# taz.de -- Angriff am Hauptbahnhof in Frankfurt: Viele Fragen sind offen | |
> Nach dem Tod eines Kindes, das vor einen Zug gestoßen wurde, vereinnahmen | |
> Rechte den Angriff. Ermittler suchen nach dem Motiv des Tatverdächtigen. | |
Bild: Ein Polizist legt an einer Stelle im Frankfurter Hauptbahnhof Blumen nied… | |
BERLIN taz/dpa | Nach dem tödlichen Angriff am Frankfurter Hauptbahnhof | |
wird Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) an diesem Dienstag aus dem | |
Urlaub nach Berlin kommen und sich mit den Chefs der Sicherheitsbehörden | |
beraten. Um 15 Uhr will er in einer Pressekonferenz über die Ergebnisse | |
informieren. Bislang sind noch viele Fragen offen, insbesondere die nach | |
dem Motiv des mutmaßlichen Täters. Nach ersten Ermittlungen kannte dieser | |
seine Opfer nicht. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat er sich bislang | |
nicht geäußert. Er wird am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt. | |
Der 40-Jährige soll am Montag einen achtjährigen Jungen und dessen | |
40-jährige Mutter vor einen einfahrenden ICE auf die Gleise gestoßen haben. | |
Während sich die Mutter der Polizei zufolge auf einen Fußweg zwischen zwei | |
Gleisen retten konnte, starb der Junge an den schweren Verletzungen. Eine | |
dritte Person, die ebenfalls auf dem Bahnsteig angegriffen wurde, konnte | |
sich in Sicherheit bringen, ohne in die Gleise zu stürzen. Der | |
Tatverdächtige flüchtete, wurde von Passanten verfolgt und später von der | |
Polizei außerhalb des Bahnhofs festgenommen. | |
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt wegen eines Tötungsdelikts und | |
wertet Videoaufnahmen aus. Nach ersten Ermittlungen handelt es sich bei dem | |
mutmaßlichen Täter um einen Mann mit eritreischer Staatsbürgerschaft, nach | |
Informationen der dpa wohnt er in der Schweiz. | |
Am vergangenen Samstag war es im Bahnhof der niederrheinischen Stadt Voerde | |
zu einem ähnlichen Angriff gekommen. Dort war eine 34 Jahre alte Frau vor | |
einen Regionalzug gestoßen worden und ums Leben gekommen. Der 28-jährige | |
Tatverdächtige sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Der | |
mutmaßliche Täter und das Opfer kannten sich den Ermittlern zufolge ebenso | |
wie im Frankfurter Fall nicht. | |
## Treffen im Innenministerium | |
Bei dem Treffen im Bundesinnenministerium soll es nach dpa-Informationen | |
neben den Attacken an den Bahnhöfen auch um Angriffe und Drohungen gegen | |
Vertreter der Linkspartei gehen, um Bombendrohungen gegen Moscheen sowie | |
den rassistisch motivierten [1][Angriff auf einen Eritreer im hessischen | |
Wächtersbach]. | |
Seehofer kritisierte am Montag vorschnelle Äußerungen zu dem tödlichen | |
Angriff in Frankfurt und betonte, dass die Hintergründe für „das | |
abscheuliche Verbrechen“ noch unklar seien. „Ich nehme zur Kenntnis, dass | |
in Teilen der Öffentlichkeit bereits jetzt eine Bewertung des Sachverhalts | |
vorgenommen wird“, so der Innenminister. „Dies ist seriös aber erst | |
möglich, wenn die Hintergründe aufgeklärt sind.“ | |
Damit dürfte Seehofer Äußerungen der AfD und auf zahlreichen rechten | |
Plattformen gemeint haben, in denen, sofort nachdem Hinweise auf die | |
Herkunft des Tatverdächtigen bekannt wurden, Zusammenhänge zur Asylpolitik | |
hergestellt, der Bundesregierung eine Mitschuld an der Tat unterstellt und | |
gegen Geflüchtete gehetzt wurde. | |
## Sicherheit an deutschen Bahnhöfen | |
Die Attacke im Frankfurter Hauptbahnhof löste auch eine Debatte über die | |
Sicherheit an Bahnhöfen aus. Der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor sagte: | |
„Nach dieser furchtbaren Straftat braucht es jetzt rasche und spürbare | |
Konsequenzen für den Täter. Zusätzlich zum Strafverfahren sollten auch | |
aufenthaltsbeendende Maßnahmen diskutiert werden. Darüber hinaus bin ich | |
offen für eine Diskussion über bessere Sicherheitsvorkehrungen an unseren | |
Bahnhöfen.“ | |
Der SPD-Verkehrsexperte Martin Burkert kritisierte in der Bild eine | |
unzureichende Aufsicht an den Bahnsteigen, außerdem fehle es an den | |
Bahnhöfen an Bundespolizisten. Aus Sicht der Vorsitzenden der | |
Verkehrsministerkonferenz, Anke Rehlinger (SPD), sind Taten wie in | |
Frankfurt durch Sicherheitsmaßnahmen allerdings nicht zu verhindern. Dem | |
Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte die saarländische Verkehrsministerin: | |
„Eine solche Tat offenbart keine Sicherheitslücke, sondern eine | |
Menschlichkeitslücke.“ | |
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), | |
Jörg Radek, warnte unterdessen vor Nachahmungstätern. Aus Großstädten wie | |
Berlin seien Fälle sogenannter S- und U-Bahn-Schubser schon länger bekannt. | |
„Die Polizei versucht sich nach jedem Fall präventiv besser einzustellen. | |
Bei Taten, die vorsätzlich geschehen, stößt sie jedoch an ihre Grenzen“, | |
sagte Radek. Angesichts von 5.600 Bahnhöfen und Haltestellen in Deutschland | |
dürfe nicht mit schnellen Lösungen gerechnet werden. „Die sind alle so | |
unterschiedlich strukturiert, dass es schwer sein dürfte, ein Konzept für | |
alle zu entwickeln.“ Forderungen nach mehr Personal bezeichnete der | |
GdP-Vize als unseriös. | |
30 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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