# taz.de -- 50 Jahre RAF-Gründung: Erinnern statt verzweifeln | |
> Vor 50 Jahren wurde Andreas Baader befreit. Für junge Linke spielt er | |
> heute keine Rolle mehr. Die Geschichte könnte die Jungen aber einholen. | |
Bild: Who the fuck is Andreas Baader? Das Foto zeigt ihn mit Gudrun Ensslin im … | |
Am Donnerstag hätte in dieser Zeitung an die sogenannte Geburtsstunde der | |
RAF erinnert werden können. Viele Medien im deutschsprachigen Raum griffen | |
den 50. Jahrestag der Befreiung von Andreas Baader, [1][des „unumstrittenen | |
Anführers“ (Tagesspiegel) der Baader-Meinhof-Gruppe,] auf – und | |
ausgerechnet die taz, die doch nicht zuletzt als Reaktion auf die | |
Begleitumstände des blutigen Endes der ersten RAF-Generation im „Deutschen | |
Herbst“ gegründet wurde, macht sich einen schlanken Fuß? | |
Nicht dass wir das Thema etwa verschlafen hätten: Aber mit der Prämisse, | |
dass niemand mehr die nun wirklich erschöpfend ausgebreiteten | |
Terroranekdoten von Menschen über 60 noch lesen mag: Die jüngeren Linken | |
und Engagierten interessiert Andreas Baaders coole Autoknackerpose schlicht | |
nicht. | |
Offensichtlich werden Wrackteile dessen selbstverliebten Dandydenkens heute | |
eher bei der Rechten angeschwemmt, [2][bei schreibend durchdrückenden | |
Neoliberalen etwa], die in ihrem Leben allerdings nie ein größeres Risiko | |
eingegangen sind als das, beim rasenden Ausleben ihrer Freiheit | |
versehentlich einen Rentner zu überfahren. Aber in ihrer Perspektive wäre | |
der ja eh demnächst an Covid-19 gestorben. | |
## Die Anti-RAF-Linke und der Staat | |
All das lächerliche Distinktionsgehabe, die irr-egomane | |
Realitätsverfehlung, die vulgär ausgestellte soziale Inkompetenz sind bei | |
jungen Linken aus der Mode gekommen, haben sich jedoch problemlos in | |
[3][die Niederungen rechter Blogger,] Spesenritter und | |
Verschwörungstheoretiker integrieren lassen: Was die Vermutung nahelegt, | |
dass die BRD-RAF von Anfang an so wenig links war wie die | |
DDR-Staatssicherheit. | |
Die etwas biedere, aber unschlagbar diverse Linke von heute, die Bäume | |
besetzt und Tiere aus Todesboxen befreit; die sich identitätspolitisch | |
geschult nicht mit dem Verweis auf Nebenwidersprüche abspeisen lässt, wenn | |
sie hier und heute radikal Rassismus, Sexismus und die Zerstörung unser | |
aller Lebensgrundlagen bekämpft – diese Anti-RAF-Linke steht allerdings vor | |
einer Herausforderung: | |
Wenn der Staat, den sie doch mit ins Boot nehmen möchte, die Nazis noch | |
einmal von Leuten wie Hans-Georg Maaßen bekämpfen lässt [4][und es | |
ignoriert, wenn nicht fördert, dass der Rechtsterrorismus eine Blutspur | |
durchs Land zieht:] Dann könnte auch diese Linke in Verzweiflung geraten – | |
und in Versuchung. Und um der zu widerstehen, wird sie sich früher oder | |
später eben doch damit auseinandersetzen müssen, wie es zum 14. Mai 1970 | |
kommen konnte. | |
16 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/baader-befreiung-am-14-mai-1970-die-gebu… | |
[2] /Ulf-Poschardts-Buch-Muendig/!5670943 | |
[3] /Blogger-der-Welt-Don-Alphonso/!5641160 | |
[4] /Ein-Jahr-Urteil-im-NSU-Prozess/!5606374 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
## TAGS | |
Rote Armee Fraktion / RAF | |
Geht's noch? | |
Rote Armee Fraktion / RAF | |
ZDF | |
Rote Armee Fraktion / RAF | |
Rote Armee Fraktion / RAF | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Jella Haase und die RAF: Fack ju Kapitalismus | |
Schauspielerin Jella Haase sprach in einem Interview über die RAF. Nun wird | |
ihr eine Nähe zu dieser unterstellt. Doch das ist verkürzt. | |
Fernsehfilm über die RAF: Darf man das? | |
Der ZDF-Zweiteiler „Der Mordanschlag“ nimmt sich erstaunliche Freiheiten in | |
der Umdeutung von Nachwendezeit und RAF-Terrorismus. | |
Neuer Podcast über RAF-Terroristen: Im Dialog mit Vater Staat | |
Ein Podcast nimmt die HörerInnen mit auf die Suche nach RAF-Terroristen der | |
3. Generation: eine spannende Erzählung mit kleineren Mängeln. | |
Ex-RAF-Mitglied entschuldigt sich: Ein Anfang, immerhin | |
Silke Maier-Witt hat sich auf ein Treffen mit dem Sohn des ermordeten | |
Hanns-Martin Schleyer eingelassen – und sich entschuldigt. |