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# taz.de -- Alpen-Etappe bei der Tour de France: Der Alte kann es doch noch
> Chris Froome, nach einem schweren Sturz im Jahr 2019 nur noch ein
> Schatten seiner selbst, kommt wieder in Form. In Alpe-d’Huez wird er
> sogar Dritter.
Bild: Auf der Suche nach alter Stärke: Mehrfach-Toursieger Chris Froome in den…
Die Tour de France ist eine Zeitmaschine. Am Donnerstag fühlte man sich in
so ein Gerät versetzt, das einen ungefähr eine Dekade zurückbringt. Denn
man wohnte einer Attacke von Chris Froome bei. Der viermalige Toursieger
setzte sich am Ehrfurcht gebietenden Aufstieg zum Galibier aus dem
Hauptfeld ab, ganz so, als hätte er einen fünften Toursieg fest vor Augen.
Er fuhr davon, und niemand folgte ihm. Es war das erste Mal, dass Froome
nach seinem [1][schlimmen Sturz am Rande der Dauphiné-Rundfahrt] im Juni
2019 auf einer Tour-de-France-Etappe in den Angriffsmodus übergegangen war.
Seit seiner Rückkehr in den Profisport im Februar 2020 kannte man ihn vor
allem als „Überlebenden“. Oft war er weit hinten im Peloton, nicht selten
gesellte er sich ins Gruppetto der abgehängten Fahrer. Die Vuelta 2020, die
erste Grand Tour nach seiner Rückkehr, beendete der zuvor zweimalige Sieger
dieser Rundfahrt auf Platz 98, mehr als dreieinhalb Stunden hinter Primož
Roglič, dem Sieger jener Ausgabe. Die Tour de France 2021, die erste in
seinem neuen Sportlerleben, beendete er sogar nur auf Platz 133, mehr als
vier Stunden hinter dem anderen Slowenen, Tadej Pogačar.
Auch aufgrund dieser Leistungen lockte es jetzt niemanden, Froome
hinterherzusteigen. Anders als in früheren Jahren, als der Brite die
Rivalen mit seinen Antritten regelrecht einschüchterte, wollte nun niemand
mehr mitfahren. Die Zeitmaschine ruckelte also. Und genauso ruckelte auch
Froome. Wie unruhig sein Stil war, wurde so richtig erst [2][im Vergleich
mit Tom Pidcock], dem neuen Radsportidol der Briten, deutlich. Der
Crossweltmeister und Mountainbike-Olympiasieger saß wie angegossen auf dem
Karbongefährt. Sein Tritt war kraftvoll und flüssig. Froome hingegen
schlingerte immer wieder hin und her, wenn es bergauf ging. Und bergab fand
er nicht selten die schlechtere Linie als Begleiter Pidcock, der Froome
dann doch gefolgt war.
Aber er hielt sich vorn. „Ich habe mich von Tag zu Tag besser gefühlt. Und
ich wollte mich zeigen“, sagte er später. Gemeinsam mit Pidcock erreichte
er die erste Ausreißergruppe. Er hielt am nächsten Berg, dem Croix de Fer,
den Beschleunigungen der Jüngeren und weniger Lädierten stand. Und sogar am
Fuße des Anstiegs nach L’Alpe-d’Huez war er noch mittendrin in der
Spitzengruppe.
## Kein Ort des Glückes
Die Alpe ist nicht gerade der Lieblingsberg von Froome. „Ich habe hier in
der Vergangenheit manche Fehler begangen“, blickte er zurück. 2013 und 2015
hängte ihn hier der Kolumbianer Nairo Quintana ab. 2018 war nicht nur sein
Teamkollege und Landsmann Geraint Thomas ein paar winzige Sekunden
schneller. Froome wurde wegen seiner Salbutamolaffäre auch massiv ausgebuht
und ein Zuschauer griff ihn beim Aufstieg tätlich an. Nein, L’Alpe-d’Huez
ist kein Glücksort für Froome.
Umso bemerkenswerter, wie er sich dennoch hochkämpfte. Pidcock konnte er
nicht folgen. „Tom war definitiv der Stärkste in der Gruppe. Das sah man
schon an der Leichtigkeit, mit der er fuhr“, sagte Froome später. Auch den
Südafrikaner Louis Meintjes musste er ziehen lassen. Den Rest der
Ausreißergruppe ließ er aber hinter sich. Und er hielt auch das neue
Traumpaar des Radsports, den wieder in Weiß gekleideten Tadej Pogacar und
den gelb gewandeten Jonas Vingegaard auf Distanz. Als Dritter überquerte er
die Ziellinie in Alpe-d’Huez – sein bestes Karriereresultat an diesem Ort.
„Natürlich hätte ich gern meine Arme in die Luft gestreckt und einen Sieg
gefeiert. Aber wenn ich nur eine Minute über das nachdenke, was ich
durchgemacht habe, dann fühlt sich auch dieser dritte Platz wie ein Sieg
an“, analysierte er. „Letztes Jahr habe ich noch im Gruppetto gekämpft, um
Etappen wie diese überhaupt im Zeitlimit beenden zu können. Jetzt um den
Etappensieg kämpfen zu können oder zumindest mit den Besten oben
anzukommen, ist ein weiterer Schritt. Darauf kann ich stolz sein“, lautete
seine Bilanz. Und Froome wäre nicht Froome, wenn er nicht sagen würde: „Ich
möchte so weitermachen und hoffe, dass ich eines Tages wieder Rennen
gewinnen kann.“
Im Klassement ist er aktuell unter den Top 30, seine beste Platzierung seit
seinem Sturz. Das letzte Rennen, das er gewonnen hat, war 2018 die
Bergetappe beim Giro d’Italia, als er am Colle delle Finestre 80
Kilometer vor dem Ziel attackierte und in einer der beeindruckendsten
Solofahrten der Radsportgeschichte noch den Gesamtsieg beim Giro holte. Von
einem solchen Husarenstück ist der Chris Froome des Jahres 2022 weit
entfernt. Aber er hat sich aus der Mitleidszone herausgefahren und ist
zumindest ein Fluchtgruppenkollege, den man ernst nehmen muss.
15 Jul 2022
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=b1-WXP5ixso
[2] https://www.letour.fr/de/klassements
## AUTOREN
Tom Mustroph
## TAGS
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