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# taz.de -- Vor dem Start der Tour de France: Auf die alte Tour
> In Kopenhagen startet am Freitag die Frankreich-Rundfahrt. Die Vorfrede
> ist groß – wäre da nicht eine Razzia beim Radteam Bahrain Victorious.
Bild: Dänische Radsportfans bejubeln die Fahrer von Bahrain-Victorious
Ohne Superlative kommt die Menschheit nicht aus. „Das größte Radrennen der
Welt kommt zur weltgrößten Radsportnation. Das ist fantastisch“, sagte
Kopenhagens Bürgermeisterin Sophie Hæstorp Andersen auf der Bühne des
Kopenhagener Tivolis während der Präsentation der Tour-de-France-Teams vor
einem ekstatischen Publikum. Natürlich wurde sie dafür gefeiert. Erst
recht, als sie noch einmal den Bewerbungsspruch ihrer Stadt für die
Ausrichtung des Grand Departs unter die Massen brachte: „Für uns
Kopenhagener ist Rad fahren nicht nur ein Sport oder eine Möglichkeit, von
A nach B zu kommen, sondern ein Lebensstil.“
Neben ihr strahlte durch die gelbe Coronamaske Tour-Chef Christian
Prudhomme wie ein Honigkuchenpferd. Denn die allgemeine Begeisterung
bestätigte ihn. Den Grand Depart nach Kopenhagen zu geben war, wenn man
allein das Applausometer zum Maßstab macht, die genau richtige
Entscheidung.
Einen Tag später, am Donnerstagmorgen um 5.30 Uhr geschah im Kopenhagener
Stadtteil Brøndby allerdings etwas, das die Begeisterung von Prudhomme
deutlich gedämpft haben dürfte. Die Polizei durchsuchte die Hotelzimmer und
Autos [1][vom Team Bahrain Victorious.] Grund für die frühe Störung sei
eine Anfrage der französischen Polizei gewesen, erklärten die dänischen
Kollegen.
Das Team teilte mit, man habe vollständig mit den Behörden kooperiert und
es seien keine Gegenstände beschlagnahmt worden. Bereits am Montag räumte
Bahrain Victorious polizeiliche Durchsuchungen von Wohnungen von Fahrern
und Teammitgliedern ein. Laut Europol fanden sie in drei Ländern statt.
Während der Präsentation der Fahrer am Tivoli schienen die finsteren Zeiten
des Radsports dagegen ferner denn je. Die dänischen Radsportler wurden
natürlich besonders gefeiert. Magnus Cort Nielsen, Etappenjäger in Diensten
des US-amerikanischen Rennstalls EF, heizte die Massen noch mit lustigen
Sprüchen an. Altmeister Jakob Fuglsang wurde mit Sprechchören empfangen.
## Überwältigende Stimmung
Und als Jonas Vingegaard, letztes Jahr Tour-Zweiter, mit seinem Team
Jumbo-Visma einrollte, löste er eine Woge der Begeisterung aus. Angetreten
mit Schutzmaske, riss sich der 25-Jährige das lästige Textil aus dem
Gesicht. Die Augen waren feucht vor Rührung. Und dass er kaum einen geraden
Satz herausbringen konnte – außer, dass er sich freue, hier zu sein –, nahm
ihm niemand übel. Vingegaard, Teil der Jumbo-Doppelspitze mit dem
Tour-de-France-Zweiten von 2020 Primož Roglič, war einfach von der Stimmung
überwältigt. Und mit ihm waren es die Abertausende vor der Bühne.
Man wird sehen, wie weit ihn die Begeisterung trägt. Er und Roglič sind die
härtesten Herausforderer von Titelverteidiger [2][Tadej Pogacar.] Sie haben
das stärkere Team an ihrer Seite. In Pogacars Lager [3][sorgte Corona schon
für Alarmstimmung]. Aus dem Touraufgebot wurde im letzten Moment der
positiv getestete Italiener Matteo Trentin herausgenommen. Ihn ersetzt der
gerade genesene Schweizer Marc Hirschi.
Auch der von einer Covid-Infektion freigetestete Däne Mikkel Bjerg gehört
zu seinem Team. Die Helferriege ist also angeschlagen. Bei Jumbo-Visma traf
das bisher nur den Sportlichen Leiter Merijn Zeeman. „Corona hat leider
auch mich erwischt. Keine andere Möglichkeit, als das Team bei der Tour
hinter meinem Laptop zu begleiten, bis ich vollständig genesen bin“,
twitterte er.
Immerhin müssen die Teams nicht mehr fürchten, dass sie bei zwei positiven
Fällen im Kader automatisch aus dem Rennen genommen werden. In dem
Wettstreit zwischen Gesundheitsvorsorge und wirtschaftlichen und sozialen
Aspekten setzte sich beim Weltverband UCI Team Risiko durch. Die neuen
Hygieneregeln sehen zwar mehr Tests während des Rennens vor. Verpflichtend
sind Tests alle drei Tage statt vorher nur jeweils an den Ruhetagen,
empfohlen wird ein Test täglich. Positiv Getestete können bei
Symptomfreiheit und nach Entscheidung von Rennarzt und UCI aber sogar im
Rennen bleiben.
Diese Entscheidung war schwer umstritten in der medizinischen Kommission
der UCI. Denn sie nimmt eine Ansteckungsgefährdung im Peloton in Kauf.
Zugleich weist die Entscheidung aber auch den Weg, Corona aufgrund der in
letzter Zeit leichteren Verläufe und der hohen Impfquote eher als normale
Krankheit zu begreifen und nicht mehr als tödliche Bedrohung. Ob das
pragmatisch ist oder unverantwortlich, wird die Zukunft zeigen.
30 Jun 2022
## LINKS
[1] /Doping-bei-der-Tour-de-France/!5781564
[2] /Pogacar-wohl-als-Sieger-in-Paris/!5781459
[3] /Corona-Sorge-vor-Tour-de-France/!5859373
## AUTOREN
Tom Mustroph
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Kolumne Press-Schlag
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