| # taz.de -- Härtere Migrationspolitik: Deutschland schiebt erstmals seit 2011 … | |
| > In Syrien töten Milizen Hunderte Zivilist*innen, Terrorgruppen | |
| > begehen Anschläge. Deutschland hat nun trotzdem einen Mann dorthin | |
| > abgeschoben. | |
| Bild: Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan von der Koalition gewollt (Symb… | |
| Zum ersten Mal seit Ausbruch des Syrienkriegs 2011 hat Deutschland eine | |
| Person in das verwüstete Land abgeschoben. Wie das Bundesinnenministerium | |
| mitteilte, wurde ein vorbestrafter 37-jähriger Mann am Dienstagvormittag | |
| den Behörden in Damaskus übergeben. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt | |
| (CSU) erklärte: „Unsere Gesellschaft hat ein berechtigtes Interesse daran, | |
| dass Straftäter unser Land verlassen.“ Es gehe um „Kontrolle, Konsequenz | |
| und klare Kante.“ | |
| Fast zeitgleich mit dem Flug nach Syrien wurde laut Bundesinnenministerium | |
| eine weitere Person nach Afghanistan abgeschoben. In einer Pressemeldung | |
| hieß es, mit den Behörden in Afghanistan und Syrien gebe es nun | |
| „Vereinbarungen darüber, dass Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern | |
| künftig regelhaft stattfinden können“. Wie genau diese aussehen, ist | |
| bislang unklar. Kontakte zu den islamistischen Taliban, die Afghanistan | |
| brutal beherrschen, sind hochumstritten. | |
| Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan waren schon länger erklärtes Ziel | |
| von Innenminister Dobrindt. Während die ersten Flüge nach Afghanistan | |
| bereits im Sommer stattfanden, ging es im Falle Syriens langsamer voran. | |
| Die demokratische Opposition im Bundestag sowie Hilfsorganisationen | |
| kritisierten die Pläne von Anfang an als menschenrechtswidrig und grausam. | |
| Die politische Lage in Syrien bleibt unübersichtlich, [1][seit Rebellen vor | |
| etwa einem Jahr den Langzeitdiktator Baschar al-Assad stürzten]. Der neue | |
| Machthaber, Rebellenführer Ahmed al-Scharaa, gibt sich liberal. Doch in der | |
| Vergangenheit galt er als Anführer der dschihadistischen Al-Nusra-Front und | |
| stand auf Terrorlisten westlicher Regierungen. | |
| ## Die Lage in Syrien: Kämpfe, Massaker und Zerstörung | |
| Mit al-Scharaas Machtübernahme endete zwar der offene Krieg, und die | |
| systematische Folter- und Mordpolitik des Assad-Regimes fand ein Ende. | |
| Dennoch kommt es weiterhin zu Kämpfen zwischen Milizen, Anschlägen und | |
| Massakern. So ermordeten islamistische Milizen im März 2025 hunderte | |
| alawitische Zivilist*innen in Küstenregionen. Die Regierungstruppen | |
| griffen nicht ein und waren teils selbst beteiligt. | |
| Ähnliches geschah im Sommer in Suweida, [2][wo sunnitische Milizen mit | |
| Unterstützung der Regierung ein Massaker an Hunderten Drusen verübten]. | |
| Auch der sogenannte Islamische Staat (IS) bleibt aktiv. Zuletzt verübte er | |
| einen Anschlag auf US-Truppen in Syrien, bei dem zwei Soldaten und ein | |
| Übersetzer starben. | |
| Zudem ist die Zerstörung nach über 10 Jahren Krieg in Syrien enorm. [3][Der | |
| deutsche Außenminister Johann Wadephul hatte sich bei einem Staatsbesuch im | |
| Herbst erschüttert über die Trümmerlandschaften in einem Ortsteil von | |
| Damaskus gezeigt] und gesagt: „Hier können wirklich kaum Menschen richtig | |
| würdig leben.“ | |
| Das Innenministerium rechtfertigt die Abschiebung nun mit dem Hinweis, es | |
| handle sich um Straftäter. Der am Dienstag abgeschobene Mann war in | |
| Nordrhein-Westfalen wegen schweren Raubes, Körperverletzung und Erpressung | |
| verurteilt worden. Auch die bisherigen Abschiebungen nach Afghanistan | |
| betrafen ausschließlich Straftäter. | |
| Doch der Koalitionsvertrag von Union und SPD deutet an, dass es nicht dabei | |
| bleiben wird. Dort heißt es, man wolle „beginnend mit Gefährdern und | |
| Straftätern“ wieder nach Syrien und Afghanistan abschieben. Langfristig | |
| könnten also auch unbescholtene Syrer und Afghanen betroffen sein. | |
| Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatten im Herbst für | |
| große Ängste in der syrischen Community Deutschlands gesorgt: „Es gibt | |
| jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland und deswegen können wir | |
| auch mit Rückführungen beginnen“. Spätestens seitdem gibt es Befürchtunge… | |
| dass Schutzzusagen für Syrer*innen bald in großem Umfang zurückgenommen | |
| werden könnten. | |
| Aktualisiert und ergänz am 23.12.2025 um 15:15 Uhr. d. R. | |
| 23 Dec 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Frederik Eikmanns | |
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