| # taz.de -- Bankenkrise in der Schweiz: Illusion des sicheren Hafens | |
| > Die Krise der Credit Suisse und die Übernahme durch ihre Konkurrentin UBS | |
| > demaskieren das Geschäftsmodell der Schweiz. | |
| Bild: Zürich. Die Schweiz ist die zweitwichtigste Steueroase der Welt | |
| Die Schweiz wirkt stabil und reich. Doch plötzlich scheint dieses Bild | |
| nicht mehr zu stimmen: Die zweitgrößte Bank, [1][die Credit Suisse,] | |
| musste von der Konkurrentin UBS übernommen werden, um eine Pleite zu | |
| verhindern. | |
| In der Schweiz wird dieses Desaster als Staatskrise empfunden. Zu Recht. | |
| Die Credit Suisse zeigt, dass das [2][eidgenössische Geschäftsmodell nicht | |
| mehr funktioniert]. Für das kleine Land ist es gefährlich, sich als | |
| Steueroase zu inszenieren und weltweit Gelder anzuziehen. | |
| Aber von vorn: Zunächst wirkt die Pleite der Credit Suisse wenig | |
| spektakulär, schließlich geraten immer wieder Unternehmen in die Krise. So | |
| müssen in Deutschland diverse Filialen der Warenhauskette Galeria Karstadt | |
| Kaufhof schließen, weil sie Verluste schreiben. Ähnlich war es auch im Fall | |
| der Credit Suisse: Sie hatte hohe Kosten, aber kein profitables | |
| Geschäftsmodell. Der relevante Unterschied ist nur, dass die Bank keine | |
| Unterhosen verkauft, sondern mit Geld hantiert – was die Pleite brisant | |
| macht. | |
| Der Untergang der Credit Suisse war langfristig unvermeidlich. Sie hätte | |
| nur überleben können, wenn sie ihre Vermögensverwaltung noch weiter | |
| ausgebaut hätte. Doch dieser Markt ist schon gefährlich überdehnt, weil | |
| auch alle anderen Schweizer Banken davon leben, internationale Gelder zu | |
| betreuen. | |
| ## Wichtige Steueroase | |
| Vor der Coronakrise sammelte sich bei den zehn größten Schweizer Banken ein | |
| Finanzvermögen von 3,8 Billionen Franken – obwohl die Wirtschaftsleistung | |
| des Landes nur bei 717 Milliarden Franken lag. Die Schweiz erinnert an | |
| einen riesigen Geldballon, der nur noch mit einer dünnen Leine am Boden | |
| verankert ist. | |
| Die Schweiz ist die [3][zweitwichtigste Steueroase der Welt], und Anleger | |
| drängen in das kleine Land, weil sie einen „sicheren Hafen“ suchen. Doch | |
| dieser Eindruck beruht auf einer Illusion. Da so viele Investoren Franken | |
| kaufen, steigt dessen Wert, woraus die Investoren messerscharf schließen, | |
| dass der Franken sehr wertvoll sein muss – weswegen sie noch mehr davon | |
| kaufen. | |
| In Wahrheit ist der Franken ein Verlustgeschäft. In einem Züricher | |
| Restaurant kostet ein schlechtes Kartoffelgratin mit schlechtem Wein 60 | |
| Franken. In Berlin wäre das gleiche Essen schon mit 25 Euro zu teuer. Das | |
| Schweizer Statistikamt hat genau nachgerechnet: Im Jahr 2021 benötigte man | |
| 167 Franken, um einen Warenkorb zu kaufen, der in der EU nur 100 Euro | |
| gekostet hätte. Der richtige Wechselkurs wäre also 1,67 Franken für einen | |
| Euro gewesen. Stattdessen lagen Franken und Euro fast gleichauf. | |
| Der überbewertete Franken ist eine schwere Bürde für die Schweiz, weil er | |
| die heimischen Waren auf dem Weltmarkt zu teuer macht. Von 2012 bis 2021 | |
| ist die Schweizer Wirtschaft pro Kopf um 4,5 Prozent gewachsen. Das ist | |
| nicht viel für ein Jahrzehnt. | |
| ## Nur im Ausland reich | |
| Die Schweizer verdienen mit einer Vollzeitstelle im Durchschnitt etwa 6.700 | |
| Franken im Monat. Das klingt viel, ist aber nicht viel, weil die Schweiz so | |
| teuer ist. „Reich“ sind die Eidgenossen nur, wenn sie die Grenze überqueren | |
| und mit ihren Franken im Euro-Ausland einkaufen. | |
| Das Schweizer Geschäftsmodell ist gefährdet: Wichtigstes Exportgut ist der | |
| Franken, der völlig überteuert feilgeboten wird. Also darf niemand merken, | |
| dass der reale Gegenwert fehlt. Da stört die Pleite der Credit Suisse, | |
| weil sie die Schweizer Wirtschaft demaskiert. Bisher meiden die Anleger nur | |
| die Credit Suisse – aber wehe, wenn das die ganze Schweiz trifft. | |
| 23 Mar 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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