# taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Wenn sie zum Gebet ruft | |
> „Ecologies of Darkness“ bei Savvy Contemporary macht Platz für eine | |
> diverse, sich verändernde Welt. Die taz sprach mit einem der 15 | |
> KünstlerInnen. | |
Bild: Videoessay „Deep Down Tidal“ (2017) von Tabita Rezaire in der Ausstel… | |
„Dann müsste man die Bedingungen der westlichen Welt neu definieren.“ – … | |
kann sich James Baldwins Zerrissenheit zwischen innerer Aufforderung und | |
Zweifel vorstellen, als er, der schwule Afroamerikaner und literarische | |
Dokumentarist der Rassentrennung in den USA , in einem Gespräch mit Audre | |
Lourde zu dieser Feststellung kam. Ohne Zweifel jedoch erwiderte Lourde: | |
„Und wir beide müssen es tun.“ | |
Dieses Gespräch von 1984, aus dem Passagen im Begleittext zur aktuellen | |
Ausstellung bei Savvy Contemporary abgedruckt sind, kündigt Großes an: den | |
Rückbau gesellschaftlicher Gegebenheiten, das politische und emotionale | |
Platzmachen in einer diversen, sich verändernden Welt. Das ist die | |
visionäre Sphäre, in der „Ecologies of Darkness“ 15 Künstlerinnen | |
zusammenbringt. Die Ausstellung ist poetisch, spekulativ und berührt | |
trotzdem die Realität. | |
Ana Vaz etwa schwankt in ihrer Videoinstallation zwischen Dokumentarischem | |
und Fiktion, Markues (s. u.) spannt Fallschirme auf, unter denen sich | |
kurzweilige Gemeinschaften zusammenfinden. Festgefahrene Bilder ordnet | |
Mandy El-Sayegh in ihren Vitrinen neu: Plastiken, die wie Innereien | |
aussehen, funktionslose Überbleibsel von Industrieprodukten und Fotografien | |
vermengt sie zu einer sinnfreien Assemblage, aus der wieder neuer Sinn | |
entsteht. | |
Im Hintergrund ertönt im Loop ein weiches Allahu Akbar. Bahia Shehab ließ | |
den islamischen Gebetsruf von einer Mezzosopranistin aus Kairo | |
interpretieren, nachdem dies 1.400 Jahre lang nur Männer taten. | |
Einblick 756: Markues (Künstler_, Autor_) | |
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? | |
Und warum? | |
Markues: Die historische Installation „Wonderland“ von Julia Scher, die | |
gerade bei Esther Schipper zu sehen ist, wird zur richtigen Zeit erneut | |
gezeigt. Heute sind Überwachung und Autorität verschärfter, zugleich | |
erscheinen die empathischen, cyberpunkigen Wege, so wie Julia Scher das | |
angeht, beinahe verspielt. Und ich bin gespannt auf Henrike Naumanns | |
Ausstellung „Ostalgie“ bei KOW, wo sie die Erinnerungskultur an die DDR mit | |
Möbeln in neosteinzeitlicher Anmutung einem forschen Read unterziehen wird. | |
Sie fragt sich, wie eine imaginierte Vergangenheit attraktiver werden | |
konnte als das Versprechen einer besseren Zukunft. | |
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen? | |
Zuletzt war ich bei Sun Worship und Yellow Eyes in der Zukunft am Ostkreuz. | |
Als Nächstes gehe ich zu Fatima Al Quadiri und Deena Abdelwahed im Rahmen | |
des CTM ins SchwuZ. Und zu Nicki Minaj. | |
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit | |
durch den Alltag? | |
Im Moment alle Bücher, die in den Lesungen bei Savvy Contemporary | |
vorkommen. Zudem freut es mich riesig, dass eine Neuauflage von Ronald M. | |
Schernikaus Legende bald im Verbrecher Verlag erscheint. | |
Was ist dein nächstes Projekt? | |
Ich gestalte gemeinsam mit Niki Trauthwein vom Lili-Elbe-Archiv eine | |
Ausstellung über die seit zehn Jahren geschlossene Transvestitenbar Chez | |
Nous für das Schwule Museum. | |
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten | |
Freude? | |
Das Auftragen eines geliebten Parfums kann jeden vermurksten Morgen in | |
einen guten Tag verwandeln. | |
17 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Sophie Jung | |
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