# taz.de -- Aktuelle Lage in Israel: Tunnelstrategie sorgt für Wut | |
> Geiselangehörige äußern scharfe Kritik an Netanjahu. Israel genehmigt den | |
> Bau von 1.700 neuen Wohnungen in Ostjerusalem. | |
Bild: Blick vom Süden Israels auf das Bombardement im Gazastreifen am 6. Dezem… | |
BERLIN taz | Benjamin Netanjahu bemüht sich um Bilder der Stärke: Israel | |
habe mehr als die Hälfte der Bataillonskommandeure [1][der Hamas] getötet, | |
sagte der israelische Ministerpräsident in einer Pressekonferenz am | |
Dienstagabend. Israel geht davon aus, dass die Terrororganisation insgesamt | |
24 Bataillone hat. | |
Netanjahu betonte zudem erneut, dass Israel noch lange nach dem Ende des | |
Krieges die Kontrolle über die Sicherheit im Gazastreifen behalten müsse. | |
Eine Kontrolle [2][durch internationale Kräfte] lehnte er ab. Israel werde | |
außerdem alles unternehmen, um die von der Hamas verschleppten Geiseln | |
zurückzubringen. | |
Nur wenige Stunden zuvor war es jedoch bei einem Treffen des | |
Kriegskabinetts mit Familienangehörigen von Hamas-Geiseln und inzwischen | |
freigelassenen Geiseln laut geworden. Die Familien und die Freigelassenen | |
äußerten Wut über die Regierung und extreme Sorge um die sich noch im | |
Gazastreifen befindenden Israelis. Sie forderten die Regierung auf, sofort | |
alles zu unternehmen, um sämtliche Geiseln zurückzubringen. | |
Bei dem Treffen sprachen die freigelassenen Geiseln laut Medienberichten | |
auch davon, wie die Bombardierungen Geiseln unmittelbar bedroht hätten: | |
„Ihr behauptet, es gebe Geheimdienstinformationen, aber Tatsache ist, dass | |
wir bombardiert wurden“, wird eine der freigelassenen Geiseln zitiert. Zu | |
den zuletzt bekannt gewordenen Überlegungen Israels, die Hamas-Tunnel mit | |
Meerwasser zu fluten, sagte eine der freigelassenen Frauen laut | |
israelischen Medien über ihren noch im Gazastreifen gefangengehaltenen | |
Mann: „Er wurde in die Tunnel gebracht, und ihr sprecht darüber, die | |
[3][Tunnel mit Meerwasser] zu fluten. Für euch ist Politik wichtiger als | |
die Geiseln.“ | |
Die freigelassenen Geiseln berichteten demzufolge außerdem von | |
sexualisierter Gewalt während ihrer Gefangenschaft. Eine Ärztin, die die | |
Freigelassenen behandelt, sagte unabhängig von dem Treffen, dass mindestens | |
10 der 120 freigelassenen Geiseln sexuell missbraucht worden seien. | |
Ein Vertreter des Gesundheitsministeriums sagte zudem, dass die Geiseln vor | |
ihrer Freilassung von der Hamas Beruhigungspillen verabreicht bekommen | |
hätten. Es wird davon ausgegangen, dass dies den Zweck hatte, die Menschen | |
nach ihrer mehr als 50-tägigen Geiselhaft ruhig und glücklich erscheinen zu | |
lassen. | |
Währenddessen rückte das israelische Militär am Mittwoch weiter Richtung | |
Chan Junis im Süden des Gazastreifens vor und liefert sich dort schwere | |
Gefechte mit Hamas-Kämpfern. Die Gegend um die Großstadt werde von | |
israelischen Einheiten umzingelt, sagte Israels Generalstabschef Herzi | |
Halevi. Tausende Bewohner*innen flohen vor dem Beschuss der Stadt und | |
den Kämpfen, die zu den intensivsten seit Kriegsbeginn zählten. Die Armee | |
hatte sie zur Flucht in westliche Viertel der Stadt sowie nach Rafah an der | |
Grenze zu Ägypten aufgefordert. Medienberichten zufolge lebten Zehntausende | |
Menschen in Zelten in den Straßen der Stadt Chan Junis, es fehle an | |
Nahrungsmitteln, Wasser und Unterkünften. | |
In diese Lage platzte am Mittwochnachmittag die Nachricht, dass Israel | |
1.700 [4][neue Wohneinheiten] in einer Siedlung in Ostjerusalem genehmigt | |
hat. Dies berichtete die israelische Organisation Peace Now und | |
kommentierte: „Die israelische Regierung unterminiert damit weiterhin | |
jegliche realisierbare Zweistaatenlösung.“ | |
6 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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