# taz.de -- Der Abgang des Übertrainers: Brutal! | |
> Jürgen Klopp verlässt im Sommer Borussia Dortmund. Lange hatte er Erfolg. | |
> Eine Hommage. | |
Bild: Wenn der Unter- den Oberkiefer überholt, ist das zumeist kein gutes Zeic… | |
## Der Lausbub | |
Man kann ihn einfach nicht scheiße finden. Allein dafür, dass und wie er | |
„Das war Scheiße“ sagt, wenn er Bockmist gebaut hat, findet man ihn gut. | |
Und dafür, dass und wie er „tolle Jungs“ und „Burschen“ sagt. Er ist e… | |
Pfundskerl und ein Sonnyboy, Typ einer von uns, Typ Schwiegersohn, dem | |
Schwiegervater und Schwiegermutter gleichermaßen ihre Tochter und ihr Erbe | |
hinterherwerfen, nur damit sie ihn so oft wie möglich um sich haben können. | |
„Guck mal, unser Kloppo“! | |
Der Seitenlinien-Psychopath kann noch so rumbrüllen, austicken, austeilen | |
oder zickig sein – alle verzeihen ihm. Immer und alles. Er setzt sein | |
verschmitztes Spitzbubengrinsegesicht auf und alles ist wieder gut. Er ist | |
der kleine Junge, der den Fußball durchs Schlafzimmerfenster der Nachbarn | |
schießt, beim Abhauen deren Rosenbeet zertrampelt und zu Hause der kleinen | |
Schwester das Schokoeis ins Gesicht schmiert. | |
Aber man kann ihm einfach nicht böse sein, weil er danach eine süße Schnute | |
zieht oder einen Spruch macht und mit seinem kumpeligen Witz das Herz der | |
größten Fußmallmuffel und das der strengsten Fußballanalysten erobert hat. | |
Und das auf der ganzen Welt. Einen wie Kloppo hätte jeder gerne auf seiner | |
Trainerbank und auf seiner Bierbank sitzen. DORIS AKRAP | |
## Das Wildtier | |
Einen guten Zahnarzt muss er haben. Das konnte jeder sehen, der es wollte. | |
Nur allzu gerne zeigte er seine Zähne. Er fletschte sie, wenn er auf den | |
Vierten Offiziellen, den Schiedsrichter, bisweilen den Trainer des Gegners | |
losgegangen ist. Er brüllte ihnen irgendetwas ins Gesicht. Er ist ein | |
Wildtier, wenn er außer sich gerät. Auch Journalisten kann das treffen. Zu | |
einem hat er mal gesagt, er wolle ihn nie mehr sehen. Zum Vorbild tauge er | |
nicht, hieß es immer dann, wenn Klopp es wieder einmal nicht geschafft | |
hatte, sein inneres Raubtier zu bändigen. | |
Im Doppelmeister, im Champions-League-Finalisten schlägt ein Hartplatzherz. | |
Mit anderen Worten: Er kann sich nicht benehmen. Er wird wohl kein | |
Frührentner werden. Ihn wird es wieder an die Linie ziehen. Gut möglich, | |
dass er bei einem der ganz großen Klubs Europas landen wird. Gut möglich, | |
dass dann von ihm verlangt wird, sich zu benehmen. Bayerntrainer Pep | |
Guardiola hat es geschafft, sich innerhalb kürzester Zeit ein passables | |
Trainingsplatzdeutsch zuzulegen. Dabei ist es ihm gelungen, der Alte zu | |
bleiben. Sollte Klopp jemals einen Benimmkurs erfolgreich absolvieren, er | |
würde ein anderer. Er wäre nicht mehr Klopp – und Kloppo schon gar nicht. | |
ANDREAS RÜTTENAUER | |
## Der Verkäufer | |
Oh! Nie war Opels Werbeslogan passender als jetzt. Jürgen Klopp ist dessen | |
Werbefigur. Und Klopp ist bald nicht mehr da. Zumindest nicht mehr in | |
Dortmund, wo Opel auch Sponsor ist. Oh! | |
Immerhin können die Rüsselsheimer sich damit trösten, nicht allein zu sein | |
mit dem Problem. Denn der Trainer wirbt darüber hinaus auch noch für die | |
Volksbanken Raiffeisenbanken, für Rasierer von Philips (trotz seines | |
Fünftagebarts), für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, für Puma. Klopp | |
fuhr auch schon Mitsubishi und Seat, er hat Tapetenkleister an Wände | |
geschmiert und Brandt-Zwieback in Kameras gehalten. Er ist der Mensch | |
gewordene Markenzwieback. In Halbzeitpausen können ganze Werbeblöcke nur | |
mit Klopp'schen Spots bestritten werden. | |
Klopp ist zum Alles-Anpreiser aufgestiegen – egal ob sich die Werbung an | |
kleine Sparer oder große Entscheider richtet. In ihm sehen die Werber ein | |
verbindendes Element zwischen Oben und Unten, Arm und Reich, Klug und Dumm. | |
Vielleicht ist er das auch. Aber: Vielleicht war es das auch jetzt. Denn es | |
war die Symbiose BVB und Klopp, die ihn zu dem Integrator der Republik | |
gemacht hat. Diese Verbindung zerbricht nun. Opel will trotzdem weiter mit | |
ihm werben. JÜRN KRUSE | |
## Der Wahrhaftige | |
Nun ist sie gestorben. Die einzige, echte, wahrhaftige, mitreißende, | |
interessierende Alternative zum FC Bayern ist tot. Der BVB war einige Jahre | |
lang, dank Klopp, das, was alle jenseits der Bayern-Community nicht nur | |
wollten, sondern ersehnten. Eine Mannschaft, die durch berauschenden, ja | |
leidenschaftlichen Fußball das Andere verkörpern. Keine Zuchtmeisterei. | |
Nicht die Hoeneß-Kultur der münchnerischen Großschnauzigkeit, diese schier | |
unerträgliche Protzigkeit. | |
Der BVB machte mit schönstem Fußball, der wie Fest und Feier aussah, unsere | |
Herzen auf. Und das hing an dieser Ligatur aus Tempo und Choreografie, aus | |
Bescheidenheit nach einem Sieg und Demut im Angesicht der Leistungen von | |
Gegnern. Jürgen Klopp hatte ein Gefühl von Einverstandensein besorgt. Das | |
konnte auch politisch gelesen werden: So wie sein BVB war, hätte Rot-Grün | |
sein sollen. Unverzagt aus einer Arbeiterkultur erwachsen, erfrischend | |
anspruchsvoll für die höchsten Trauben, die am Weinstock ihrer Sportart | |
hängen: Der Klopp'sche BVB, das war die gute Alternative zu den | |
Geldmaschinen, auch wenn jeder wusste, ohne Moos war auch bei der Borussia | |
Dortmund GmbH & Co. Kommanditgesellschaft auf Aktien nix los. JAN FEDDERSEN | |
15 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
Andreas Rüttenauer | |
Jürn Kruse | |
Doris Akrap | |
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