| # taz.de -- Abgeordnetenhauswahl 2026: Graf will für ganz Berlin da sein | |
| > Die Grünen stellen ihren Programmentwurf für die Wahl am 20. September | |
| > vor. Für den möglichen Autofrei-Volksentscheid legen sie sich darin nicht | |
| > fest. | |
| Bild: Bettina Jarasch und Werner Graf sind beide Spitzenkandidaten. Aber nur Gr… | |
| „Politik ändern. Berlin bleiben“ steht auf dem Wahlprogramm der Berliner | |
| Grünen, das ausgedruckt 150 Seiten lang ist, 14 Seiten länger als der | |
| Koalitionsvertrag der aktuellen schwarz-roten Landesregierung. Werner Graf, | |
| der Mann, der für die Partei den CDUler Kai Wegner im Roten Rathaus ablösen | |
| soll, stellt es an diesem Mittwoch mit seiner Co-Spitzenkandidatin Bettina | |
| Jarasch vor. Genauer gesagt: [1][den Entwurf des Programm] – die Endfassung | |
| wollen die Grünen bei einem Parteitag Mitte Februar beschließen. | |
| Von einer nicht sonderlich belebten Adresse an der Ecke zur | |
| Axel-Springer-Straße ist die Partei in ihr alternatives Herzland gezogen, | |
| unweit des Oranienplatzes in Kreuzberg. Wobei das mit dem Herzland bei der | |
| Bundestagswahl im Februar ja plötzlich anders war: Da verloren sie den | |
| Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg, das bundesweit erste grüne | |
| Direktmandat, 2002 erstmals gewonnen vom legendären Christian Ströbele, | |
| [2][an die Linkspartei.] | |
| Ganz so alternativ, wie es die Adresse in der Oranienstraße nahe legt, ist | |
| es nicht im neuen Zuhause. Eine Haustür weiter sieht es zwar noch eher | |
| pittoresk aus, aber zu den Grünen geht es durch einen modernen Hauseingang | |
| in ein edel wirkendes Treppenhaus mit Wänden in warmem Orange ohne jede | |
| Kritzelei oder Schmiererei. | |
| Hier also stellt im 3. Stock vor allem Werner Graf, noch ganz im Rausch des | |
| 6:1-Pokalerfolgs seines Lieblingsklubs Hertha am Vorabend, das Programm und | |
| seine Vision für Berlin vor. Und wiederholt eingangs, was er schon bei | |
| seiner Wahl zum Spitzenkandidaten eineinhalb Wochen vorher gesagt hat: „Ich | |
| will Regierender Bürgermeister werden.“ | |
| ## In Umfragen gerade nur auf Platz 3 oder 4 | |
| Die jüngsten beiden Meinungsumfragen geben das allerdings nicht her. Sie | |
| sehen die Grünen unter den fünf derzeit im Abgeordnetenhaus vertretenen | |
| Parteien nur auf Platz 3 und 4, gleichauf oder hinter der AfD, mit Abstand | |
| zu CDU und Linkspartei auf den führenden Plätzen. | |
| Aber Graf gibt sich zuversichtlich, er sieht seine Partei nicht in der | |
| Rolle eines bloßen Juniorpartners für CDU oder Linke. Was er durchaus klar | |
| sagt: Mit SPD und Linkspartei gebe es eine deutlich größere Schnittmenge | |
| als mit der CDU. | |
| Graf sieht sich als Angebot für die ganze Stadt – „ich kriege Hertha und | |
| Kleingarten genauso zusammen wie CSD und Klubs.“ Entscheidend soll sein: | |
| Was ist das Beste für Berlin? Das wiederum – „Das Beste für Berlin“ –… | |
| der [3][Titel des eingangs erwähnten aktuellen Koalitionsvertrags] von CDU | |
| und SPD. | |
| Dabei gibt sich der Spitzenkandidat äußerst bodenständig: Während jüngst | |
| beim Grünen-Bundesparteitag Delegierte über Homöopathie diskutierten, | |
| wünscht Graf sich Auftritte von Megastars in Berlin, vermisst Adele und | |
| Taylor Swift, die lieber in München und Gelsenkirchen sangen. Und bedauert, | |
| dass es an Silvester keine ZDF-Show am Brandenburger Tor mehr geben soll. | |
| ## Keine Empfehlung zum möglichen Volksentscheid | |
| Im Wahlprogramm legt sich die Partei naturgemäß in vielen Punkten fest, in | |
| einem aber ausdrücklich nicht: beim möglicherweise parallel zur Wahl am 20. | |
| September anstehenden Volksentscheid über eine autofreie Innenstadt. Was | |
| dazu auf Seite 46 formuliert ist, drückt Grafs Co-Spitzenkandidatin Jarasch | |
| so aus: „Das ist eine Entscheidung, die die Berliner treffen müssen.“ Eine | |
| Empfehlung gibt das Programm dazu nicht. | |
| Jarasch selbst hatte in ihrer Zeit als Verkehrssenatorin von Ende 2021 bis | |
| Frühjahr 2023 nicht das Ziel, aber den vorgelegten Gesetzesentwurf als Weg | |
| dorthin ablehnt. Sie mag am Mittwoch auch auf Nachfrage nicht sagen, ob sie | |
| persönlich bei einem Autofrei-Volksentscheid mit Ja oder Nein stimmen | |
| würde. | |
| Ganz entschieden ist Jarasch hingegen bei einem anderen Thema, das als | |
| wichtig für Koalitionsüberlegungen [4][mit der Linkspartei] gilt: „Wir | |
| dulden keinen Antisemitismus, auch keinen israelbezogenen Antisemitismus“, | |
| sagt sie, und das soll auch gelten, wenn er von linker Seite kommt. „Wir | |
| erwarten das auch von allen, mit denen wir koalieren.“ | |
| 4 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://berlin.antragsgruen.de/LDK26-1 | |
| [2] /Pascal-Meiser-ueber-Traditionen/!6119269 | |
| [3] https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/koalitionsvertrag/ | |
| [4] /Linkspartei-streitet-ueber-Antisemitismus/!6039646 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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