# taz.de -- AOK-Magazine des Bauer-Verlags: Copy cat | |
> Viele Postillen des Bauer-Verlag sind voller Zweitverwertung. So auch | |
> beim neuen Corporate Publishing-Projekt: den AOK-Magazinen. | |
Bild: Tiere gehen immer | |
Wer in diesen Tagen die Mitgliedspostille seiner Krankenversicherung aus | |
dem Briefkasten fischt, kriegt natürlich – nein, nicht Corona. Sondern | |
Kätzchen! Zumindest wer der AOK in vielen Regionen Deutschlands seine | |
Gesundheit anvertraut. Das Kätzchen guckt ziemlich müde aus seiner | |
Katzenwäsche. In der zur müden Katze gehörigen Geschichte geht’s um | |
gesundes Schlafen, und das alles wäre ja auch irgendwie süß und eigentlich | |
völlig in Ordnung. | |
Wenn a) nicht gerade mit der tödlichen [1][Corona-Pandemie] ein extrem | |
wichtiges Gesundheitsthema so präsent wäre und b) Katzen wie | |
Schlafgeschichten nicht schon mal mehr oder weniger genau so in diversen | |
anderen Postillen [2][der Hamburger Verlagsgrupppe Bauer] erschienen wären. | |
Bauer macht seit diesem Jahr nämlich die AOK-Magazine, von denen es | |
verwirrend viele gibt, dazu später mehr. Corporate Publishing nennt sich | |
das und ist ein dickes Geschäft. Rund zehn Millionen Euro soll der | |
Vier-Jahre-Deal der AOK mit Bauer und der Berliner Agentur Serviceplan wert | |
sein, und dafür sollte man eigentlich ein bisschen mehr erwarten als | |
schnödes Plagi – äh: Zweitverwertung. | |
Nun ist der Heinrich-Bauer-Verlag ja als listiger Sparfuchs in der Branche | |
bekannt. Der Laden leistet sich zum Beispiel einen ganzen Chefredakteur für | |
acht Titel, und dieser Uwe Bokelmann habe auch bei dem AOK-Konzept kräftig | |
mitgemischt, ist bei der Gesundheitskasse zu hören. Bokelmann sagt gerne | |
Sachen wie: „Zeitschriften müssen neue Aspekte aufzeigen, überraschen, | |
inspirieren und Geschichten erzählen, die man eigentlich gar nicht gesucht | |
hat. Auch, weil man gar nicht wusste, dass es sie gibt. Das kann das | |
Internet nicht, das können nur Magazine.“ | |
## Bauer bleibt sich treu | |
So was Aufregendes hatte sich offensichtlich auch die AOK vorgestellt. | |
Blöderweise haben sie dann aber vergessen, sich mal den Bauer-Verlag | |
genauer anzugucken. Da wird ein und dieselbe Idee/Geschichte/Inhalt auch | |
über zig Titel gestreckt. | |
Bleibt einem ja auch gar nichts anderes übrig, wenn man gefühlt 20 | |
TV-Programmies, 15 Goldene Blättchen mit Herz usw. macht. Bauer ist sich | |
also treu geblieben, und wer jetzt mit dem Spruch von den dümmsten Bauern | |
und den dicksten Kartoffeln ankommt, liegt zwar richtig, ist aber trotzdem | |
gemein. | |
Die AOK reagiert derweil trotzig verschnupft: Weil die Zeit gedrängt habe – | |
Bauer/Serviceplan ist ja neu –, habe „sich die AOK-Gemeinschaft dazu | |
entschieden, vereinzelt Artikel vom Heinrich Bauer Verlag zu übernehmen, | |
die bereits in Magazinen des Verlags erschienen sind und von den Lesern | |
besonders positiv rezipiert wurden“. Das glauben wir jetzt mal, auch wenn | |
es schlecht geflunkert klingt. Wegen des „ Anspruchs der AOK-Gemeinschaft, | |
ausschließlich exklusive Inhalte zu publizieren, wird die AOK in Zukunft | |
auf Zweitverwertungen verzichten“. | |
Falls Sie übrigens bis hierher gelesen haben und unter 70, alleinstehend | |
und männlich sind, müssen Sie alles sofort wieder vergessen! Denn die | |
AOK-Magazine gibt es nur für vier verschiedene Zielgruppen: für Familien | |
mit Kindern, Frauen bis 50, Frauen über 50 und Senioren über 70. Männer | |
interessieren sich eben nicht so für Gesundheit, [3][höchstens die ihrer | |
Autos]. Auch das scheint Bauer der AOK klargemacht zu haben. Das alte | |
AOK-Magazin bleib gesund hatte dagegen auch was für Kerle übrig. | |
14 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746 | |
[2] /Bauer-Verlag-im-Nationalsozialismus/!5653985 | |
[3] /Wehwehchen-aelterer-Maenner-und-Autos/!5633470 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
## TAGS | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
AOK | |
Bauer-Verlag | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
DuMont Mediengruppe | |
Vergangenheitsbewältigung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Lesen im Zug: Gute Laune im Unglück | |
Die aktuelle Ausgabe des Magazins „Leselok“ beweist, dass die Bahn sogar | |
Selbstironie kann. Und wie sieht's bei der ARD im Vergleich aus? | |
Verkauf der „Mitteldeutschen Zeitung“: Die Gefahr des Monopols | |
DuMont verkauft die „Mitteldeutsche Zeitung“ in Halle an die Bauer Media | |
Group. Die hat sich bisher nicht sehr arbeitnehmerfreundlich gezeigt. | |
Bauer Verlag im Nationalsozialismus: Image und Umsatz | |
Der Bauer Verlag will seine Geschichte zwischen 1933 und 1945 durchleuchten | |
lassen. Der Anstoß zur Aufklärung kommt mal wieder von außen. | |
Bauer-Verlag vs. Presse-Grossisten: Netzneutralität in der analogen Welt | |
Zentralvermarktung der Pressegrossisten adé: Die Bauer Media Group kippt | |
vor Gericht die bisherige Regelung. Die Verlierer planen nun ein neues | |
Gesetz. |