| # taz.de -- Die Wahrheit: Der Marderschreck | |
| > Die wehrhaften Kräfte in der Fernsehdoku „Feuer und Flamme“ haben einen | |
| > großen Feind, der ihnen das Leben schwer macht, wenn er abraucht. | |
| Mit „Feuer und Flamme“ gelingt der ARD der Kompromiss: Gaffen ja, aber nur | |
| vom Sofa und in HD, vielleicht ein paar Riffelchips dazu. Die Doku-Serie | |
| begleitet Feuerwehrleute bei ihren Einsätzen. Sie löschen Häuser und bergen | |
| verunfallte Autos, und wir Fernsehzuschauer können alles bequem beglotzen. | |
| Ohne dass wir auf der Gegenfahrbahn anhalten müssen, um unter Einsatz | |
| unseres Lebens ein Handy-Video zu drehen. Für das volle Feeling kann vor | |
| dem Gerät auch eine Leitplankenattrappe aus Pappmaché aufgestellt werden, | |
| die gibt es günstig bei Temu. | |
| In einer Serienfolge ist ein einzigartiger Dialog zwischen zwei | |
| Feuerwehrmännern festgehalten. Sie stehen in voller Schutzkleidung in einer | |
| Wohnung. Aus der Abstellkammer qualmt es. Ihre Unterhaltung setzt ein, als | |
| das Objekt gefunden ist, das den Qualm verursacht: „Ja, wir haben es | |
| gefunden.“ – „Was ist es denn?“ – „Ja, so ein Marderschreck hat da | |
| geschmort.“ – „Alles klar, Marderschreck!“ Und dann ein paar Sekunden | |
| später per Funk an alle Einsatzkräfte: „Es ist ein Marderschreck | |
| anscheinend, der quasi abgeraucht ist.“ | |
| Ein hinreißender Satz! „Es ist ein Marderschreck anscheinend, der quasi | |
| abgeraucht ist.“ Man raucht fast selber ab, vor Freude. Als Wandtattoo | |
| würde sich der Satz sehr gut machen. Allerdings müsste man, bevor man sich | |
| den Satz im Internet mit der gewünschten Schriftart und Lieblingsfarbe | |
| konfiguriert und dann die Buchstaben mit kleinen Spachteln an die Wand | |
| klebt, wobei darauf zu achten ist, dass keine Luftbläschen unter der Folie | |
| verbleiben, müsste man also vor alledem klären, was denn ein Marderschreck | |
| ist. | |
| Ich weiß es nicht und möchte daher mutmaßen. Es handelt sich beim | |
| „Marderschreck“ um ein Buch mit dem Titel „125 abwechslungsreiche | |
| Möglichkeiten, Mardern einen Schreck einzujagen“. Das Buch gilt in | |
| Fachkreisen als Standardwerk und wird nur als „Der Marderschreck“ | |
| bezeichnet. In der französischen Übersetzung trägt es den klingenden Namen | |
| „Le martyre de la martre“. Wer sich als Kenner auf dem Fachbüchermarkt | |
| beweisen will, fragt an der Bibliothekstheke betont lässig: „Wo steht denn | |
| bei Ihnen der Marderschreck?“ Die Bibliothekarin nennt dann die | |
| Standnummer, sie kennt sie selbstverständlich auswendig. | |
| Wenn Sie jetzt bereits googeln, wo denn die nächste Fachbibliothek ist: | |
| Halten Sie inne! Sie können sich alle Mühen sparen, denn hier und jetzt | |
| nenne ich Ihnen die originellsten Arten, einen Marder zu erschrecken. | |
| Erstens, sich als Marder verkleiden, an ihm vorbeigehen und ihn scheinbar | |
| beiläufig grüßen. Zweitens, überall herumerzählen, dass Kabelbeißen zu | |
| hohen Cholesterinwerten führt. Drittens, den Marder fragen, ob es heißt | |
| „auf Neuseeland“ oder „in Neuseeland“, und falls er die richtige Antwort | |
| nicht wisse, werde er gekitzelt; viertens und letztens, ihm sagen, dass | |
| Christian Lindner angekündigt hat, in die Politik zurückzukehren. | |
| 18 Nov 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Paul Amsel | |
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