# taz.de -- Corona-Schnelltest im Check: Frohes Fest dank schnellem Test? | |
> Bis es einen Impfstoff gibt, sollen Schnelltests helfen. Wie zuverlässig | |
> sind sie? Wo bekommt man einen? Wem nützen sie? Fragen und Antworten. | |
Bild: Schnell Gewissheit? Sanitäter macht Abstriche für Schnelltests auf dem … | |
1 Ein Corona-Schnelltest – was ist das eigentlich genau, und wie | |
unterscheidet er sich von anderen Tests? | |
Bisher wurde eine Corona-Infektion vor allem mit dem sogenannten PCR-Test | |
nachgewiesen. Der ermittelt, ob in einem Nasen- oder Rachenabstrich die | |
RNA, also das Gen-Material des Coronavirus Sars-CoV-2 zu finden ist. Das | |
funktioniert sehr zuverlässig, hat aber mehrere Nachteile: Diese Tests | |
können nur in Laboren durchgeführt werden, weshalb das Ergebnis in der | |
Regel erst am nächsten Tag vorliegt, bisweilen auch noch später. Zudem sind | |
die Kapazitäten der Labore begrenzt. | |
[1][Die neuen Schnelltests], die auch als Antigentests bezeichnet werden, | |
entdecken keine RNA, sondern ein spezielles Protein des Virus. Um das zu | |
tun, müssen sie nicht ins Labor geschickt werden, sondern liefern schon | |
nach 15 bis 30 Minuten ein Ergebnis. Das ist allerdings weniger genau als | |
bei einem PCR-Test. Noch ein Unterschied: Während ein PCR-Test etwa 50 Euro | |
kostet, werden für einen Antigen-Schnelltest nur rund 10 Euro fällig. | |
2 Wie läuft so ein Schnelltest genau ab? | |
Wie beim PCR-Test wird mit einem Tupfer ein Rachenabstrich durch den Mund | |
(einfacher) oder durch die Nase (besser) genommen. Dieser wird in eine | |
spezielle Flüssigkeit getaucht, die sogenannte Extraktionslösung. Davon | |
werden anschließend einige Tropfen auf einen Teststreifen gegeben. Auf | |
diesem Streifen erscheint dann nach 15 bis 30 Minuten ein Kontrollstrich, | |
der anzeigt, dass der Test funktioniert hat. Erscheint nur dieser | |
Kontrollstrich, ist der Test negativ; wenn zusätzlich ein zweiter Strich | |
sichtbar wird, ist der Test positiv. | |
3 Und wie sicher ist dieses Ergebnis? | |
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat Tests von 113 | |
verschiedenen Herstellern zugelassen, die bestimmte Mindeststandards | |
erfüllen sollen: Die Sensitivität, die angibt, wie viele tatsächlich | |
Infizierte korrekt als infiziert erkannt werden, muss mindestens 80 Prozent | |
betragen; die Spezifität, die angibt, wie viele Nichtinfizierte korrekt als | |
negativ erkannt werden, muss bei mindestens 97 Prozent liegen. | |
Diese Angaben beruhen aber nur auf den Angaben der Hersteller, eine | |
unabhängige Überprüfung findet bisher nur in Einzelfällen statt. Ein Team | |
um den Berliner Virologen Christian Drosten hat allerdings sieben | |
Schnelltests untersucht, die schon im September erhältlich waren. Fünf | |
davon schnitten sehr gut ab. Hergestellt werden diese von Abbott Rapid, | |
Rapigen, Coris Bioconcept, Nal von Minden und Roche. | |
4 Was bedeuten diese Angaben zu Sensitivität und Spezifität? Wie | |
zuverlässig entdecken die Tests eine infizierte Person? | |
Eine generelle Antwort darauf gibt es nicht, denn die Zuverlässigkeit hängt | |
nach Angaben des [2][Robert-Koch-Instituts (RKI)] davon ab, wie | |
wahrscheinlich es ist, dass jemand infiziert ist. Und die Zahlenangaben | |
sind durchaus verwirrend. 80 Prozent Sensitivität bedeutet nämlich nicht, | |
dass 20 Prozent der Ergebnisse wahrscheinlich falsch sind – die Rechnung | |
ist komplizierter. | |
An dieser Stelle darum nur ein wichtiges Ergebnis: Wenn ein Test bei einer | |
Person ohne erhöhtes Infektionsrisiko in Deutschland derzeit bei einem Test | |
mit einer Sensitivität von 80 Prozent und einer Spezifität von 99 Prozent | |
ein negatives Ergebnis zeigt, ist das gemäß der RKI-Berechnung mit einer | |
Wahrscheinlichkeit von 99,9 Prozent korrekt. Mit einem frischen negativen | |
Schnelltest kann man demnach an Weihnachten ohne allzu große Sorge die | |
Eltern oder Großeltern besuchen. | |
Ein positives Ergebnis ist in diesem Fall dagegen viel weniger | |
