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# taz.de -- Deal zum Erhalt von Karstadt-Filialen: 4:0 für Karstadt
> Drei weitere Karstadt-Filialen in Berlin können bleiben. Dafür kommt der
> Senat dem Immobilienkonzern Signa bei umstrittenen Bauprojekten entgegen.
Bild: Karstadt-Sports Angestellte demonstrieren gegen Schließung ihrer Filiale
Drei weitere Warenhäuser des angeschlagenen Konzerns Galeria Karstadt
Kaufhof sollen in Berlin erhalten bleiben. Darüber verständigten sich
Vertreter des österreichischen Immobilien- und Einzelhandelskonzerns Signa
mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) und seinen
Stellvertreter*innen Ramona Pop (Grüne) und Klaus Lederer (Linke) in einer
Absichtserklärung. Im Gegenzug verspricht der Senat, Signa bei geplanten
Bauvorhaben entgegenzukommen. „Das Ergebnis kann sich sehen lassen“ sagt
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) über die Verhandlungen bei einer
Pressekonferenz am Montag im Roten Rathaus. „Es waren harte Gespräche.“
Erhalten werden sollen die ursprünglich von der Schließung bedrohten
Karstadt-Filialen am Tempelhofer Damm, in der Müllerstraße im Wedding und
in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg. Allerdings nicht ohne
Gegenleistung: Im Gegenzug kommt der Senat Signa bei der Realisierung
verschiedener Bauvorhaben entgegen – und zwar bei Projekten, um die es
bisher stadtplanerisch viel Streit gegeben hat.
Brisant dürfte dabei vor allem die Vereinbarung über Signas umstrittenen
Karstadt-Neubau am Hermannplatz sein, gegen den es bislang noch einige
Widerstände seitens des zuständigen Bausstadtrats Florian Schmidt (Grüne)
gab. Signa strebt dort einen Neubau nach historischem Vorbild von 1929 an.
Hier drückt Signa nun aufs Gas und drängt auf ein Masterplanverfahren unter
Beteiligung von Bezirk, Senat und Zivilgesellschaft, um die Grundlagen für
das 450-Millionen-Euro-Projekt zu schaffen. Schmidt selbst wurde im Vorfeld
nicht über die Ergebnisse der Verhandlung informiert und kündigte gegenüber
der taz an, sich zunächst über das weitere Vorgehen beraten zu wollen. Die
Bedenken gegenüber dem Projekt blieben aber bestehen.
Außerdem gibt es konkrete Zusagen zu Signas Hochhausprojekt am
Alexanderplatz, das nun wohl schneller realisiert werden kann.
## Schlechter Beigeschmack
Einen Kompromiss konnte Signa mit dem Senat auch für sein Bauvorhaben am
Kurfürstendamm erzielen. Ursprünglich plante Signa dort, das
Karstadt-Gebäude abzureißen und eine Mischnutzungsimmobilie mit drei
Hochhaustürmen zu errichten. Das Baukollegium hatte die Pläne aber 2018
abgelehnt. In ihrer Absichtserklärung haben Senat und Signa nun eine
Nachverdichtung mit „ein bis zwei Hochpunkten“ vereinbart.
Der Coup: Um diese Zusagen in Zusammenarbeit mit den Bezirken zu
realisieren, sollen mehr Kompetenzen auf Landesebene verlagert werden. Der
Senat solle bei diesen Projekten „federführend“ werden, sagte Müller, er
bezeichnet den Deal als „Geben und Nehmen“.
Das sehen allerdings nicht alle so: „Es bleibt ein schlechter Geschmack im
Mund“, kritisiert der Vorsitzende der Linksfraktion, Carsten Schatz, die
weitreichenden Zusagen des Senats: „Signa hat seine wirtschaftliche Macht
auf dem Rücken der Beschäftigten gegen die Stadt ausgespielt.“
## Verdi ist erfreut
Mit der Absichtserklärung sind aktuell nur noch zwei der ursprünglich sechs
Filialen von der Schließung bedroht: in den Gropius-Passagen in
Süd-Neukölln und im Linden-Center in Neu-Hohenschönhausen. Vor etwa zwei
Wochen wurde schon bekannt, dass die Filiale im Ringcenter in Lichtenberg
bleibt, die Filiale am Hermannplatz stand eh nie in Frage.
Für die vier anderen Standorte konnte der Senat eine Standortgarantie von
10 Jahren vereinbaren. Weiter ungeklärt ist die Zukunft der
Karstadt-Sports-Filiale in Charlottenburg.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zeigte sich erfreut über den Erhalt
weiterer Standorte: „Wir freuen uns, dass es dem Berliner Senat
buchstäblich in letzter Minute gelungen ist, eine entsprechende
Vereinbarung abschließen zu können“, schreibt Landesbezirksleiter Frank
Wolf. Nun ginge es vor allem darum, die Standorte durch langfristige
Konzepte zu sichern; weitere Ausgliederungen von Geschäftsbereichen, wie es
in der Vergangenheit schon öfter passiert sei, müssten vermieden werden.
3 Aug 2020
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
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Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
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