# taz.de -- CSD in Berlin: Glitzer, Regenbogen und Politik | |
> „Happy Pride“ ist überall zu hören, Zehntausende feiern fröhlich beim | |
> Berliner CSD und anderswo. Neben dem Spaß geht es um den Nahost-Konflikt. | |
Bild: „Vielfalt leben“: Unter dem diesjährigen Motto feiern Tausende ihr f… | |
Berlin dpa | Mit Glitzer und Regenbogen geschmückt demonstrieren | |
Zehntausende Menschen beim 46. Berliner Christopher Street Day (CSD) unter | |
dem Motto „Nur gemeinsam stark – für Demokratie und Vielfalt“. „Die | |
Stimmung ist großartig“, teilten die Veranstalter der Deutschen | |
Presse-Agentur mit. „Wir haben mehr Menschen für queere Rechte auf die | |
Straße gebracht als erwartet.“ Offizielle Schätzungen der Polizei zur | |
Teilnehmerzahl lagen am Nachmittag noch nicht vor, erwartet wurden | |
Hunderttausende Teilnehmer. Auch in Stuttgart zogen am Samstag Zehntausende | |
bei der Parade zum CSD durch die Straßen. | |
Nach einem verregneten Start wurden in der Hauptstadt die Schirme gegen | |
Sonnenbrillen getauscht. Gut gelaunte, tanzende Menschen dominierten das | |
Bild. „Der Regenbogen ist ein Naturphänomen“ und „Pride not prejudice“… | |
Deutsch: Stolz, nicht Vorurteil) war auf Schildern der Demo-Teilnehmer zu | |
lesen. „Happy Pride“ hörte man vielerorts. | |
## Berliner CSD einer der größten in Europa | |
Der CSD in Berlin gilt als eine der größten Veranstaltungen der lesbischen, | |
schwulen, bisexuellen, trans-, intergeschlechtlichen und queeren Community | |
in Europa. Die 75 Wagen und Dutzende Fußgruppen, die sich zu Lady Gagas | |
„Born this way“ in Bewegung gesetzt hatten, zogen bis zur Siegessäule. Von | |
dort ging es zu Fuß weiter zur Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor. Am | |
Abend sollen dort noch diverse musikalische und künstlerische Acts | |
auftreten. Als Überraschungsgast wurde Herbert Grönemeyer angekündigt. | |
Die Polizei zeigte sich zufrieden. Ein Sprecher sagte der dpa, die Beamten | |
blickten in „viele fröhliche und freundliche Gesichter“. 1.200 Menschen | |
waren im Einsatz. Zwischenfälle gab es bis zum Nachmittag kaum. Eine Gruppe | |
Rechter in szenetypischer Kleidung habe versucht, zum Aufzug zu kommen, | |
sagte der Sprecher. Die Gruppe sei von Polizisten am Weiterlaufen gehindert | |
worden. Die Überprüfungsmaßnahmen liefen noch. | |
## „Die Community begrüßt die politischen Forderungen“ | |
Die Veranstalter des CSD appellieren an die Politik, den Schutz queerer | |
Menschen ins Grundgesetz aufzunehmen. Die Änderung von Artikel 3 des | |
Grundgesetzes müsse noch in dieser Wahlperiode kommen, forderte Aktivistin | |
Sophie Koch in der Eröffnungsrede in Berlin. | |
In Artikel 3 heißt es unter anderem: „Niemand darf wegen seines | |
Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner | |
Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen | |
Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner | |
Behinderung benachteiligt werden.“ Hier solle ergänzt werden, dass außerdem | |
niemand „wegen seiner sexuellen Identität“ diskriminiert werden dürfe. | |
Unterstützung erhielten die Aktivistinnen und Aktivisten von | |
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), die ein Grußwort hielt. | |
## Wegner: Bisher keine Mehrheit für Grundgesetzänderung | |
Hinter den Kulissen hatte es zuvor Streitigkeiten gegeben: Berlins | |
Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte bei der Eröffnung des CSD | |
im vergangenen Jahr angekündigt, sich für eine entsprechende | |
Bundesratsinitiative einzusetzen. Aus Sicht der CSD-Organisatoren ist | |
seitdem nicht genug passiert. Wegner hielt deshalb nicht, wie es für den | |
Regierenden Bürgermeister üblich ist, die Eröffnungsrede. Am Rande des CSD | |
sagte Wegner dem RBB, er setze sich für eine schnelle Änderung ein, „am | |
besten vor der Bundestagswahl“. Es gebe aber bisher keine Mehrheit dafür. | |
## Veranstalter: Zunahme von Hasskriminalität | |
In Stuttgart stand der CSD unter dem Motto „Vielfalt leben. Jetzt erst | |
recht!“ Nach Angaben der Veranstalter sollten 150 Gruppen durch die Straßen | |
zum zentralen Schlossplatz ziehen – der CSD wäre damit der bisher größte in | |
Stuttgart nach 131 Gruppen im vergangenen Jahr. 2023 Jahr habe die | |
Hasskriminalität unter anderem gegen lesbische, schwule, bisexuelle und | |
queere Menschen deutlich zugenommen, kritisieren die Veranstalter in einer | |
Erklärung. | |
Der Christopher Street Day wird weltweit gefeiert. Die Bewegung geht auf | |
Ereignisse im Juni 1969 zurück. Nach einer Razzia der Polizei in der | |
Szenebar „Stonewall Inn“ kam es damals zum Aufstand von Schwulen und | |
Lesben. Hauptschauplatz von Straßenschlachten war die Christopher Street im | |
Künstler-Viertel Greenwich Village. | |
## „Queers for Palestine“ auf der Straße in Berlin | |
In Berlin haben unabhängig vom großen Zug zum Christopher Street Day (CSD) | |
auch zahlreiche Menschen unter dem Motto „[1][Queers for Palestine]“ | |
demonstriert. Für den „antikolonialen, antirassistischen und | |
antikapitalistischen Freiheitskampf“ sollten nach Angaben der | |
veranstaltenden Organisation Internationalistische Queer Pride (IQP) rund | |
15.000 Teilnehmende auf die Straße gehen, am Nachmittag waren es zunächst | |
etwa 4.700 Menschen. | |
Der Zug ging vom Hermannplatz durch Kreuzberg. Zu sehen waren dabei etwa | |
Transparente mit der Aufschrift „No Pride in Israel Apartheid“ oder „No W… | |
But Class War“. Es habe einige freiheitsbeschränkende Maßnahmen und | |
einzelne Flaschenwürfe gegeben, sagte ein Polizeisprecher. | |
„Unsere Queerness wendet sich gegen die Konzentration von Macht und | |
Reichtum in den Händen einiger weniger, die weiterhin von | |
jahrhundertelanger Ausbeutung, Genoziden, Kriegen und allen Formen des | |
Kolonialismus profitieren“, heißt es im politischen Manifest der | |
Organisation. | |
28 Jul 2024 | |
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