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# taz.de -- Corona-Impfungen für Kinder in Berlin: Es geht auch ohne die Stiko
> Berlin vergibt Termine für Impfungen, ohne auf das Stiko-“Go“ zu warten.
> Das ist richtig. Politik muss in der Krise handeln. Ein Wochenkommentar.
Bild: Sachsen impft bereits seit Anfang Dezember die Unter-12-Jährigen
Es ist richtig, nicht länger auf die finale [1][Empfehlung der Ständigen
Impfkommission] zu warten: Ab dem 15. Dezember will Berlin mit den
Impfungen der Fünf- bis Elfjährigen Kinder starten. Und man werde beginnen,
die [2][Infrastruktur dafür aufzubauen in den Impfzentren Messe, ICC und
Tegel], hatte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Dienstag gesagt.
Man fing also mit dem Aufbau der Impfkabinen an, noch bevor die Stiko eine
Empfehlung ausgesprochen hatte für die Kinderimpfungen.
Seit Donnerstagmorgen können Eltern in den Impfzentren auch bereits
[3][Termine für ihre Kinder buchen] – auch das bevor die Stiko den Daumen
offiziell gehoben hatte. Das tat sie dann am Donnerstagnachmittag lediglich
für vorerkrankte Kinder mit besonderem Risiko bei einer Corona-Infektion,
versehen mit dem Hinweis, auch gesunde Kinder könnten auf Elternwunsch
geimpft werden. Und dass eine „finale Empfehlung“ noch ausstehe.
Nun kann man sagen: Was maßt sich Politik hier an? Ist es nicht Sache der
ExpertInnen zu sagen, wann eine Impfung sicher ist? Das stimmt. Doch dafür
braucht es Vertrauen in Instanzen wie eben die Impfkommission. Und die hat
sicherlich in der Corona-Krise nicht ihre fachliche Autorität verspielt,
wohl aber das Vertrauen in ihre Fähigkeit, eine kompetente
Krisenkommunikation zu betreiben.
Es ist schwierig, wenn [4][Stiko-Chef Thomas Mertens] in einem Interview
mit der FAZ quasi eine Empfehlung vorwegnimmt: Er würde seinen
siebenjährigen Enkel nicht impfen lassen, hatte er bereits in der
vergangenen Woche erklärt. Das sagt Mertens, und das muss ihm eigentlich
klar sein, natürlich nicht nur als Großvater – sondern auch also Autorität,
als öffentliche Person, die er als Stiko-Chef nun einmal ist.
Richtig ist das oft wiederholte Argument, dass die Stiko als
wissenschaftlich arbeitendes Gremium sich von der Politik nicht unter Druck
setzen lassen darf. Sie muss ihre Entscheidungen fällen, wenn sie meint,
sie fällen zu können – wenn also ausreichend Daten zur Verfügung stehen,
auf derer sie entscheiden kann: Überwiegt der Nutzen der Impfung bei
Kindern das Risiko? Angesichts von meist „nur“ milden Corona-Verläufen bei
Kindern ist das sicher noch mal eine besonders schwierige Abwägungsfrage
für diese Altersgruppe.
Nur muss man dann eben auch konsequent bleiben in der Kommunikation: Nicht
hilfreich ist, wenn die Stiko dann doch wieder ein Datum nennt, wann eine
Empfehlung kommen könnte – meist auch noch mit einem „vielleicht“ verseh…
So bleibt der Eindruck: Die Stiko lässt sich eben doch von der Politik vor
sich her treiben mit dieser Form der Ankündigungspolitik.
## Dramatik der vierten Welle
Die politischen EntscheiderInnen wiederum haben eine andere Aufgabe als die
WissenschaftlerInnen: Sie müssen die Infrastruktur aufbauen, so dass das
Impfen im Zweifel auch schnell beginnen kann. Das ist sogar angesichts der
Dramatik der vierten Welle die drängendste Aufgabe der Politik: Eltern
können zurecht erwarten, dass die Verantwortlichen nicht die Hände in den
Schoß legen bis die – ohnehin erwartete – Impfempfehlung kommt.
Was vielleicht formal richtig wäre, funktioniert als Krisenmanagement also
nicht. Es ist deshalb gut, dass man in Berlin bereits vor der offiziellen
Stiko-Empfehlung Impftermine für Kinder buchen konnte. Zumal es ja auch so
ist, dass es gegen kein Gesetz verstößt, wenn man sich ohne „Go“ der Stiko
impfen lässt.
Eltern können jederzeit, das war schon immer so, ohne Impfempfehlung impfen
lassen, auf eigenes Risiko. Das ist zum Beispiel auch bei der
Meningokokken-B-Impfung für Kinder seit Jahren der Fall: Man kann sein Kind
dagegen impfen lassen, manche Kinderärzte raten dazu, andere nicht. Eine
offizielle Stiko-Empfehlung gibt es nicht.
Politik muss handeln. Im besten Fall kann sie sich, beim Impfen, auf
wissenschaftliche Expertise stützen. Doch wenn auf die wissenschaftliche
Expertise kein Verlass in der Krise ist, dann muss sie sich nicht wundern,
wenn am Ende niemand mehr auf sie wartet.
11 Dec 2021
## LINKS
[1] /Kinderimpfung-in-Berlin/!5821148
[2] /Corona-Impfungen-fuer-Kinder-in-Berlin/!5814649
[3] http://www.doctolib.de/institut/berlin/ciz-berlin-berlin?pid=practice-158436
[4] /Stiko-Vorsitzender-ueber-Kinderimpfung/!5817945
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Wochenkommentar
Dilek Kalayci
Schwerpunkt Coronavirus
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