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# taz.de -- Chinas Bündnispolitik: Auf die falschen Pferde gesetzt
> Länger sah sich China auf der Kriegsbühne als Vermittler im Sinne
> Russlands und der Palästinenser. Doch daran kommen in Peking jetzt
> Zweifel auf.
Bild: Nach der Unterzeichnung der Beijing Declaration am 23. Juli in Peking
Die Logik scheint zunächst schlüssig: Das politische Peking war stolz
darauf, [1][vor Kurzem zwischen Hamas und Fatah eine „Beijing Declaration“
eingefädelt zu haben]. China sonnte sich in der Rolle als Vermittler im
Nahost-Konflikt und als ein unbeirrbarer Unterstützer des palästinensischen
Volkes.
Doch nur wenige Wochen später wurde der politische Kopf der Hamas, Ismail
Haniyeh, in Teheran ermordet. Schnell brachte die radikale Hamas mit Jahia
Sinwar einen noch entschlosseneren Heiligkrieger in Position. Ein jüdischer
Intellektueller kommentierte dazu: Die Beijing Declaration sei „weniger
Wert als das Papier, auf dem sie gedruckt steht.“ Als eine indirekte
Bestätigung dieses Kommentars ließ sich die darauf folgende Mitteilung des
chinesischen Außenministeriums lesen: Zwar verurteilte es darin Attentate
als politisches Mittel. Die sonst zu lesende Formel, dass man die gerechte
Sache des palästinensischen Volkes unterstütze, verschwand allerdings
spurlos.
Hinter vorgehaltenen Händen beginnt in China eine Diskussion darüber,
welche Konfliktparteien man in den aktuell herrschenden Kriegen weshalb und
wie weit unterstützen solle. Auch in Hinblick auf die Ukraine scheinen sich
plötzlich Dinge zu ändern. [2][Unter Mithilfe des Goethe-Instituts
veranstaltete China in Peking zuletzt eine ukrainische Filmwoche], um den
guten Willen gegenüber dem ukrainischen Volke zu demonstrieren. Die sonst
gepriesene Unterstützung für Putins „militärische Sonderaktionen“ gegen …
Nato-Osterweiterung? Nach ihr muss man als Formulierung nun mit dem
Vergrößerungsglas durch die KP-Dokumente fahnden. Dabei schienen die Bande
zu Russland nahezu sakrosankt.
In den offiziellen Medien etwas versteckter als auf den sozialen Kanälen im
Internet fragt man sich: Wenn wir wüssten, dass wir die Russen
unterstützen, nicht etwa, weil sie gerechte Dinge täten, sondern weil wir
ohne sie allein gegenüber dem Westen stehen müssten – was für ein Sinn
hätte das noch, wenn die Russen unter Putin immer wieder versagen? Stünden
wir nicht viel isolierter da, [3][dazu viel verhasster im Westen]? Mit dem
Vormarsch ukrainischer Truppen nach Russland verstärkt sich der Zweifel
zusätzlich. Im Spiegel solcher Fragen lässt sich die Filmwoche für die
Ukraine als plötzliche Versöhnungsgeste verstehen: Lieber den Richtigen
unterstützen als dem Versager hinterherlaufen.
## Das Stillhalten Irans macht es China derzeit nicht einfacher
So oder so ähnlich verläuft die Diskussion auch in puncto „gerechte Sache
des palästinensischen Volkes“. Bis auf die „Abscheu“ gegenüber Attentä…
herrscht Funkstille hinsichtlich der „gerechten Sache“ Palästinas. Die
Stille wird bedrückender, je länger der Iran sich in Schweigen hüllt und
die Welt nicht wissen lässt, wann er den angedrohten massiven
Vergeltungsschlag für den getöteten Hamas-Führer ausführt. Kommt er
überhaupt und wenn ja: in welcher Form und mit welchen Konsequenzen für
China? Anders gesagt: Würden wir Chinesen auch diesmal wieder auf das
falsche Pferd gesetzt haben, um mit leeren Händen noch unbeliebter
dazustehen?
Nun lässt sich die Logik des chinesischen Wettverhaltens einfach erklären:
Jeder Konflikt in der Welt, der dazu beiträgt, den Blick des gefürchteten
Westens von China wegzulenken, ist willkommen und sollte sich deshalb mit
chinesischer Hilfe in die Länge ziehen. So läuft es in der Ukraine genauso
wie im Nahen Osten. Die Frage lautet nur: Beschäftigen wir uns mit den
richtigen Konflikten und können wir dort mit dem passenden Wetteinsatz auf
den richtigen Gewinner tippen? Wie viel mehr zahlen wir, wenn wir uns ein
ums andere Mal verkalkulieren?
19 Aug 2024
## LINKS
[1] /-Nachrichten-im-Nahostkrieg-/!6023531
[2] https://www.scmp.com/news/china/diplomacy/article/3273934/ukrainian-film-fe…
[3] /Pekings-Aussenpolitik/!6015064
## AUTOREN
Shi Ming
## TAGS
Kolumne Fernsicht
China
Hamas
Wladimir Putin
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Panda-Baby
Hongkong
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