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# taz.de -- Interview über geplante Parteigründung: „Das ärgert uns wahnsi…
> Weil sie von der rot-grünen Regierung seit langem gefrustet sind, wollen
> Bremens Bürgerinitiativen nun mit einer eigenen Partei bei der nächsten
> Landtagswahl antreten.
Bild: Grünflächen auf dem Stadtwerder sind ein Thema der „Initiativen für …
taz: Herr Bomhoff, warum wollen Sie eine neue Partei gründen?
Gerhard Bomhoff: Mir geht es wie vielen BremerInnen: Ich weiß nicht mehr,
wen ich noch wählen soll! Ich fühle mich bei keiner Partei mehr aufgehoben.
Den Frust und die Ohnmacht, die wir in den letzten Jahren in unseren
Bürgerinitiativen erlebt haben, führten uns zu der Überlegung, ob wir nicht
versuchen sollen, eine Alternative zu bieten.
Was ist das Ziel der [1][„Initiativen für Bremen“,] die ja aus zahlreichen
Bürgerinitiativen bestehen?
Wir wollen diese Initiativen erst einmal auf einer anderen Ebene zusammen
führen. Bürgerinitiativen haben ja das Problem: Haben sie ihr Ziel
erreicht, engagieren sich die BürgerInnen meist nicht mehr, haben sie es
nicht erreicht aber noch viel weniger. Für viele ist eine Bürgerinitiative
schon sehr aufwändig. Da bleibt kaum Zeit, auch noch einen Verbund wie
„Initiativen für Bremen“ zu unterstützen, wenn es kein echtes Ziel gibt.
Eine Wählergemeinschaft und die Chancen, darüber doch noch politisch Gehör
zu finden – das könnte so ein Ziel sein.
Aber eine Bürgerinitiative vertritt Partikularinteressen.
Das wirft man uns immer vor! Es geht aber gar nicht nur darum, hier einen
Baum zu behalten oder da eine Straße zu verhindern. Hier gibt es eine große
Gruppe von BremerInnen, die nicht mehr wollen, dass über ihren Kopf hinweg
entschieden wird. Je nachdem, wie es passt, wird vom Senat oder der Stadt
entweder ignoriert, was die Beiräte sagen, oder es dient eben als Argument.
Das passiert immer wieder, ist durchsichtig – und macht uns wütend.
Sind sie politikverdrossen?
Das auf jeden Fall.
Sind ihre UnterstützerInnen nicht genuine Rot-grün-WählerInnen?
Ich würde uns politisch in der Mitte einordnen, mit Tendenz nach links.
Olaf Dinné, einer der Sprecher ihrer Initiative, bekämpfte einst
erfolgreich die Mozarttrasse und war einer der ersten grünen
Landtagsabgeordneten. Zuletzt sympathisierte er mit der
rechtspopulistischen „Bremen muss leben“-Bewegung. Ist das kein Problem?
Je älter wir werden, desto konservativer werden wir. Wenn auch
Konservativere bei uns mitmachen, heißt das ja nicht, dass wir völlig nach
rechtsaußen abdriften und etwa mit der AfD gemeinsame Sache machen. Das
glaube ich auch nicht: Die Leute bei uns kommen aus allen Schichten und
Lagern.
Was verbindet „Rettet die Grüne Lunge Werdersee“ mit „Grünes St. Magnus…
In beiden Fällen gibt es Investoren, die hier in Bremen eine unheimliche
Macht haben und von der Politik unterstützt werden. Und so entstehen am
schönen Werdersee 18 Meter hohe Häuser direkt hinter dem Deich – und die
Senatsbaudirektorin darf ungestraft sagen: „Das passt sich in die
Landschaft ein“. Das ist doch komisch! Und wenn dann Herr Sakuth alle
Grundstücke schon gekauft hat, drei Jahre bevor aus diesem Ackerland ein
Bauland wird, hat das schon ein Geschmäckle…
…weil Peter Sakuth nicht nur Geschäftsführer einer Baufirma ist, sondern
auch ehemaliger SPD-Innensenator?
