# taz.de -- Eishockeyteam aus Süd- und Nordkorea: Tränenreiches Ende eines R�… | |
> Das vereinigte koreanische Eishockeyteam verabschiedet sich von Olympia. | |
> Ein denkwürdiges Experiment, das wohl kaum politische Folgen haben wird. | |
Bild: Der Abschied fiel vielen spielerinnen schwer | |
GANGNEUNG taz | Ein letztes Mal flogen Kuscheltiere auf das Eis. Noch | |
einmal lief „Hand in Hand“ aus den Lautsprechern, die inoffizielle Hymne | |
dieser „Friedensspiele“, als die Gastgeber Südkorea das Wintersportfest | |
gebrandet hat. Dann schickte Sarah Murray ihre 35 Spielerinnen auf das Eis, | |
alle, und während diese sich vom Publikum verabschiedeten, da kamen der | |
Trainerin die Tränen. | |
Murray hatte all die Olympiatage sehr ernst und fast ein bisschen traurig | |
gewirkt, mit ihrem strengen Pferdeschwanz und dem schwarzen Sakko über dem | |
türkisen Business-Hemd, der Uniform des Eishockeytrainers, wie sie das von | |
ihrem Vater kennt, einem ehemaligen NHL-Coach. Gerade mal 29 ist sie, den | |
Trainerjob hat sie quasi im Blut. Aber diese letzten Wochen, das war mehr | |
als ein Trainerjob. | |
Was war da bloß auf die Amerikanerin eingeprasselt. Vier Jahre hatte sie | |
ein koreanisches Frauen-Eishockeyteam auf Olympische Spiele vorbereitet, | |
das war ihr Auftrag, weit unter dem Radar der Öffentlichkeit. Dann | |
verkündete Nordkoreas Diktator Kim Jong Un einen U-Turn in seiner | |
Olympiapolitik, die Funktionäre holten Pläne eines gemeinsamen Frauenteams | |
aus der Schublade. Zehn Tage vor Olympia bekam sie zwölf neue Spielerinnen | |
aus diesem seltsamen Land, das es mit Atomwaffen hat. | |
„Die Politiker haben eine Entscheidung getroffen“, sagte Murray nun, als | |
alles vorbei war: „Wir waren diejenigen, die sie funktionieren ließen.“ | |
Ihre Tränen nach diesem 1:6 gegen Schweden, der fünften Niederlage im | |
fünften Spiel – sie hatten nichts mit Trauer zu tun, sondern mit | |
Erleichterung, Rührung und Stolz. Natürlich hätten ihre Spielerinnen „den | |
Druck von Medien und Regierungen“ gespürt, erklärte die Trainerin. Und es | |
sei „tough“ gewesen, sich in so kurzer Zeit aufeinander einzustellen. | |
Murray hatte die Idee zunächst kritisch bewertet, und sie räumte auch jetzt | |
noch einmal ein, dass sie sich das alles so nicht hätte vorstellen können. | |
Sie war alles andere als ein Claqueur der Funktionäre, und so hat es mehr | |
Gewicht, wenn jemand wie sie auf die Frage nach ihren denkwürdigsten | |
Erinnerung an Olympia die neuen Freundschaften im Team nennt und sagt: „Der | |
Sport reißt Barrieren ein.“ | |
Nach dem Training zuletzt, da habe sie beobachtet, wie acht Spielerinnen | |
aus dem Norden und fünf aus dem Süden zusammen dablieben, sich umarmten, | |
Fotos machten. Auch andere Stimmen aus dem Team legen nahe, dass es | |
tatsächlich immer besser gelaufen ist. Sogar mit den englischen | |
Fachbegriffen, die den Nordkoreanerinnen anfangs noch so viele Probleme | |
machten. „Ich hörte sie erstmals Dinge sagen wie Lineshift (Wechsel) oder | |
Faceoff (Bully),“, hatte die US-Koreanerin Randi Heeso Griffin schon nach | |
dem dritten Spiel gegen Japan berichtet. Ansonsten rede man halt so über | |
alles, Jungs zum Beispiel. | |
## Schwierig, in Kontakt zu bleiben | |
Das Kwandong Hockey Center in Gangneung wurde am Dienstag ein letztes Mal | |
zur Bühne koreanischer Einheitsdemonstrationen. Die nordkoreanischen | |
Propaganda-Cheerleader hatten sich nicht blicken lassen, sehr zur Freude | |
von Griffin, die ihnen noch hinterherrief: „Großartig, dass die Fans heute | |
wirklich für uns gebrüllt haben, dass sie an uns und an Eishockey | |
interessiert waren.“ | |
Aber auch Teile des südkoreanischen Anhangs waren orchestriert. Vor dem | |
Stadion verteilte die Organisation „15. Juni“ koreanische Einheitsfahnen. | |
Drinnen sorgten Einpeitscher der Gruppe dafür, dass sie auch entsprechend | |
gewedelt wurden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich allenfalls die | |
Hälfte der Zuschauer eine Flagge in die Hand drücken lassen wollte. Und vor | |
allem, dass noch lange nicht von einem neuen 15. Juni 2000 gesprochen | |
werden kann. | |
Damals verkündeten die Staatschefs beider Koreas eine Erklärung über | |
Zusammenarbeit und Dialog, die Südkoreas Staatschef Kim Dae Jung den | |
Friedensnobelpreis einbrachte. Doch alle damals erreichten Fortschritte | |
haben sich in den letzten Jahren erledigt – und Südkoreas Präsident Moon | |
ließ dieser Tage durchblicken, dass noch einiges passieren müsse, bevor er | |
die von Kim Jong Uns Schwester zu Anfang der Spiele überbrachte Einladung | |
nach Pjöngjang annehmen könne. | |
Wenn die Nordkoreanerinnen in ein paar Tagen zurückkehren, werden sie ihre | |
für das Turnier erhaltenen Schläger vorher zurückgeben müssen – wegen der | |
Sanktionen. Und wenn sich die neuen Freundinnen gegenseitig etwas erzählen | |
wollen, wird das nicht möglich sein. „Ich weiß, dass sie kein Facebook | |
haben, von daher wird es schwer, in Kontakt zu bleiben“, sagte Griffin. | |
Telefon oder E-Mail haben sie auch nicht. | |
Eishockey-Weltverbandspräsident Rene Fasel spekulierte zwar über ein | |
erneute Teamvereinigung 2022 in Peking, doch sportlich dürften sich die | |
Koreanerinnen kaum für die Spiele qualifizieren. Murray wiederum „ist sich | |
nicht sicher“, was die Zukunft bringt, hofft aber, dass „wir den Kontakt | |
halten und uns für Testspiele begegnen. Wir haben sie wirklich lieb | |
gewonnen. Es wird ein schwerer Abschied für alle“, so die Amerikanerin, die | |
ihren Spielerinnen vor dem letzten Match gesagt hatte, dass „sie enorm | |
stolz auf sich sein können“. Und dass sie jetzt rausgehen sollten und | |
genießen, denn: „Womöglich werdet ihr nie wieder miteinander spielen.“ | |
20 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
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