# taz.de -- Deutsche IS-Kämpfer in Syrien: Bundesregierung holt Kinder zurück | |
> Das Auswärtige Amt organisiert die Rückholung von Kindern, die in | |
> kurdischen Gefangenenlagern saßen. Ein Gericht hatte das verlangt. | |
Bild: Frauen sprechen mit Wachen vor dem Tor des Lager al-Hul in Syrien | |
Berlin taz | Die Bundesregierung hat erstmals Kinder von deutschen | |
IS-Angehörigen aus kurdischen Gefangenenlagern in Syrien zurückgeholt. Das | |
Auswärtige Amt bestätigte, dass am Montag vier Kinder zur irakischen Grenze | |
gebracht und von Mitarbeitern des Generalkonsulats in Erbil in Empfang | |
genommen wurden. Sie würden an Angehörige übergeben und von Erbil nach | |
Deutschland ausreisen. | |
Laut kurdischen Behörden war das jüngste Kind ein halbes Jahr alt. Bei den | |
anderen soll es sich um einen siebenjährigen Jungen und zwei Schwestern, | |
zwei und vier Jahre alt, handeln. Diese drei sind nach taz-Informationen | |
Waisenkinder, deren Mütter bei Angriffen auf die letzte syrische | |
IS-Hochburg Baghuz starben. Sie lebten zuletzt bei den Familien anderer | |
IS-Anhängerinnen im nordsyrischen Lager Al-Hol, das sich unter kurdischer | |
Kontrolle befindet. | |
Als Vormünder gelten laut ihrem deutschen Anwalt inzwischen die | |
Großeltern, die in Hessen und Baden-Württemberg leben. Diese hatten schon | |
seit Wochen auf die Rückholung der Kinder nach Deutschland gedrungen. Die | |
Rückkehr wurde vom Auswärtigen Amt im Geheimen vorbereitet. Laut | |
Medienberichten wurden die Identitäten der Kinder auch mit DNA-Tests | |
geprüft. Mit einem Konvoi privater Hilfsorganisationen seien diese nun in | |
den Irak gefahren worden. | |
Seit 2012 waren gut 1.000 Deutsche nach Syrien und in den Irak gereist, | |
[1][um sich dem „Islamischen Staat“ anzuschließen]. Inzwischen sitzen | |
etliche von ihnen in Syrien in Haft, die meisten unter kurdischer | |
Kontrolle. Laut deren Angaben befinden sich darunter 117 Kinder mit | |
deutscher Staatsangehörigkeit. Die Bundesregierung geht von einer ähnlich | |
hohen Zahl aus. | |
## Gefährliche Lage in Lagern | |
Bei der Rückholung der deutschen Kinder zeigte sich die Bundesregierung | |
lange untätig. Sie verwies auf die diplomatische Lage: Zu den Kurden | |
unterhalte man keine konsularischen Kontakte, auch die Botschaft in | |
Damaskus sei geschlossen. Intern sieht die Bundesrepublik die deutschen | |
IS-Kämpfer im Falle einer Rückkehr vor allem als Sicherheitsrisiko. | |
Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen nannte auch die Kinder „tickende | |
Zeitbomben“. | |
Zuletzt aber hatte das Berliner Verwaltungsgericht die Bundesregierung | |
verpflichtet, eine IS-Angehörige und ihre Kinder aus dem Al-Hol-Lager | |
zurückzuholen. Die Bundesrepublik habe hierbei eine „staatliche | |
Schutzpflicht“; die Zustände in dem Lager stellten „eine Bedrohung für Le… | |
und Leben“ dar. | |
Die jetzige Rückholung der vier Kinder will das Auswärtige Amt als | |
humanitäre Aktion verstanden wissen. Dirk Schoenian, Anwalt der Großeltern, | |
hatte die Situation der Kinder in dem syrischen Lager zuletzt als | |
dramatisch beschrieben. Das sechs Monate alte Baby sei zudem schwer krank. | |
Die Rechtslage sei „unzweideutig“, sagte Schoenian der taz. „Die | |
Bundesrepublik darf nicht die Unversehrtheit ihrer Staatsbürger gefährden.“ | |
Dass nun auch andere Kinder deutscher IS-AnhängerInnen zurückgeholt werden, | |
ist wahrscheinlich. Die Kurden stehen für weitere Übergaben bereit. Das | |
Auswärtige Amt aber gibt sich sehr bedeckt. Man bemühe sich, Kindern in | |
humanitären Notlagen eine Rückführung zu ermöglichen, hieß es dort indes | |
zuletzt. Aus dem Irak hatte die Bundesregierung bereits mehrere Kinder von | |
IS-AnhängerInnen zurückgeholt. Hier unterhält sie eine Botschaft und | |
offizielle Kontakte zur irakischen Regierung. | |
19 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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