Er sitzt auch der SPD-Kommission vor, die darüber entscheidet, wer welchen
Listenplatz bekommt. Er hat also unmittelbaren Einfluss auf die
Zusammensetzung der Bau-Deputation. Ein ehemaliger Senator kann nicht
Investor sein: Das passt doch nicht! Das geht uns allen über die Hutschnur!
Und wenn man dann die Leute darauf anspricht, dann heißt es, das sei doch
in Bremen immer so gewesen. Das wollen wir ändern.
[2][2014 wollten sie per Volksbegehren Bremens Grünflächen vor der Bebauung
schützen.] Ist das ihre Kernforderung?
Das ist ein wesentlicher Punkt, der alle Initiativen eint, die sich bei uns
engagieren.
Wo sollen dann all die Wohnungen gebaut werden, die Bremen braucht?
Wir haben mit unserem Projekt „Bauen ohne Flächenfraß“ durchaus
Alternativen angeboten. Wir haben so viele Flächen in Bremen, die noch
nicht bebaut sind, aber schon versiegelt, dass wir nicht die letzten
schönsten Grünflächen angreifen müssen. Für Investoren wie Herrn Sakuth ist
es aber natürlich gar kein Problem, eine Wiese am Werdersee zu bebauen. Das
verkauft sich auch ohne vierfarbige Prospekte sofort. Für eine ehemaligen
Industriebrache in Hemelingen müsste er sich was anderes einfallen lassen.
Bremst das den Wohnungsbau aber nicht dennoch stark aus?
Wir sind ganz bestimmt nicht gegen Wohnungsbau. Die Frage ist nur: Was
bringt es, wenn wir alle Grünflächen bebauen? Wer will denn in einer
Steinwüste leben? Und das Klima verändert sich – dem muss man doch auch
Rechnung tragen. Da kann man nicht einfach sagen: „Wiesen weg!“ Ich möchte
mir in 20 Jahren von meinen Enkeln nicht vorwerfen lassen müssen, ich hätte
nichts getan.
Es gibt ja Bürgerbeteiligung
Der grüne Bausenator Joachim Lohse sagt: Es ist eine Bürgerbeteiligung,
keine Bürgermitentscheidung. Das ärgert uns wahnsinnig! Wenn die Leute nur
informiert werden – und dann auch noch falsch oder unvollständig – kann man
sich das auch schenken. Das kann ich auch in der Zeitung nachlesen.
Wie sollen Bürgermitentscheidungen aussehen?
Als die Leute am Werdersee das erste Mal aufgefordert wurden, sich zu
beteiligen, wurde uns eine komplette Planung vorgelegt. Da war schon alles
eingetütet! Und das Einzige, was sich nach langen Beteiligungsprozessen
geändert hat, war die Tatsache, dass es mehr Wohnungen geworden sind und
noch höher gebaut wurde. Das Einzige, was man da als Bürger noch mit
entscheiden kann, ist die Farbe der Fahrradbügel. Man tut so, als ob man
die BürgerInnen beteiligt, aber es ist alles schon klar. Bürgerbeteiligung
muss doch viel früher ansetzen! So haben wir eine grüne Partei, die
Platanen abhackt, die grüne Wiesen bebaut und ihr grünes Ansinnen längst
aufgegeben hat. Das einzige, was die Politik zugänglich macht, ist die
Angst, nicht gewählt zu werden.
Wenn Sie 2019 ins Parlament einziehen: Wächst dann nicht die Gefahr einer
großen Koalition?
Aber das kann ja nicht bedeuten jetzt nichts zu machen! An der SPD werden
wir nichts ändern und an den Grünen auch nicht. Im Parlament hätten wir
wenigstens die Möglichkeit, noch etwas mehr zu erfahren. Allein das wäre es
schon wert. So werden wir immer als Spinner mit Partikularinteressen
abgetan.
17 Jan 2018
## LINKS
[1] http://initiativen-fuer-bremen.de/
[2] /!5033325/
## AUTOREN
Jan Zier
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Parteigründung
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Ex-Grüne Olaf Dinné.
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