# taz.de -- Bandenkrieg in Ecuador: „Es wird blutig werden“ | |
> Ecuadors Militär mobilisiert für einen Krieg gegen bewaffnete | |
> Drogenbanden. Menschenrechtsorganisationen warnen vor Folgen für die | |
> Zivilbevölkerung. | |
Bild: Beamte der Strafverfolgungsbehörden führen einen Einsatz in Ibarra, Ecu… | |
BERLIN taz | In Ecuador bereitet sich das Militär auf eine Art Krieg gegen | |
die kriminellen Banden vor. „Mit der Anerkennung der Lage als bewaffneter, | |
nichtinternationaler Konflikt sind die Streitkräfte berechtigt, tödliche | |
Waffen einzusetzen. Das ist eine Veränderung der Einsatzregeln“, erklärte | |
Jaime Vela, Chef des gemeinsamen Oberkommandos der ecuadorianischen | |
Streitkräfte, am Mittwoch. | |
Das Militär werde so nicht gegen normale Kriminelle vorgehen, stellte er | |
klar, aber gegen alle 22 Organisationen, die im entsprechenden Dekret des | |
Präsidenten als terroristische Organisationen eingestuft würden. | |
Präsident Daniel Noboa hatte bereits am Montag angesichts gleichzeitiger | |
organisierter Aufstände und Geiselnahmen in mehreren Gefängnissen des | |
Landes, die auch zur Flucht des berüchtigten Drogenbosses Adolfo Macías | |
alias „Fito“ führten, für zwei Monate den Ausnahmezustand ausgerufen. | |
Nur einen Tag später [1][stürmten am Dienstag Bewaffnete vor laufender | |
Kamera ein Fernsehstudio] in der Hafenstadt Guayaquil. Verschiedene andere | |
Einrichtungen wurden überfallen, Polizisten entführt und über 100 | |
Gefängniswärter als Geiseln genommen. Daraufhin rief Noboa mit dem | |
„[2][Dekret 111]“ den bewaffneten internen Konflikt aus. Am Mittwochabend | |
sprach Ecuadors Parlament dem Präsidenten einstimmig die Unterstützung für | |
das Dekret aus. | |
## Die Zeiten ängstlicher Regierungen sind vorbei | |
In einem Fernsehinterview versuchte Noboa Stärke auszustrahlen: Das Land | |
durchlaufe schwere Momente, aber seine Regierung stünde fest und | |
entschlossen da und werde die Bürger beschützen. Die Zeiten ängstlicher | |
Regierungen seien vorbei, so Noboa, der erst im November vergangenen Jahres | |
als jüngster Präsident in Ecuadors Geschichte sein Amt angetreten hatte. | |
In Fernsehinterviews erklärte Noboa, auch Beamte, Richter, Polizisten und | |
Soldaten, die mit den Banden zusammenarbeiteten, würden als Teil | |
terroristischer Netzwerke angesehen und entsprechend behandelt. | |
Ende vergangenen Jahres waren bei landesweiten Razzien gegen das | |
organisierte Verbrechen über zwei Dutzend Verdächtige festgenommen worden, | |
darunter Richter, Staatsanwälte, Polizisten und Beamte des Strafvollzugs. | |
„Die Ermittlungen zeigen, wie der Drogenhandel in die staatlichen | |
Institutionen vorgedrungen ist“, sagte Generalstaatsanwältin Diana Salazar | |
damals. | |
Ecuadors stellvertretender Innenminister Estaban Torres Cobo prophezeite, | |
der Krieg gegen die Banden werde viele Tote und Opfer hervorbringen: „Es | |
wird blutig werden, aber das ist die Veränderung, die wir brauchen, um eine | |
bessere Zukunft zu haben. Wir können diese Entscheidung nicht immer weiter | |
verschieben, wir müssen sie jetzt treffen“, sagte Cobo gegenüber dem | |
britischen Nachrichtensender BBC. Einige Bandenführer, sagte er, verlangten | |
Verhandlungen, aber „die Regierung wird mit niemandem verhandeln“. | |
## Von Menschenrechtsorganisationen kommt Kritik | |
Kritik an Noboas Vorgehen kam hingegen von der [3][Alianza de Derechos | |
Humanos], einem Zusammenschluss ecuadorianischer | |
Menschenrechtsorganisationen. Die Ausrufung eines „internen bewaffneten | |
Konflikts“ erhöhe die Risiken für die Zivilbevölkerung und biete ihr kaum | |
Schutz vor Gewaltexzessen staatlicher und nichtstaatlicher Akteure, heißt | |
es in einer Stellungnahme des Bündnisses. | |
Der Staat erkläre auf diese Weise die kriminellen Banden zu bewaffneten | |
Kämpfern, zu Gegnern in einem Krieg – aber dieser Feind lebe in den | |
gleichen Vierteln wie die Zivilbevölkerung und sei nicht ohne Weiteres zu | |
identifizieren. Dadurch würden alle Bürger dem Risiko ausgesetzt, ins | |
Kreuzfeuer zu geraten oder ermordet zu werden. | |
Inzwischen, so erklärte das Militär am Mittwoch, seien 329 Personen | |
festgenommen worden, einschließlich jener 13 Angreifer aus dem | |
Fernsehstudio. Ihnen werde wegen Terrorismus der Prozess gemacht. Fünf | |
Terroristen seien getötet und 61 Waffen sowie 28 Granaten sichergestellt | |
worden. 41 Geiseln seien befreit und 28 entflohene Häftlinge wieder | |
eingefangen worden. | |
Ecuador, zwischen den beiden großen kokainproduzierenden Ländern Kolumbien | |
und Peru gelegen, gilt als der Hauptumschlagplatz für Kokain-Lieferungen | |
nach Europa. | |
11 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Eskalation-in-Ecuador/!5984869 | |
[2] https://www.eluniverso.com/noticias/politica/este-es-el-texto-completo-del-… | |
[3] https://alianzaddhh.org/ | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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