| # taz.de -- Auswirkung des Insektensterbens: Weniger Bienen, winzige Blüten | |
| > Blumen sind zur Fortpflanzung auf Bestäuber angewiesen. Doch davon gibt | |
| > es immer weniger. Eine neue Studie zeigt, wie die Pflanzen sich selbst | |
| > helfen. | |
| Bild: Selbsthilfe durch Selbstbefruchtung: Die Blütennarbe wird durch Pollen v… | |
| ## Worum geht’s? | |
| Die Blüten groß, der Nektar süß: So locken Pflanzen Insekten an. Beim | |
| Fliegen von Blüte zu Blüte transportieren sie Pollen und sorgen so für die | |
| Bestäubung und den Fortbestand der Pflanze. Gleichzeitig decken sie sich | |
| selbst mit Nektar ein. Eigentlich eine Win-win-Situation. Doch überall in | |
| Europa schwinden seit Jahrzehnten die Insektenbestände. Die Ursachen für | |
| diese Entwicklung sind komplex und wirken oft zusammen: intensive | |
| landwirtschaftliche Nutzung, Pestizide, Klimaveränderung. Die Pflanzen | |
| müssen sich anders helfen. | |
| ## Die Studie | |
| Für die Studie, erschienen in der Zeitschrift [1][New Phytologist], | |
| untersuchte ein französisches Forscherteam daher vier Populationen von | |
| Feldstiefmütterchen. Um verschiedene Generationen der Pflanze und ihre | |
| möglichen Veränderungen miteinander zu vergleichen, haben sich die | |
| Wissenschaftler*innen der sogenannten resurrection ecology, zu | |
| Deutsch: Auferstehungsökologie, bedient. Dafür kultivierten sie | |
| Stiefmütterchen aus Samen, die in den 1990er und 2000er Jahren in der | |
| Umgebung von Paris zu wissenschaftlichen Zwecken entnommen wurden. Diese | |
| verglichen sie mit wild wachsenden Exemplaren von heute, die aus derselben | |
| Region stammten – einem landwirtschaftlich intensiv bewirtschafteten Gebiet | |
| mit einer [2][rückläufigen Anzahl an Bestäubern]. | |
| Sie stellten fest, dass die Blüten der heutigen Pflanzen 10 Prozent kleiner | |
| waren als die der Vorfahren und etwa 20 Prozent weniger Nektar | |
| produzierten. Aufgrund der geringeren Nachfrage von Bestäubern schränkte | |
| die Pflanze ihr Angebot ein: weniger attraktive Merkmale für potenzielle | |
| Bestäuber und damit weniger Belohnung. Denn den Nektar produziert die | |
| Pflanze einzig als Anreiz für die Insekten und braucht dafür viel Energie. | |
| Die Studie zeigte auch, dass die jüngere Stiefmütterchengeneration von den | |
| Insekten seltener angeflogen wurde. Um ihren Erhalt trotzdem zu sichern, | |
| vollführte die Pflanze einen Strategiewechsel: Sie bestäubte sich vermehrt | |
| selbst. Dabei wird die Blütennarbe durch Pollen von derselben Blüte | |
| bestäubt. | |
| Die schnelle Anpassung an veränderte Lebensbedingungen sei erstaunlich, | |
| urteilt das Forscherteam. Langfristig stellt die verstärkte | |
| Selbstbefruchtung für die Pflanze allerdings ein Risiko dar. Durch die | |
| damit zurückgehende genetische Vielfalt kann sie schlechter auf zukünftige | |
| Umweltveränderungen reagieren. | |
| ## Was bringt’s? | |
| Weniger Bestäuber bedeutet in diesem Fall weniger Nektar. Und mit weniger | |
| Nektar verschärft sich wiederum der Insektenschwund – mit Folgen für das | |
| ganze Ökosystem. Denn viele Tiere sind auf Insekten als Nahrung angewiesen. | |
| Ein Teufelskreis, [3][urteilen die Forscher*innen]. Innerhalb von 20 bis | |
| 30 Jahren durchlebte die kleine Viola arvensis eine radikale Wandlung. Die | |
| Forschung aus Frankreich bietet auch einen Anknüpfungspunkt für weitere | |
| Studien, die sich mit möglichen Veränderungen bei anderen Pflanzenarten | |
| befassen. | |
| 10 Jan 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://nph.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/nph.19422 | |
| [2] /Neue-Studie-zu-Insektensterben/!5962842 | |
| [3] https://www.cnrs.fr/en/press/wildflowers-increasingly-doing-without-insect-… | |
| ## AUTOREN | |
| Hanna Kopp | |
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