aussagekräftig – nur 29 der positiven Tests sind korrekt, in 71 Prozent der | |
Fälle liegt in Wirklichkeit doch keine Infektion vor. Darum wird ein | |
positiver Schnelltest in der Regel durch einen PCR-Test überprüft. | |
Wenn die Wahrscheinlichkeit einer Infektion erhöht ist – etwa weil man | |
Symptome hat, direkten Kontakt zu einem Infizierten hatte oder in einem | |
extremen Hotspot lebt – fällt die Rechnung anders aus. Auch dann gilt aber, | |
dass ein negatives Schnelltest-Ergebnis ziemlich sicher ist und ein | |
positives eher unsicher. | |
5 Wenn ich mich vor Weihnachten sicherheitshalber testen lassen will: Wie | |
komme ich denn an so einen Test, und was kostet das? | |
Einfach in der Apotheke kaufen oder im Internet bestellen kann die Tests | |
offiziell nicht jede*r. Um sicherzustellen, dass der Rachenabstrich korrekt | |
durchgeführt wird, werden sie nur an „medizinisches Fachpersonal“ | |
abgegeben. Inwieweit das nachgewiesen werden muss und überprüft wird, | |
scheint aber vom jeweiligen Händler abzuhängen. | |
Allerdings bieten inzwischen viele Hausärzte die Schnelltests an – wenn sie | |
nicht aus medizinischen Gründen durchgeführt werden, sondern nur zur | |
Sicherheit, müssen die Kosten in Höhe von etwa 35 Euro für Test und | |
Durchführung selbst getragen werden. | |
Zudem gibt es in vielen Städten bereits kommerzielle Anbieter – in Berlin | |
etwa bietet der KitKat Club, in dem sonst wilde Partys stattfinden, seit | |
Freitag Schnelltests inklusive Durchführung für 25 Euro an. Bei | |
entsprechender Nachfrage dürften ähnliche Angebote auch an vielen anderen | |
Orten entstehen. Wichtig: Sicherheit bietet der Test nur, wenn man ihn kurz | |
vor dem Besuch durchführt. Schon am nächsten Tag kann sich der | |
Infektionsstatus geändert haben. | |
6 Wer hat Anspruch auf einen kostenlosen Test? | |
Die neue Testverordnung, die diese Woche in Kraft getreten ist, legt fest, | |
dass Krankenhäuser und Pflegeheime kostenlose Schnelltests für ihre | |
Mitarbeiter*innen bekommen können; die Durchführung muss selbst organisiert | |
werden. Auch für Besucher*innen soll es dort künftig kostenlose | |
Schnelltests geben. Die Verordnung sieht vor, dass Einrichtungen bis zu 30 | |
Tests pro Patient*in und Monat enthalten – nach Ansicht der Deutschen | |
Stiftung Patientenschutz ist das viel zu wenig. Auch der genaue Ablauf ist | |
noch unklar. In Schulen sollen bei Verdachtsfällen künftig ebenfalls | |
zunächst Schnelltests genutzt werden. | |
Die genauen Abläufe, etwa wer in einem solchen Fall die Abstriche | |
durchführt, sind aber auch hier noch offen. Und auch Ärzt*innen können | |
Schnelltests jetzt für ihre Patient*innen kostenlos durchführen, wenn nur | |
leichte Erkältungssymptome vorliegen – in diesen Fällen ist seit Anfang | |
November anders als zuvor in der Regel kein PCR-Test mehr vorgesehen, um | |
die Labore zu entlasten. | |
7 Wie viele Schnelltests werden bisher genutzt? | |
Das weiß niemand. Anders als über die PCR-Tests, die zentral erfasst | |
werden, gibt es über die Zahl der durchgeführten Schnelltests bisher keine | |
Informationen. Das Robert-Koch-Institut ermittelt sie nicht, Hersteller und | |
Händler machen aus Wettbewerbsgründen keine Angaben. Und das ist ein | |
Problem, denn für die Entwicklung des Infektionsgeschehens ist es wichtig | |
zu wissen, welcher Anteil der durchgeführten Coronatests positiv ausfällt. | |
Diese sogenannte Positivrate wird anhand der PCR-Tests ermittelt. | |
Was derzeit geschieht, ist, dass immer mehr der langsamen und teuren | |
PCR-Tests durch Schnelltests ersetzt werden. Nur wenn diese positiv | |
ausfallen, wird noch ein zusätzlicher PCR-Test durchgeführt – und nur | |
dieser wird dann gezählt. Die Positivquote steigt durch eine solche | |
Verschiebung innerhalb der Tests, auch wenn sich am tatsächlichen | |
Infektionsgeschehen nichts ändert. Wie stark dieser Effekt ist, lässt sich | |
aufgrund der fehlenden Zahlen aber nicht ermitteln. | |
4 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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