# taz.de -- Brandenburg wirbt mit neuem Slogan: Jetzt wird’s dreist | |
> Das Berliner Umland wirbt künftig mit „jottwede“ für sich – allerdings | |
> stehe die bekannte Abkürzung für „Jeder will dahin“. Kommt das an? | |
Bild: Idylle am Senftenberger See. Will da jeder hin? | |
BERLIN taz | Es gibt nur wenige Berliner Worte, die wirklich allgemein | |
verständlich sind. „Knorke“ und „Icke“ etwa kennt mensch auch in Gegen… | |
westlich der Elbe, also „jottwede“, wie es in der Hauptstadt so schön | |
heißt. Ausgerechnet letztere Redewendung will nun das Land Brandenburg für | |
seine Imagekampagne kapern. | |
Jwd: In der sandigen Mark stehe das künftig nicht mehr für „janz weit | |
draußen“ oder abgelegen oder am Arsch der Welt, sondern für „Jeder will | |
dahin“, verkündete der fürs Landesmarketing zuständige Staatssekretär in | |
der Potsdamer Staatskanzlei, Benjamin Grimm, am Montag. | |
Die Landesregierung will damit nicht nur um neue Mitbewohner*innen und | |
Tourist*innen werben, sondern auch die gute Entwicklung Brandenburgs | |
illustrieren, so Grimm weiter, schließlich seien zuletzt mehr Menschen nach | |
Brandenburg gezogen als weg. Auch bei der Ansiedlung großer Firmen sieht | |
man sich im Aufwind. Und daher begleiten Sprüche wie „Träumer, Tesla, | |
Tischler“ oder „Standort, Kurort, Wakeboard“ die Kampagne. Hm. | |
Werbung für Städte, ganze Landstriche oder gar (Bundes-)Länder zu machen, | |
gehört zur ganz hohen Kunst in der Kommunikationsstrategenszene. Einige | |
haben sich da heftigst blamiert, etwa als sie das wirtschaftlich und | |
politisch verschnarchte Sachsen-Anhalt mit dem Spruch „Wir stehen früher | |
auf“ versahen. | |
Andere ernteten Ruhm und Ehre, etwa die Schöpfer*innen des Slogans „Wir | |
können alles. Außer Hochdeutsch“ für Baden-Württemberg. In Berlin hat man | |
sich zuletzt nach langer Suche vom [1][„be“ in „be berlin“ verabschiede… | |
und setzt jetzt nur noch auf „Berlin“, sprich: auf vornehme Zurückhaltung. | |
Ein Grund dafür dürfte gewesen sein, dass fast alle Slogans anfangs mit | |
Spott überzogen werden. Bisweilen gehört das sogar zur Taktik der | |
Werbeagenturen, ein bisschen Aufmerksamkeit hat schließlich noch niemandem | |
geschadet. Der neue Spruch der Mark wird da keine Ausnahme bleiben. Aus den | |
Buchstaben J, W und D lassen sich schließlich auch andere passende | |
Wortfolgen bilden, von „Jetzt wird’s dummdreist“ über „Jäger, Wälder, | |
Dorfdeppen“ bis zu „Jesus, warum dahin?“ | |
## Wortspiele über Wortspiele | |
Das von der Kampagne verwendete Wortspiel „Liberté, Egalité, Dorfkneipé“ | |
ist übrigens aus Sicht des gerade von einem einwöchigen Brandenburg-Urlaub | |
zurückgekehrten Autors gleich in doppelter Hinsicht, sagen wir: recht | |
gewagt. Entweder gab es in den von ihm besuchten Orten gar keine Kneipe | |
mehr, oder aber für die dort vorherrschende Klientel war Gleichheit ein | |
Fremdwort, und zwar nicht nur auf Französisch. | |
Für Berlin bleibt Brandenburg jedenfalls bis auf Weiteres das Umland – weit | |
bis ganz weit draußen. | |
23 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Berlins-neuer-Markenauftritt/!5707637 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
## TAGS | |
Brandenburg | |
Marketing | |
Werbung | |
Stadtland | |
Wochenkommentar | |
Berlin Werbefrei | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Auf der Suche nach Heimat: Trautchens Heim | |
Unsere Autorin ist mit ihrer Familie in ein altes Haus auf dem Land | |
gezogen. Wer waren die Menschen, die vor ihr dort lebten? Eine Spurensuche. | |
Berlins neuer Markenauftritt: Schluss mit lustig | |
Berlin wirbt künftig wieder mit einem Bären: Das neue Markendesign steht | |
auch für das Ende einer Epoche, in der alles möglich schien. | |
Werbeslogan „Be Berlin“ hat ausgedient: Berlin FIRST! | |
Bis Ende des Jahres soll die Hauptstadt einen neuen Slogan bekommen. Na | |
endlich. Die taz-Redaktion macht schon mal Vorschläge fürs neue Motto. |