# taz.de -- Demo der Abtreibungsgegner in Berlin: Gänzlich patriarchales Weltb… | |
> Tausende Menschen haben in Berlin mit Kreuzen gegen Abtreibung und | |
> Sterbehilfe demonstriert. Ihr Ziel: die traditionelle Familie. | |
Bild: Die beiden möchten nicht geklont werden. | |
BERLIN taz | Die zwei Männer sind weit angereist, das verrät ihr Akzent: | |
„Das ist ja bei den Homosexuellen und den Lesben so“, erklärt einer dem | |
anderen, während sie mit einem weißen Holzkreuz über der Schulter am | |
Brandenburger Tor entlang gehen: „Die behaupten, das wäre angeboren. Dabei | |
sagen Psychiater etwas ganz Anderes.“ Sein Gesprächpartner nickt. „Das ist | |
Selbstbeschwörung in der Pubertät“, sagt der. | |
Sonderbusse haben Demonstranten wie sie für diesen Tag aus 30 deutschen | |
Städten nach Berlin gebracht, damit sie mit einem „Marsch für das Leben“ | |
gegen Abtreibungen und Sterbehilfe protestieren – 5.000 seien gekommen, | |
sagten die Veranstalter vom Bundesverband Lebensrecht. Doch diese beiden | |
Herren, die am Samstag durch das Regierungsviertel marschierten, | |
interessierten sich auch für andere Themen: Der Sexualerziehung an | |
deutschen Schulen etwa. | |
Auf einer Bühne vor dem Bundeskanzleramt, wo die Demonstration startete, | |
sagte die Sprecherin der christlichen Initiative Familienschutz, Hedwig von | |
Beverfoerde: „An den Schulen werden unsere Kinder einer Desorientierung | |
ausgesetzt, die zum Himmel schreit“. Auch andere Redner sprachen sich gegen | |
Aufklärungsunterricht aus und forderten eine „Bildungsoffensive“ gegen | |
Abtreibungen. | |
Unterstützung erhielt die christliche Demonstration von Papst Franziskus, | |
der sich in einem Grußwort mit den Teilnehmern „verbindet“, die den | |
„unantastbaren Wert eines jeden Menschenlebens“ deutlich machten. | |
CDU-Bundestagsabgeordnete wie Hubert Hüppe oder Volker Kauder äußerten sich | |
ebenfalls wohlwollend zu dem christlichen Protest. Die Abtreibungsregelung | |
sei kein „unumstößliches Gesetz“, schrieb Kauder in seinem Grußwort. Die | |
AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch lief an der Spitze des Marschs | |
durch die Hauptstadt. Sie unterstützt als Gründerin der Lobbyorganisation | |
„Zivile Koalition“ schon lange die Ziele der Abtreibungsgegner. | |
## Vielfältige Protestaktionen | |
Der „Marsch für das Leben“ fand im zehnten Jahr in Folge in Berlin statt. | |
Die Zahl der Teilnehmer ist in dieser Zeit beständig gewachsen, wobei die | |
Polizei dazu keine Angaben machen möchte. Die Organisatoren hatten den | |
Protest choreografiert: Sie verteilten vorgedruckte Schilder, Kärtchen und | |
Kreuze, die sie zum Abschluss-Freiluftgottesdienst vor dem Berliner Dom | |
wieder einsammelten. | |
Rund 1000 Gegendemonstranten hatten den Marsch mehrfach durch Sitzblockaden | |
gestoppt. Politiker mehrer Parteien hatten bereits im Vorfeld vor den | |
politischen Thesen der Demonstranten gewarnt: „Völlig überholte | |
Frauenbilder werden da propagiert“, sagte die linke Bundestagsabgeordnete | |
Cornelia Möhring, Karoline Killat von den Berliner Grünen warnte vor einem | |
„gänzlich patriarchalen Weltbild“ der Marschierenden. | |
„Das ist eine Bewegung“, sagte Ulli Jentsch vom Antifaschistischen | |
Pressearchiv Berlin. „Sie hat einen professionellen Kern und geht in die | |
Breite.“ Das verbindende Element der christlichen Aktivisten sei nicht nur | |
der Kampf gegen Abtreibung, „es sind Familienbilder", sagte er. | |
Grünes Farbpulver trifft die beiden Männer aus Süddeutschland am | |
Jackenkragen und rieselt in ihr lichtes Haar. „Ich habe abgetrieben!“, ruft | |
ihnen eine junge Frau entgegen. Auf den Schildern am Straßenrand steht | |
„Lesbenschutz“ statt „Lebensschutz“ und „Mein Körper“. Ein Mann kl… | |
seinen Nacken, „Körperverletzung“, murmelt er. Ein Dritter schaut nach, | |
klopft mit: „Das ist nichts Wildes, Klaus“, sagt er. | |
21 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Kristiana Ludwig | |
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