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# taz.de -- Doping bei der Tour de France: Alle sauber oder was?
> Die Tour de France 2021 war eine der schnellsten der letzten Jahre. Kaum
> jemand redet von Doping. Warum?
Bild: Dunkelmänner oder Lichtgestalten? Tour-Sieger Pogačar (M.) auf dem Podi…
Die Charmeoffensive trug Früchte. Nach seinem Überraschungssieg im Vorjahr
gewann Tadej Pogačar die [1][Tour de France 2021] sehr souverän. Die
Zweifel, die Toursieger sonst begleiten, wurden in seinem Fall aber weniger
explizit geäußert als früher. Pressekonferenzen waren keine peinlichen
Befragungen mehr wie zum Ende der Armstrong-Ära. Auch Bradley Wiggins und
Chris Froome mussten öfter erklären, sauber zu fahren.
Das hat auch damit zu tun, dass es Erklärungen [2][für Pogačars Dominanz]
gibt. Die frühen Ausfälle der Konkurrenz zum Beispiel. Die veränderten
Attackemuster. Seine legendären Erholungsfähigkeiten. Und natürlich
strahlte auch die Freude, die der Slowene beim Radfahren ausstrahlte, auf
die Beobachter ab.
Aber Ansätze für Zweifel gibt es natürlich. Diese Tour war eine der
schnellsten der letzten Jahre, kam fast an die Bestzeiten aus der
Armstrong-Ära heran. Die Schweizer Zeitung Le Temps berichtete unter
Berufung auf drei anonym bleiben wollende Tourteilnehmer von
„ungewöhnlichen Geräuschen an den Hinterrädern“ mehrerer Teams. Genannt
wurden Pogačars Team UAE, Jumbo-Visma vom Gesamt-Zweiten Jonas Vingegaard,
Bahrain Victorious – bei denen die Polizei in der letzten Tourwoche eine
Dopingrazzia durchführte – und Deceuninck-Quick-Step mit dem Mann im
Grünen Trikot Mark Cavendish und dem Superattackierer Julian Alaphilippe.
Ob die Geräusche tatsächlich von unerlaubten Antrieben stammen oder
lediglich Produkt der Reibung von Kette und Ritzel sind, blieb bisher
ungeklärt. Die Kontrollen der UCI auf Motordoping – insgesamt 720 bis zum
zweiten Ruhetag – ergaben keine Hinweise. Für Erleichterung sorgt dies
nicht unbedingt. Die Kontrolleure hinken Betrügern meist um Jahre
hinterher.
## Künstliche Hämoglobinprodukte
Auch an der physiologischen Dopingfront gibt es Neuigkeiten.
Eigenbluttransfusionen in kleineren Dosen sind weiterhin wohl nur dann zu
entdecken, wenn die Polizei das Hotelzimmer stürmt und die Nadel noch im
Arm stecken sieht wie weiland bei der Ski-WM in Seefeld. In einem Interview
mit dem Dopinganalytiker Antoine Vayer wies der weniger bekannte, aber
durch große Sachkunde auffallende Dopingbeobachter Marc Kluszczynski auf
künstliche Hämoglobinprodukte wie ACE-011 ([3][Sotatercept]) und ACE 536
(Luspatercept) hin.
Sie sollen bis zu 40-mal mehr Sauerstoff transportieren können, eine Art
Super-EPO also. Für beide Präparate sind in wissenschaftlichen
Publikationen schon Nachweismethoden erwähnt. Ob diese in das
Analyseprogramm der Dopingproben bei dieser Tour schon integriert waren,
ist aber unklar.
Die Präparate könnten die schnellen Zeiten erklären. Verantwortlich könnten
allerdings auch verbesserte Trainingsmethodik, Mentalbetreuung und vor
allem die veränderte Charakteristik dieser Tour sein. Denn fast jeden Tag
wurde attackiert, mal aus dem Peloton der Klassementfahrer heraus, mal aus
den Fluchtgruppen. Das drückt die Gesamtfahrzeit mächtig.
Um so schnell fahren zu können, kann es aber eben auch sein, dass massiv
nachgeholfen wurde. Verblüffend ist jedenfalls, dass der einst dominierende
Rennstall Sky so blass auftrat. Entweder ging dort in dieser Saison im
Training der Tourmannschaft einiges schief – oder die anderen Teams haben
mächtig aufgeholt. Über die Gründe lässt sich gegenwärtig nur spekulieren.
Machen sie das Gleiche wie die Briten? Trainieren sie besser? Haben sie
neue Abkürzungen zur Superperformance gefunden? All das ist relevant. Es
wurde aber weniger diskutiert als bei dieser Tour sonst üblich.
19 Jul 2021
## LINKS
[1] /Tour-de-France/!t5014248
[2] /Pogacar-wohl-als-Sieger-in-Paris/!5781459
[3] https://acceleronpharma.com/science/sotatercept/
## AUTOREN
Tom Mustroph
## TAGS
Kolumne Press-Schlag
Doping
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