| # taz.de -- Weihnachten und Family-Business: Firmenchefs und Rechtsextremismus | |
| > Eigentum verpflichtet. Das musste auch der Verband der | |
| > Familienunternehmer einsehen, nachdem er die Brandmauer zur AfD sprengen | |
| > wollte. | |
| Bild: Familien-unternehmer Friedrich Karl Flick hatte die falschen Partner. Zwi… | |
| Da Weihnachten der Familie gewidmet ist – sowohl die Erzählung als auch die | |
| Feier –, soll hier daran erinnert werden, wie Familie in letzter Zeit im | |
| Politischen in Erscheinung getreten ist. | |
| Da war etwa der Verband der Familienunternehmer. Das ist eine jener | |
| Organisationen, die im Hintergrund agieren – ohne dass die Öffentlichkeit | |
| so genau Bescheid weiß, wofür sie sich einsetzt. Eine Lobbyorganisation | |
| also. Und dann ist ihr das passiert, was einer solchen nicht passieren | |
| sollte: Sie geriet in die Schlagzeilen. Schlimmer noch: in negative | |
| Schlagzeilen. | |
| Der Verein hatte einen AfD-Wirtschaftspolitiker zu seinem Parlamentsabend | |
| eingeladen. Mehr noch als diese Einladung waren es die Aussagen der | |
| Vorsitzenden Marie-Christine Ostermann, die Wellen schlugen. So meinte | |
| diese, die „Brandmauer“ müsse weg, die AfD werde „ausgegrenzt“ und man | |
| solle über diese nicht ausschließlich in den Kategorien „gut und böse“ | |
| reden. | |
| Da half dann auch die halbgare Versicherung, man wolle die AfD inhaltlich | |
| „stellen“, nichts mehr: Was dann folgte, machte die ganze Sache zu einem | |
| „nachhallenden Ereignis“, wie die Süddeutsche Zeitung schrieb. | |
| Etliche prominente Unternehmen – wie etwa die Drogeriekette Rossmann, die | |
| Hausgeräte Firma Vorwerk und der Getränkehersteller Fritz-Kola – traten | |
| durchaus öffentlichkeitswirksam aus dem Verein aus. | |
| Medial – und wohl auch intern – hagelte es scharfe Kritik. Sodass der | |
| Verein, um Schadensbegrenzung bemüht, [1][einen Rückzieher machte,] seinen | |
| Vorgang als Fehler bezeichnete und sich gegen die AfD positionierte. | |
| Der große Aufruhr, den die Sache auslöste, kam natürlich von den | |
| historischen Assoziationen, die solches weckt. Deutsche Firmenchefs und | |
| Rechtsextremismus – keine gute Erinnerung. Aber jenseits dieser | |
| unmittelbaren Assoziation hatte die Sache noch etwas anderes sichtbar | |
| gemacht – das, was in der Bezeichnung „Familienunternehmen“ mitschwingt. | |
| Auch wenn in dem Verband mittelständische Unternehmen ebenso wie Konzerne | |
| organisiert sind, so weckt „Familienunternehmen“ Assoziationen zu einem | |
| sehr spezifischen Wirtschaftsmodell. Zu einer wesentlich älteren | |
| ökonomischen Tradition. Zu einer, auf die man nach dem Kriege gern | |
| zurückgegriffen hat. | |
| ## Familie steht für Glaubwürdigkeit | |
| „Familienunternehmen“ kommt eine besondere Glaubwürdigkeit zu. Nicht nur in | |
| der deutschen Öffentlichkeit, die sich mit ihren großen Marken | |
| identifiziert. Auch weltweit hat die moralische Haltung, die diese | |
| garantieren sollen, die Aufnahme deutscher Produkte nach 1945 befördert. | |
| Diese Glaubwürdigkeit, diese moralische Haltung beruht auf der | |
| [2][„protestantischen Ethik“,] die Max Weber dargelegt hat. Diese besteht | |
| in einer Gleichsetzung von Religion und Wirtschaft: Arbeit und | |
| Unternehmertum – mit Hingabe, Fleiß, Disziplin und Sparsamkeit ausgeübt – | |
| gelten als gottgefällige Pflichten. Die Erfüllung des Berufs bedeutet somit | |
| die Erfüllung des göttlichen Rufs. Und Erfolg wird da zum Zeichen der | |
| Erwählung. | |
| Säkularisiert blieb davon die bürgerliche Berufsethik über, wo sich | |
| Religion und Moral im wirtschaftlichen Handeln realisieren. [3][Thomas | |
| Mann] hat der protestantischen Ethik in den „Buddenbrooks“ ein Denkmal als | |
| tragende Säule deutscher Patrizierfamilien gesetzt. | |
| Ein Wirtschaftsethos, das bis heute nachhallt, wenn die Firmen erinnert | |
| werden: Eigentum verpflichtet! Und wenn diese sich beeilen, ihre | |
| moralischen Werte öffentlich zu bekräftigen. Zumindest aus | |
| Reputationsgründen. | |
| ## Trumps Family-Business | |
| Familienökonomie hat heute ja wieder große Konjunktur. Aber der Kontrast | |
| zur wiederbelebten deutschen Familientradition könnte nicht größer sein. | |
| Denn heute macht ein Family-Busines ganz anderer Art Karriere. Ob in Gaza | |
| oder in der Ukraine – die Trumpisten verbinden Familie, Geschäft und | |
| Politik auf ihre Art: Geopolitik als privates Geschäftsmodell. | |
| Während die Trumpisten Politik zum Family-Business degradieren, erinnern | |
| sich in Deutschland Familienunternehmer an ihre politische Verantwortung. | |
| Zumindest aus Reputationsgründen. | |
| Wir leben in einer Welt, wo das Image einer Firma, also das Gerücht, die | |
| letzte zivilisierende Kraft zu sein scheint. | |
| 24 Dec 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Isolde Charim | |
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