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# taz.de -- Familienfehde erschüttert Kreta: Bergdorf versinkt im Kugelhagel
> Kriegsähnliche Szene in einer Tourismusregion: eine Bombe, ein Angriff
> mit Sturmgewehren, zwei Tote. Auf Kreta eskaliert ein Konflikt zweier
> Familien.
Bild: Polizisten überprüfen wegen der Racheaktion die Fahrer auf gültige Dok…
dpa | Im beschaulichen kretischen Bergdorf Vorizia ist eine langanhaltende
Fehde zwischen zwei Familien eskaliert. Am Samstagmorgen versank der Ort im
Kugelhagel von Sturmgewehren, Pistolen, Revolvern und Flinten, als die
beiden Familien aneinandergerieten. Ein 37-jähriger Mann und eine
57-jährige Frau kamen ums Leben, 14 Menschen wurden verletzt, zwei davon
schwer, wie griechische Medien berichten. Befürchtet wird nun die
Fortsetzung der „Blutrache“, wie sie noch im letzten Jahrhundert auf Kreta
durchaus üblich war.
Im Moment herrscht gespannte Ruhe in dem 500-Einwohner-Dorf, das
südwestlich der kretischen Stadt Heraklion liegt. Schwer aufgerüstete
Sondereinheiten der griechischen Polizei durchsuchen jedes einzelne Haus
und sollen nach Berichten griechischer Medien auch weiterhin im Ort
bleiben.
## Konflikt um Neubau?
Bei der Eskalation soll es sich um den Konflikt zwischen zwei Großfamilien
im Dorf handeln, berichtete ein Reporter des Nachrichtensenders ERTnews.
Zunächst war an der Baustelle eines Neubaus der einen Familie in der Nacht
zum Samstag eine Bombe explodiert. Die betroffenen Familienmitglieder zogen
den Berichten zufolge daraufhin am Samstagmorgen in Richtung der Häuser der
gegnerischen Familie und eröffneten das Feuer. Es sollen Tausende Schüsse
gefallen sein. Videoaufnahmen zeigen den Abtransport eines Pick-Ups, dessen
Heck von Kugeln zerlöchert ist.
„Ich bin dem Tod gerade so von der Schippe gesprungen“, sagte ein
Augenzeuge dem Sender Kriti TV. „Plötzlich sah ich einen Geländewagen, aus
dem es in alle Richtungen schoss.“ Sein Auto sei mehrfach getroffen worden,
bevor er darin fliehen konnte. Während es sich bei den meisten Verletzten
und auch den Toten um Mitglieder der beiden Familien handeln soll, sollen
auch sechs völlig unbeteiligte Menschen verletzt worden sein, berichtete
ERTnews.
## Tote und Verletzte auf beiden Seiten
Sondereinheiten der Polizei schieben derweil vor zwei Krankenhäusern in der
Stadt Heraklion Wache – die Verletzten der jeweiligen Familien wurden
sicherheitshalber in unterschiedliche Einrichtungen gebracht. Zuvor mussten
die Menschen teils mit Traktoren und Privatwagen in die Krankenhäuser
gebracht werden, weil der Rettungsdienst sich nicht ins Dorf traute. Die
beiden Toten gehören den Angaben nach jeweils zu einer der gegnerischen
Familien.
## Bekannte Fehde im Gebiet von Touristenhochburg
Blutrache – in Griechenland Vendetta genannt – flammt auf Kreta
gelegentlich in abgelegenen Regionen auf, wo alte Familienrivalitäten bis
heute nachwirken. Erschwerend kommt hinzu, dass es bis heute zum
Selbstverständnis vieler kretischer Männer gehört, Waffen zu besitzen.
Eine der bekanntesten Fehden ereignete sich im Gebiet der heutigen
[1][Touristenhochburg] Chania. Sie begann im Jahr 1910 und zog sich bis in
die Mitte der 1980er Jahre. Angeblich ging es um eine „Ehrensache“ zwischen
den Familien Sartzetakis und Pentarakis. Im Laufe der Jahrzehnte nahmen die
Kämpfe immer erschreckendere Ausmaße an. Insgesamt fanden gut 120 Menschen
aus beiden Familien den Tod. Die Fehde konnte erst durch Vermittlungen auf
höchster politischer Ebene beendet werden.
## „Hier redet niemand“
In vielen Fällen sind die Konflikte so alt und undurchsichtig, dass sich
niemand mehr daran erinnert, was der Auslöser war. Einzig der Hass bleibt,
vererbt über Generationen hinweg. Auch bei der jetzigen Eskalation in
Vorizia bleibt abzuwarten, ob die eigentlichen Gründe für den Konflikt
herausgefunden werden.
Denn neben der Blutrache gibt es auf Kreta noch ein weiteres Phänomen, wie
ein griechischer Reporter im Sender ERTnews beschrieb: „Das hier ist ein
typisch kretisches Dorf. Hier redet niemand.“
2 Nov 2025
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