# taz.de -- Asyldeal von Großbritannien und Ruanda: Asyl-Outsourcen von Gerich… | |
> Ein Gericht hat die Abschiebepläne Großbritanniens mit Ruanda für legal | |
> erklärt. Acht Fälle muss die Regierung erneut prüfen. | |
Bild: Aufkleber der „Stand Up To Racism“-Aktivisten vor dem Gericht in Lond… | |
LONDON taz | Wenn Menschen illegal nach Großbritannien einreisen, darf die | |
Regierung sie ins ostafrikanische Ruanda abschieben. So lautete am Montag | |
das Urteil des High Court of Justice. Durch ein Abkommen mit der | |
ruandischen Regierung sollen die Geflohenen dort ihren Asylantrag stellen | |
können. Das stehe im Einklang mit der Flüchtlingskonvention und dem | |
britischen Menschenrechtsgesetz. | |
In der Erklärung des Urteils heißt es: Die Maßnahmen, welche die britische | |
[1][Regierung mit der ruandischen Regierung] getroffen haben, würden ein | |
vorschriftsmäßiges Asylverfahren sicherstellen. Deswegen sei es in Ordnung, | |
die Geflüchteten nach Ruanda zu bringen, damit sie dort ihre Anträge | |
stellen. Falls ihnen Asyl gewährt wird, sollen sie auch in Ruanda leben | |
statt in Großbritannien. | |
Hintergrund des aktuellen Urteils war die Klage von acht Personen gegen das | |
Innenministerium. Sie sollten am 14. Juni von Großbritannien nach Ruanda | |
geflogen werden. Doch den [2][Flug hatte zunächst der Europäische | |
Gerichtshof für Menschenrechte gestoppt], weil „ein echtes Risiko von | |
irreversiblem Schaden“ bestanden habe. | |
Obwohl an diesem Montag in London das britische High Court of Justice zwar | |
die Abschiebungen grundsätzlich als legal befand, müsse das | |
Innenministerium die konkreten acht Fälle erneut prüfen. Die bisherigen | |
Untersuchungen seien nicht ausreichend gewesen. | |
## Fragliche Menschenrechtssituation | |
Unterstützt werden die acht Geflüchteten von den Hilfsorganisationen | |
Detention Action, Care4Calais und der britischen Gewerkschaft Public and | |
Commercial Services Union – sie vertritt Angestellte im britischen | |
Grenzschutz. Zudem fordert auch die Flüchtlingskommission der Vereinten | |
Nationen (UNHCR) den Antrag auf ein Prüfverfahren, ob in Ruanda die | |
Mindeststandards für ein zugängliches, zuverlässiges, faires und | |
effizientes Asylsystem gewährleistet seien. | |
Das [3][Abkommen, für das die britische Regierung] inzwischen umgerechnet | |
deutlich mehr als 100 Millionen Euro an die ruandische Regierung gezahlt | |
hat, wurde während der Regierungszeit von Boris Johnson von der damaligen | |
Innenministerin Priti Patel vorgestellt. Die Idee hinter der Maßnahme ist, | |
ein abschreckendes Signal an Flüchtlinge zu senden, die [4][den Ärmelkanal | |
mit kleinen Booten überqueren], um in Großbritannien Asyl zu beantragen. | |
Die Regierung erhofft sich, damit den lebensgefährlichen Überfahrten ein | |
Ende zu setzen. In der vergangenen Woche waren [5][vier Menschen dabei | |
gestorben]. | |
Nachdem das High Court am Montag in London sein Urteil verkündet hatte, | |
äußerten Hilfsorganisationen daran Kritik. James Wilson, stellvertretender | |
Direktor der Gruppe Detention Action, gab an, er sei enttäuscht, dass das | |
Hochgericht Abschiebungen von Flüchtlingen in ein autokratisches Land, in | |
dem Folter und Mord an der Tagesordnung seien, genehmigt habe. | |
Durch die Anhörung kamen interne Nachrichten aus dem Auslandsamt ans Licht. | |
In einer rieten Beamte dem damaligen Außenminister Dominic Raab, die Kritik | |
an der Menschenrechtssituation in Ruanda zu besänftigen. Selbst der | |
britische Botschafter in Ruandas Hauptstadt Kigali hatte gemeldet, dass in | |
der Vergangenheit Flüchtlinge für bewaffnete Überfälle auf Nachbarstaaten | |
rekrutiert worden seien. | |
Labours Schatteninnenministerin Yvette Cooper kritisierte, das | |
Ruanda-Programm sei Ablenkungsmanöver von dringend notwendigen Maßnahmen | |
gegen Schleusergangs und um das Asylsystem wieder instand zu setzen. | |
Die amtierende britische Innenministerin Suella Braverman bezeichnete das | |
Urteil als Sieg und kündigte an, dass sie die Ruanda-Flüge so schnell wie | |
möglich aufnehmen wolle. Allerdings haben die Kläger bereits angekündigt, | |
dass sie Berufung einlegen wollen. Sollte der Antrag auf Berufung genehmigt | |
werden, könnte die Zukunft des Programms vom Supreme Court, dem höchsten | |
Gericht des Landes, entschieden werden. | |
20 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
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