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# taz.de -- Apotheken in der Pandemie: Das Geschäft mit den Masken
> Viele Apotheken machen derzeit satte Gewinne mit staatliche
> subventionierten FFP2-Masken. Aber längst nicht allen geht es deswegen
> gut.
Bild: Spendet die Hälfte seiner Masken-Einnahmen: Simon Oetter in seiner Vikto…
Hamburg taz | Es ist nicht leicht, in diesen Tagen mit Apotheker:innen
zu sprechen. Die Situation sei zu aufgeheizt; viele Medien seien nur darauf
aus, negativ über Apotheken zu berichten, heißt es. Man solle doch in
ein paar Wochen wieder anrufen. Von denen, die reden, aber nicht genannt
werden wollen, erfährt man, dass die Gründe für den Unmut tiefer liegen.
Sie haben mit verletztem Vertrauen zu tun und dem Gefühl, unfair behandelt
zu werden.
Denn auf der einen Seite machen derzeit viele Apotheken hohe Gewinne. Mit
FFP2-Masken, die sie an über 60-Jährige und Menschen mit Vorerkrankungen
oder Beeinträchtigungen verteilen. Apotheken kaufen sie für ein bis zwei
Euro je Maske ein – und bekamen bis zuletzt jede Maske mit sechs Euro vom
Staat erstattet. Das ergab einen satten Gewinn.
Auf der anderen Seite fühlen sich viele Apotheker:innen von der Politik
überrumpelt und benutzt. Man hätte von einem auf den anderen Tag
FFP2-Masken bestellen, verpacken und ausgeben müssen, heißt es. Die
Einkäufe liefen auf Kredit, ohne die Sicherheit, dass die Masken
tatsächlich abgeholt und vollständig gegenfinanziert werden.
Simon Oetter kann den Unmut seiner Kolleg:innen verstehen: „Es gibt
Apotheken, die dauerhaft schließen müssen, weil ihnen die Umsätze
wegbrechen“, sagt er. Andere Apotheken würden mit den Masken jedoch immense
Überschüsse erzielen. Oetters Apotheke im Hamburger Stadtteil Ottensen
gehört dazu. „Wir machen den gleichen Umsatz wie immer. Hinzu kommen die
Einnahmen aus den Masken-Gutscheinen, das ist ein guter Gewinn.“
Oetter hat sich dazu entschieden, die Hälfte des Geldes zu spenden. „Ich
finde, dass die finanziellen Gewinner der Pandemie in der Pflicht stehen.
Und ich bin einer davon.“ Er kaufe die Masken bei einer deutschen Firma,
die ebenfalls einen Teil ihrer Einnahmen spende. Auf diesem Wege könne man
eine ganze Kette in Gang bringen, sagt Oetter.
Ob man Gewinne spende oder nicht, liege in der Entscheidung jedes
Einzelnen, heißt es vom Hamburger Apothekenverein. Ihnen seien keine
Indizien bekannt, die auf unangemessene Gewinne für Apotheken hinwiesen,
sagt Geschäftsführer Thomas Friedrich. Er betont vielmehr, dass Apotheken
unter dem Lockdown litten. Die Menschen suchten weniger Ärzte auf, vielen
Apotheken falle die Laufkundschaft weg.
Ähnlich sieht es ein anderer Apotheker aus Hamburg. Seine Apotheke mache
trotz guter Lage Verluste. Dass der Bund jede Maske mit sechs Euro
erstattet, finde er richtig. „Ich habe kein schlechtes Gewissen“, sagt er
und weist darauf hin, dass die Arzneimittelpreise seit Jahrzehnten nicht
angepasst worden seien. „Das Bild des Apothekers, der mit seinem Mercedes
vorfährt, stimmt schon lange nicht mehr“, sagt er. Stattdessen fiele es
schwer, neues Personal zu finden, da junge Pharmazeut:innen lieber in
die freie Wirtschaft gingen.
Fragt man in weiteren Apotheken nach, ist die Argumentation ähnlich. Ja,
man habe mit den Masken viel Gewinn gemacht. Aber gleichzeitig habe sich
der Arbeitsaufwand erhöht: Man müsse viele Kunden zu den Masken beraten,
außerdem gingen jeden Tag 20 bis 30 Mails von Lieferanten ein, die Masken
verkaufen wollen. „Und alle paar Minuten rufen Leute an und fragen, ob wir
noch Masken haben“, erzählt ein Apotheker. Außerdem habe man die Masken ja
nicht vom Staat erhalten, sondern auf dem freien Markt kaufen müssen.
Dadurch hätten manche Apotheken Masken bestellt, die nicht verifiziert
gewesen seien. Auf denen würden sie nun sitzen bleiben.
In Simon Oetters Apotheke merke man den neuen Aufwand ebenfalls. „Teilweise
gehen die Erholungsphasen drauf“, sagt er. Er habe jedoch weder die
Arbeitsstunden erhöhen noch neue Mitarbeiter:innen einstellen müssen.
„Es ist zusätzlicher Aufwand. Aber auch die neue Kostenpauschale deckt das
gut ab“, sagt er.
Denn das Bundesgesundheitsministerium hat beschlossen, die Vergütung für
FFP2-Masken zu reduzieren. Seit dem 10. Februar erstattet der Staat nicht
mehr sechs Euro je Maske, sondern 3,30 Euro plus Mehrwertsteuer. Das macht
rund 3,90 Euro. Die Pauschale sei deshalb gekürzt worden, weil sich die
Einkaufspreise stabilisiert hätten, heißt es aus dem Ministerium.
„Damit hat der Staat den Vertrauensschutz verletzt“, sagt die
Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA). Der Lobbyverband
macht deutlich, dass Apotheker:innen Masken in dem Glauben gekauft
hätten, sechs Euro erstattet zu bekommen. „Wir haben uns auf die
Verlässlichkeit des Gesetzgebers eingestellt“, heißt es von der ABDA.
Simon Oetter sieht das anders: „Ich finde, dass der Staat spontan handeln
muss, wenn die Einkaufspreise für Masken sinken. Es sind nun mal
Steuergelder, die korrekt eingesetzt werden müssen.“
Eine erste Spende hat Oetter bereits an den Verein Hanseatic Help
überwiesen. Weitere sollen folgen.
17 Feb 2021
## AUTOREN
Finn Starken
## TAGS
Apotheken
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