# taz.de -- Coronavirus trifft Einzelhandel: Notfall für den Einzelhandel | |
> Hamsterkäufe heißt für Beschäftigten im Supermarkt Überstunden und | |
> erhöhtes Ansteckungsrisiko. Für andere Bereiche jedoch das Gegenteil. | |
Bild: Massenandrang in Supermärkten in Italien. Drohen uns bald ähnliche Verh… | |
BERLIN taz | Konserven, Nudeln und Desinfektionsspray sind so begehrt wie | |
nie. Angestellte in Supermärkten arbeiten mehr, um die Regale zu füllen. | |
Und egal ob als Kassierer*in oder Mitarbeiter*in auf der Ladenfläche: Durch | |
den Kundenkontakt erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung mit | |
dem [1][Coronavirus]. | |
„Der Schutz der Mitarbeiter und die Versorgung der Bevölkerung | |
aufrechtzuerhalten“ sei momentan das Wichtigste, bestätigt Christian | |
Böttcher vom Landesverband Lebensmittel (BVLH). „Die internen Prozesse | |
laufen auf Hochtouren, Notfallpläne werden ständig überarbeitet“, sagte er | |
am Telefon. „Lebensmittelverkauf heißt Menschen- und Kundenkontakt.“ Ein | |
Spagat also, den Betrieb aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die | |
Mitarbeitenden zu schützen. | |
„Natürlich, wenn man an der Kasse sitzt, hat man Kontakt mit den Produkten, | |
die die Kunden in den Händen hatten.“ Um Mitarbeitende besser zu schützen, | |
bekämen sie nun Schulungen zu den Grundregeln der Hygiene: Hände waschen, | |
desinfizieren, Abstand halten, in die Armbeuge niesen. „Profane Dinge, die | |
aber elementar sind. Das muss man immer wieder erklären. Viel hilft viel“, | |
stimme hier tatsächlich. Außerdem stünden zusätzliche Desinfektionsspender | |
parat. | |
Abseits von den Beschäftigten, die an der Kasse oder auf der Ladenfläche | |
arbeiten, müssen auch etwa Logistiker*innen oder Lkw-Fahrer*innen geschützt | |
werden. Logistikunternehmen seien zwar meist extern, aber in enger | |
Abstimmung mit den Unternehmen, so Böttcher. Für jede Stufe gebe es | |
Krisenpläne: Anlieferung in die Lager, Auslieferung und Verkauf in den | |
Läden. Die Pläne sehen bei jedem Unternehmen anders aus. Je nach Größe und | |
Organisationsstruktur. Alle 48 Stunden hätten sie im Verband eine | |
Lagebesprechung, erklärt Böttcher. Stand Freitag: So weit keine Engpässe in | |
den Lieferketten. | |
## Hamsterkäufe vs. Nachfrageausfälle | |
[2][Notfallpläne] beinhalten beispielsweise: „Wenn Lager x ausfällt, | |
springt y ein und z übernimmt eine andere Filiale mit“, erklärt der | |
BVLH-Sprecher. „Aber wir können uns nicht klonen.“ Soweit man bestimmte | |
Szenarien durchspielen könne, mache man das. Auch den Worst Case: „Irgendwo | |
kommt vielleicht ein Punkt, wo wir kapitulieren müssen.“ Das wolle | |
natürlich niemand und sei nicht in Sicht. Ehrlicherweise müsste aber auch | |
das durchdacht werden, so Böttcher. | |
Die besondere Situation sieht auch Verdi Baden-Württemberg. Eine Lockerung | |
der Arbeitszeiteinregelung während der Coronakrise lehnt sie deshalb nicht | |
ab. Jedoch müssten die Betriebsräte mit einbezogen werden: „Es ist nicht | |
die Zeit für die Klärung von Grundsatzfragen“, meint Martin Gross, | |
Verdi-Landesbezirksleiter. „Die Beschäftigten im Handel klotzen gerade fast | |
rund um die Uhr, teilweise in Sonderschichten, ran, um uns alle täglich mit | |
den notwendigen Gütern zu versorgen. Bei aller Flexibilität, die in diesen | |
Tagen von allen gefordert wird, darf der Gesundheitsschutz der | |
Beschäftigten im Handel nicht vernachlässigt werden“, fordert er. | |
„Sie dürfen nicht überlastet werden, damit die Versorgung mit Waren | |
mittelfristig garantiert werden kann.“ Beim Schutz der Mitarbeitenden vor | |
einer Ansteckung sieht er noch Luft nach oben. Weiter betont der | |
Verdi-Landesbezirksleiter: „Solidarität und Flexibilität sind keine | |
Einbahnstraße. Die Beschäftigten rackern gerade nicht für das riesige | |
Umsatzplus ihrer Unternehmen, sondern für uns alle. Dafür können Sie von | |
ihren Arbeitgebern mehr erwarten als Forderungen an die Politik, die | |
Arbeitszeitregelungen zu lockern.“ | |
Während die einen Überstunden schieben, weil Lebensmittel und | |
Drogerieartikel boomen, kämpft der sonstige Einzelhandel. Viele | |
Handelsunternehmen seien „massiv von Nachfrageausfällen betroffen“, | |
schreibt der Handelsverband Deutschland nach einer aktuellen Trendumfrage | |
am Freitag unter rund 700 Unternehmen. Ein Viertel der Handelsunternehmen | |
fordere deswegen [3][Maßnahmen], um die Situation dauerhaft stemmen zu | |
können. Für kommende Woche befürchten drei Viertel der Unternehmen eine | |
sinkende Nachfrage. Knapp die Hälfte rechne mit deutlichen Rückgängen. | |
13 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Mareike Andert | |
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