# taz.de -- Cannabisgesetz in Uruguay: Kein Gras aus der Apotheke | |
> Der neue Präsident hadert mit dem Gesetz zur Regulierung von Cannabis. | |
> Damit könnte sich der staatliche Marihuana-Verkauf in Apotheken | |
> verzögern. | |
Bild: Eine Frau inspiziert eine Marihuana-Plantage in Uruguay. | |
BUENOS AIRES taz | Kaum ist Uruguays neuer Präsident Tabaré Vázquez im Amt, | |
da rückt auch schon das Cannabisgesetz in die Schlagzeilen. Mit der | |
Begründung, das Regelwerk müsse erst einmal analysiert werden, trat Vázquez | |
auf die Bremse. Der konservative Sozialist galt nie als großer Unterstützer | |
des Gesetzes und hatte bereits im Wahlkampf den Vertrieb von Cannabis über | |
Apotheken aus Sicherheitsgründen in Frage. | |
Uruguay ist weltweit das erste Land, das den Anbau und den Handel von | |
Cannabis legalisiert hat. Privatpersonen ist der Anbau von maximal sechs | |
Cannabis-Pflanzen gestattet. Zudem können sich bis zu 45 Kleinproduzenten | |
in Clubs zusammenschließen, die jedoch maximal 99 Pflanzen ziehen dürfen. | |
Voraussetzung ist der Eintrag in ein Register. Für den privaten Konsum | |
können monatlich 40 Gramm Marihuana in Apotheken erworben werden – doch | |
genau dieser staatlich organisierte Vertrieb harrt noch der Umsetzung. | |
Rückenwind bekommt Präsident Vázquez vom Internationale | |
Suchtstoffkontrollrat der UNO in Wien. In seinen kürzlich veröffentlichten | |
Jahresbericht 2014 kritisiert der Rat zum wiederholten Mal den | |
uruguayischen Alleingang. „Dieser hat nicht nur Auswirkungen auf die | |
Drogenkontrolle in Uruguay, sondern beeinträchtigt auch negativ die | |
Arbeiten im Kampf gegen die Droge, besonders die Kontrolle von Cannabis, in | |
anderen Ländern, seien sie Nachbar oder auch nicht“, heißt es darin. Das | |
Gesetz in Uruguay sei „unvereinbar“ mit den Vorgaben der Konvention von | |
1961, die den Umgang mit Cannabis regelt. | |
Das Cannabis-Gesetz ist zwar seit April 2014 in Kraft, aber das dazu | |
gehörige Regelwerk ist noch immer nicht zu 100 Prozent festgelegt. Vázquez | |
ist diese Hinterlassenschaft seines Amtsvorgängers José Mujica ein | |
schmerzlicher Dorn im Auge. Mujica hatte öffentlich verkündet, dass der | |
Kampf gegen den illegalen Drogenhandel verloren sei und mit einer streng | |
reglementierten Zulassung von Anbau und Verkauf zumindest der illegale | |
Cannabismarkt trockengelegt werden könne. | |
## Überfälle auf Anbauer | |
Theoretisch ist es möglich, das Gesetz zurückzuziehen. Politisch ist das | |
aber kaum umsetzbar, denn dies ginge nur über eine Parlamentsabstimmung. | |
Dabei würde Vázquez mit Sicherheit eine Schlappe erleiden. So bleibt dem | |
Präsidenten nur, am Regelwerk herumzumäkeln. | |
„Selbst wenn Tabaré Vázquez die Apothekenregelung ändert, müsste er einen | |
anderen Verkaufsweg aufzeigen“, sagt Julio Rey von der Nationalen | |
Vereinigung der Cannabisanbauer in Uruguay. Den staatlichen Verkauf nicht | |
zuzulassen, würde „den Schwarzhandel sogar unterstützen“, warnt Rey. | |
Im Gegenteil, meint er, es sei sogar höchste Zeit, diesen Aspekt des | |
Gesetzes endlich zu regeln und umzusetzen. „In der letzten Zeit gab es | |
mehrere Überfälle auf Anbauer, einige davon bewaffnet. Das war nicht das | |
übliche Stibitzen von Blüten, hier sind kriminelle Elemente am Werk“, | |
stellt Rey die Bedrohung durch die Narcos fest. „Unsere Pflanzen haben | |
allein schon wegen ihrer Qualität einen außergewöhnlichen Verkaufswert. Das | |
Zögern mit dem Verkauf in den Apotheken bringt uns Anbauer in höchste | |
Gefahr.“ | |
Milton Romani, der neue Leiter der nationalen Drogenbehörde, stellte denn | |
auch vor wenigen Tagen klar, dass mit dem Apothekenverkauf noch vor | |
Jahresende begonnen werde. Ein Grund für die Verzögerung sei, dass das | |
Genehmigungsverfahren für die elf Unternehmen, die unter staatlicher | |
Aufsicht Cannabis anbauen werden, noch nicht ganz abgeschlossen sei. „Die | |
Konsumenten müssen noch etwas warten, aber der Verkauf wird kommen“, gab | |
Romani sein Wort. | |
10 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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