nach nervenaufreibender | |
Debatte geeinigt. | |
Aber Sano stellte sich quer: „Mein Land hat schon akzeptiert, dass dieser | |
Mechanismus weder konkrete Mittel noch Fristen hat. Es geht um reale | |
Menschen.“ Der Gipfel kam wieder einmal knirschend zu einem Halt. | |
Yeb Sano hatte die Klimakonferenz schon am Beginn gerockt - durch einen | |
emotionalen Appell an die Delegierten, vor dem Hintergrund des tödlichen | |
Taifuns „Haiyan“ in seiner Heimat endlich zu Ergebnissen zu kommen. [1][Und | |
durch seinen Hungerstreik], den er seitdem durchhielt. Als er dann am | |
letzten Tag die Konferenz durch seine Verweigerung wieder durcheinander | |
brachte, rief der Konferenzleiter zur Problemlösung eine informellen | |
Gruppenbildung am Rande der Sitzung, in der kleine Probleme wie ein | |
einzelnes Wort aus der Welt geschafft werden. | |
Und Sano, trotz seiner Ghandi-Methoden und seiner Scheu vor Interviews ein | |
gewiefter und erfahrener Spieler im Klimapoker, bekam ein typisches | |
UN-Ergebnis: Der Text wurde an mehreren Stellen nachgebessert; das Gremium | |
landet bei der ungeliebten „Anpassung“, das wird aber in drei Jahren | |
nochmal überprüft. | |
## „Jahr der Ambitionen | |
Denn auch ein verheerender Taifun zu Beginn der Konferenz reicht nicht aus, | |
um einen Klimagipfel erfolgreich zu machen. Nach der 19. UN-Klimakonferenz | |
kriecht der weltweite Klimaschutz nun langsam einen Schritt weiter. Neben | |
dem „Verlust und Schaden“-Gremium beschlossen die Delegierten am | |
Samstagabend einen Zeitplan für die nächsten Jahre, einen blutleeren | |
Kompromiss zur Finanzhilfen für arme Staaten und ökologische Leitplanken | |
für den Waldschutz. | |
Nach dem Fahrplan soll 2014 das „Jahr der Ambitionen“ werden, um 2015 in | |
Paris einen neuen umfassenden Klimavertrag auszuhandeln. Ob es dafür | |
allerdings auch Fahrgäste gibt, muss sich zeigen. Die Staaten sollen | |
Vorschläge für den Vertragstext machen und spätestens im März 2015 ihre | |
Reduktionsziele angeben. Am 23.September 2014 will UN-Generalsekretär Ban | |
Ki Moon den Staatschefs bei einem Sondergipfel in New York außerdem Druck | |
machen. Nach einer Blockade von China und Indien in letzter Minute hatten | |
die Staaten den Begriff „Verpflichtungen“ zu Emissionsreduzierungen durch | |
den schwächeren Ausdruck „Beiträge“ ersetzt. | |
Bei der Finanzierung konnten sich die Entwicklungsländer nicht mit der | |
Maximalforderung durchsetzen, im Text 70 Milliarden Dollar Klimahilfen für | |
das Jahr 2017 festzuschreiben. Dafür gab es nur die Zusicherung, die | |
Beträge bis zu den versprochenen 100 Milliarden in 2020 gleichmäßig | |
ansteigen zu lassen - und jetzt darüber zu reden, wo das Geld herkommen und | |
wie es berechnet werden soll. Der leere Fonds für Anpassung wurde mit 100 | |
Millionen Euro - 30 Millionen davon aus Deutschland - aufgefüllt. Beim | |
Waldschutzprogramm „REDDplus“ einigten sich die Staaten darauf, die | |
Zahlungen für die Schonung von Wäldern an ökologische und soziale Kriterien | |
zu binden. | |
## Fast gegen die Wand gefahren | |
Am Samstagmittag war der Gipfelzug fast gegen die Wand gefahren. China und | |
Indien hatten außerdem einen Text verlangt, mit dem sie sich aus ihren | |
Verpflichtungen zum Klimaschutz ab 2020 verabschiedeten. | |
Mit mühseligen Kompromissen endete eine Konferenz, bei der eigentlich | |
anders als in den letzten Jahren keine drängenden Probleme anstanden. Doch | |
die Stimmung auf dem Gipfel, die am Beginn durch die Nachrichten aus den | |
Philippinen positiv war, wendete sich in den zwei Wochen zur Gereiztheit. | |
Das kam auch daher, dass Australiens neue Regierung durch ihren harten | |
Anti-Klima-Kurs den falschen Ton setzte und Japan sich schließlich als | |
Schwarzfahrer pünktlich zum Beginn der Konferenz von seinen | |
Klimaschutz-Zielen verabschiedet. | |
Die Weigerung der Industriestaaten, mehr Geld auf den Tisch zu legen und | |
die starke Präsenz der Kohle- und Öllobby als Sponsoren der Konferenz | |
führten am vorletzten Tag zum Auszug der meisten Umweltverbände. Ebenfalls | |
während der Konferenz wurde der Sitzungspräsident, Polens Umweltminister | |
Marcin Korolec, [2][von seinem Premier gefeuert]. Und mit Kritik an seiner | |
unentschiedenen Verhandlungsführung in den entscheiden letzten Nächten | |
hielten sich die Delegierten nur mühsam zurück. | |
„Spätestens jetzt ist klar, dass dieser Prozess allein nicht zum Ziel | |
führt, den Klimawandel unter zwei Grad zu halten“, sagte Christoph Bals von | |
der Entwicklungsorganisation [3][„Germanwatch“]. „Es wird immer deutliche… | |
wie vergiftet die Atmosphäre ist“. Die Chefin der [4][UN-Klimabehörde | |
UNFCCC] meinte, der Abschluss „bringt uns in die Spur für ein Abkommen in | |
Paris, aber nicht in die Spur zum Zwei-Grad-Ziel.“ Jennifer Morgan, | |
Klimaexpertin des [5][„World Resources Institute“] forderte die Delegierten | |
auf, „nach Hause zu gehen und echten Fortschritt bei den Plänen zu machen, | |
die das Rückgrat eines Klimavertrags 2015 sein sollen“. | |
## Solidarität mit Klimaopfern | |
Das Gleiche forderte die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard, die | |
erleichtert war, dass es nicht zu einem Rückschritt gekommen war. „Vor uns | |
liegen noch große Herausforderungen“, meinte Hedegaard. Auch Wael Hmaidan, | |
Direktor des [6][„Climate Action Network“] (CAN) lobte, die Konferenz habe | |
„den wenigen politischen Willen zusammengebracht“, davon sei nun aber im | |
„Jahr der Ambitionen 2014“ noch viel mehr nötig. | |
Die Klimaschützer jedenfalls waren mit ihrem Hungerstreik, mit dem sie Yeb | |
Sano unterstützt hatten, zufrieden: „Die tausende von Menschen aus | |
Umweltgruppen und Kirchen werden in den zwei Jahren bis nach Paris das | |
Fasten fortsetzen: In jedem Monat einen Tag aus Solidarität mit den | |
Klimaopfern.“ | |
23 Nov 2013 | |
## LINKS | |
[1] /Hungerstreik-auf-dem-Klimagipfel/!127364/ | |
[2] /Kabinettsumbildung-in-Polen/!127841/ | |
[3] http://germanwatch.org/de/startseite | |
[4] http://unfccc.int/2860.php | |
[5] http://www.wri.org/ | |
[6] http://www.climatenetwork.org/ | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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