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# taz.de -- Zu Besuch bei Jane Austen in Chawton: Pride und Pepperoni Pizza
> Ein Besuch in Chawton, wo Jane Austen lebte. In Großbritannien sind ihre
> Romane Schullektüre. Dieses Jahr ist um sie ein regelrechtes Fieber
> entbrannt.
Bild: Ein bisschen hineinbegeben in die ländlich-bürgerliche Aura: eine Besuc…
Eine kleine Gruppe hat sich in bunten Gewändern des 18. Jahrhunderts
verkleidet und fotografiert sich gegenseitig im Hof des Hauses, in dem Jane
Austen die letzten acht Jahre ihres Lebens verbrachte. Das rote
Backsteinhaus ist heute ein Museum, es steht in Chawton, einem kleinen Dorf
im Südwesten Englands. Zum 250. Geburtstag der Schriftstellerin gibt es ein
Programm voller Vorlesungen, Führungen und Workshops.
Im Vorraum des Hauses stößt der Reporter auf Karen Phethean und Martyn
Dell. Beide sind eigentlich in Rente gegangen, arbeiten aber als
Museumsangestellte auf freiwilliger Basis weiter. „Dieses Jahr ist mit
56.000 Besucher:innen aus der ganzen Welt ein Rekordjahr“, bemerkt
Dell. Der Andrang habe aber schon [1][mit den TV-Verfilmungen] von Jane
Austens Romanen begonnen, im Museum ist ihnen ein ganzer Raum gewidmet.
In der alten Küche nebenan wurde die historische Szenerie nachgebaut. Dort
trifft man auf Ines Vicente, die 42 Jahre alte Sozialarbeiterin aus San
Sebastián ist in England auf Urlaub. „Jane Austen ist eine Inspiration für
alle Frauen“, sagt sie. „Ich bin Mitglied eines Bücherklubs, in dem wir nur
Werke von Frauen lesen. Jane Austen war die erste Autorin, die wir lasen.“
In England ist Austen Pflichtlektüre an den Schulen. „Abgesehen vom
mitreißenden Liebesdrama kann man von Austen einiges über das Spielen mit
verschiedenen Perspektiven durch die Erzähler:innen lernen“, sagt
Louise Curran, Literaturexpertin an der University of Birmingham. Hinzu
käme die von ihr beschriebene Welt der Regeln, der starren Rangordnung und
der Höflichkeit.
## Jane-Austen-Gummienten
Jane Austen ist den Briten immens wichtig. Seit 2017 ist sie eine von nur
zwei Frauen auf britischen Geldnoten. In der westenglischen Stadt Bath, wo
Austen zwischen 1801 und 1806 relativ unglücklich lebte, ist die Autorin
ein touristisches Aushängeschild. Es gibt Hotels, die Besucher:innen in
das 18. Jahrhundert zurückversetzen wollen. Austen-Stadtführungen werden
angeboten. Theater und Bälle finden statt, am 13. Dezember aus Anlass des
250. Geburtstages etwa im Pump Room, den Austen bereits in ihren Romanen
beschrieben hat.
Ein alljährliches internationales Jane-Austen-Filmfest gibt es in Bath
auch, mit einer nicht abebbenden Welle der Verfilmungen ihrer Romane, der
Dokumentationen und Hörspiele. „Zum Jane-Austen-Fest im September
promenierten 3.000 Menschen in Gewändern der damaligen Zeit durch die
Stadt, 260.000 Zuschauer:innen sahen ihnen zu“, schreibt die
Tourismusstelle von Bath stolz. Mit im Programm gab es auch „Pride &
Pepperoni Pizza“.
Auch in anderen britischen Städten herrscht das Austen-Fieber, so wurde in
Winchester dieses Jahr eine Statue der Autorin enthüllt. In London soll es
nächstes Jahr eine „Jane Austen Experience“ mit verkleideten
Schauspieler:innen geben. Als Mitbringsel kann man schon heute unter
anderem Jane-Austen-Gummienten kaufen.
## Zu Gedenkveranstaltungen pilgern
Aber warum ist diese Autorin in Großbritannien bis heute so beliebt? Die
Literaturexpertin Louise Curran meint: „Es ist ihre einfache Stellung,
weder aristokratisch noch arm, und es ist ihre Darstellung einer ganzen
Welt in kleinen englischen Dörfern Englands und mit Charakteren, die
Menschen bis heute aus dem eigenen Leben kennen, etwa den arroganten
Nachbarn oder die Frau, die nicht aufhören kann zu reden. Außerdem spricht
Austens Schilderung romantischer Gefühle die Menschen bis heute an.“
Curran merkt an, dass das, was im Namen der Autorin heute in Großbritannien
geschehe, einer „Jane Austen-Industrie“ gleichkomme. Sie sieht das auch
kritisch. Es sollte nicht Austens tiefen Sarkasmus und [2][indirekte
soziale Kritik] an Themen wie [3][Klasse, Armut, Opulenz] und Versklavung
verdecken, warnt Curran. Viele Enthusiast:innen, die zu den
Gedenkveranstaltungen pilgerten, seien allerdings mit Austens Romanen sehr
vertraut. „Austen machte sich sogar über diese Art der Konsumgesellschaft
lustig, etwa in ihrem unvollendeten Roman ‚Sandition‘. Vielleicht würde sie
das auch heute tun, und zwar mit einer leichten Bestürzung?“
Im Garten des Austen-Hauses in Chawton geht es der 62-jährigen, in England
lebenden New Yorkerin Grace Miglio Pierce um eine tiefer gehende
Verbindung. „Ich komme hier ungefähr einmal im Monat her, um mich vor
Austens Schreibpult inspirieren zu lassen.“ Die Welt brauche, was Jane
Austen darstelle. Was das sei? „Hoffnung und Liebe!“
8 Dec 2025
## LINKS
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[3] /Klassengesellschaft-Grossbritannien/!5888777
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
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Romanverfilmung
London
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