# taz.de -- Deutsche Nordseehäfen: 48-stündiger Warnstreik beendet | |
> Tausende Beschäftigte hatten seit Donnerstag den Warenumschlag | |
> lahmgelegt. Nach einem Gerichtsvergleich kehren die Tarifparteien zu | |
> Verhandlungen zurück. | |
Bild: Hafenarbeiter nach einer polizeilichen Pfeffersprayattacke am Freitagmitt… | |
HAMBURG/BERMERHAVEN dpa | Der [1][heftigste Arbeitskampf der Hafenarbeiter | |
in den deutschen Nordseehäfen] seit Jahrzehnten ist zu Ende. „Der | |
Warnstreik wurde heute wie geplant beendet und die Arbeit geht wieder los“, | |
sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi für den Hamburger Hafen am | |
Samstag. Zuvor hatten Tausende Arbeiter seit Donnerstagmorgen an allen | |
wichtigen Hafenstandorten – neben Hamburg auch Bremerhaven, Bremen, Emden, | |
Wilhelmshaven und Brake – den Umschlag von Waren weitgehend lahmgelegt. | |
Bei einer Kundgebung von Hafenarbeitern in Hamburg war es am Freitagmittag | |
zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen, die in zwei vorläufigen | |
Festnahmen mündeten. Fünf Polizeibeamte und fünf Demonstranten wurden nach | |
Polizeiangaben verletzt. | |
Es sei ein Böller aus der Menge geworfen worden, und die Polizei sei dann | |
eingeschritten und habe den Werfer aus dem Demonstrationszug herausgeholt, | |
berichtete ein Fotograf. Die Polizei bestätigte den Vorfall in der Nähe des | |
Hauptbahnhofs auf einer Wiese beim Gewerkschaftshaus. Ein Polizeisprecher | |
berichtete, der Mann sei vorläufig festgenommen worden. Er habe sich gegen | |
den Versuch der Beamten gewehrt, seine Personalien festzustellen. | |
Die Beamten setzten gegen die Demonstranten auch Pfefferspray ein. Laut | |
Angaben der Polizei gab es aus den Reihen der Demonstranten dann | |
Flaschenwürfe. Deswegen wurde ein weiterer Mann vorläufig festgenommen. | |
Hafenarbeiter aus allen wichtigen Standorten waren in Hamburg auf die | |
Straße gegangen, um für ihre Lohnforderungen zu demonstrieren. Vom | |
Hauptbahnhof aus zogen sie mit einem Zwischenstopp an der Binnenalster zu | |
der zentralen Kundgebung zum Gewerkschaftshaus in Bahnhofsnähe. Nach | |
Angaben der Gewerkschaft Verdi nahmen 5000 Streikende daran teil. | |
Die Gewerkschaft hatte zu dem Warnstreik aufgerufen, um nach sieben | |
ergebnislosen Runden den Druck auf die Arbeitgeber nochmals zu erhöhen. | |
Nach einem ersten Warnstreik in einer Spätschicht sowie einem 24-stündigen | |
Warnstreik im Juni summiert sich der streikbedingte Arbeitsausfall in den | |
Seehäfen damit auf rund 80 Stunden – der heftigste Arbeitskampf in den | |
Häfen seit mehr als vier Jahrzehnten. | |
Verdi war mit einem Forderungspaket angetreten, das nach eigener Aussage je | |
nach Lohngruppe [2][bis zu 14-prozentige Entgelterhöhungen bei einer | |
Laufzeit von 12 Monaten] bedeuten würde. Der Zentralverband der deutschen | |
Seehafenbetriebe (ZDS) hatte nach mehrfachen Nachbesserungen zuletzt ein | |
„finales Angebot“ auf den Tisch gelegt, das er mit einem Volumen von bis zu | |
12,5 Prozent beziffert und für konventionelle Betriebe mit 9,6 Prozent – | |
allerdings bei einer Laufzeit von 24 Monaten. Verdi hält das Angebot für | |
ungenügend, weil es das Inflationsrisiko im zweiten Jahr der Laufzeit | |
einseitig auf die Schultern der Beschäftigten verlege. | |
Arbeitsgerichte in Bremen, Oldenburg und Wilhelmshaven hatten am Donnerstag | |
Anträge auf einstweilige Verfügungen von mehreren Hafenlogistikern | |
abgelehnt, den Warnstreik zu stoppen. Auch in Hamburg konnten sich | |
Arbeitgeber nicht mit ihrem Versuch durchsetzen, den laufenden Warnstreik | |
gerichtlich stoppen zu lassen. | |
Ein weiterer Ausstand ist nach dem Streikende am Samstag zumindest bis Ende | |
August nicht zu erwarten. Ein vor dem Arbeitsgericht Hamburg geschlossener | |
Vergleich sieht weitere Verhandlungen und eine Friedenspflicht bis dahin | |
vor. Demnach müssen die Tarifparteien bis Ende kommender Woche drei weitere | |
Verhandlungstermine bis zum 26. August vereinbaren. „Während dieses | |
Zeitraums werden von Verdi keine weiteren Arbeitskampfmaßnahmen mit den | |
Beschäftigten der Klägerinnen durchgeführt“, teilte das Arbeitsgericht mit. | |
„Wir begrüßen den Vergleich und setzen darauf, dass Verdi in den weiteren | |
Verhandlungen konstruktive Schritte im Sinne einer Einigung macht“, sagte | |
die Verhandlungsführerin des Zentralverbandes der deutschen | |
Seehafenbetriebe (ZDS), Ulrike Riedel, am Freitag. | |
Verdi-Verhandlungsführerin Maya Schwiegershausen-Güth unterstrich den | |
Willen der Gewerkschaft, mit dem ZDS einen Kompromiss zu erreichen. „Streik | |
ist immer das letzte Mittel, aber Lösungen werden am Verhandlungstisch | |
vereinbart“, sagte sie. Jetzt sei es Zeit, an den Verhandlungstisch | |
zurückzukehren und die auferlegten drei Verhandlungsrunden für einen | |
Abschluss zu nutzen. | |
16 Jul 2022 | |
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