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# taz.de -- Rücktritt zweier Chefs der BBC: Der amerikanische Medienkulturkamp…
> Zwei Chefs der BBC treten wegen Fehler in einer Doku über Trump zurück.
> Der freut sich. Und auch US-Firmen, die gerade britische Medien
> aufkaufen.
Bild: Goerge Orwell beim BBC-Hauptsitz in London: „Sag den Leuten, was sie ni…
US-Präsident Donald Trump hat der [1][britischen BBC mit Klage gedroht.]
Ein paar Stunden vorher konnte er seine Freude über den Rücktritt des
Direktors und der Nachrichtenchefin des Senders nicht verhehlen. In seinem
Post auf Truth Social erwähnte er die BBC zwar nicht namentlich, sondern
schrieb bloß von „sehr unehrlichen Leuten“, die „dazu noch aus dem Ausla…
kommen – einem Land, das viele für unseren Verbündeten Nummer eins halten.�…
Dies sei „eine schreckliche Sache für die Demokratie“. Seine
Pressesprecherin Karoline Leavitt übernahm die Hardliner-Rolle und sprach
von „100 Prozent Fake News“. Die BBC sei eine „Propagandamaschine“, und…
natürlich von ganz links außen.
Damit ist der US-Medienkulturkampf endgültig in Europa angekommen. Worum es
eigentlich geht, ist schon fast egal. Ja, die BBC hat Mist gebaut. In einem
Zusammenschnitt aus Trumps Rede vom 6. Januar 2021, als seine Anhänger das
Kapitol in Washington stürmten, dengelte die BBC Passagen aneinander, die
in dem stundenlangen Sermon über 60 Minuten voneinander entfernt lagen.
So entstand der Eindruck, Trump habe noch direkter und unmissverständlicher
zum Umsturz aufgestachelt, als es wirklich der Fall war.
Doch Trump ist geschickt. Ganz so direkt hat er die Message eben nicht
ausgegeben. Der BBC–Bericht lief eine Woche vor den Präsidentschaftswahlen
2024 im Politmagazin „Panorama“. Was Trump seither gemacht hat, bestätigt
die Tendenz des Beitrags: von der Begnadigung aller wegen der Riots
Verurteilten bis zum juristischen Vorgehen gegen die seinerzeit gegen die
Kapitol-Stürmer*innen Ermittelnden.
Tim Davie, der jetzt zurückgetretene BBC-Director-General, agiert dagegen
ungeschickt. Ja, die BBC hat als öffentlich-rechtlicher Sender nicht
tendenziös zu sein, aber sie darf – klar gekennzeichnet – kommentieren. Sie
darf auch Fehler machen. Dass sich das kaum zu entwirrende interne Gezacker
um die „Panorama“-Nummer elend hinzog (wer sagt oder entschuldigt sich
wofür, wie und wann?) und dann auch gleich ins politische Feld gespült
wurde, was letztlich zum Rücktritt führte, war aber hausgemachtes
Schicksal.
## Umstrittene Berufung
Dabei wollte Davies alles richtig machen. Er selbst hatte den Rücktritt
seines Vorvorgängers George Entwistle miterlebt. Der musste 2012 abtreten,
weil er die Ausstrahlung einer BBC-Recherche über den früheren
Starmoderator und pädophilen Serientäter Jimmy Saville blockierte. Der
Beitrag lief damals bei ITV, der privaten Konkurrenz. Davie übernahm in der
Folge für gut vier Monate schon mal interimistisch den Chefposten. Ab 1.
September 2020 stand er dann endgültig an der Spitze der BBC.
Seine Berufung war damals umstritten, der Premierminister hieß Boris
Johnson, und [2][Davie galt als tendenziöse, wenn nicht gar parteiliche
Berufung]. Schließlich hatte der Cambridge-Absolvent mal für die
Konservativen in der Londoner Lokalpolitik kandidiert. Davie erklärte ganz
wie gewünscht von Anfang an die „Ausgewogenheit“ zum Maß aller Dinge. Und
ging damit in die Falle.
Denn natürlich konnte es die BBC weder Johnson noch seinen zahlreichen
Nachfolger*innen im Amt des Premierministers recht machen. (Nur zur
Erinnerung: Das ist auch nicht die Aufgabe eines Mediums,
öffentlich-rechtlich hin oder her.)
Es folgten Gaza und Auseinandersetzungen, wie die BBC mit LGBTQ-Themen
umgeht. In einem Gaza-Film der BBC entpuppte sich ein Protagonist als Sohn
eines Hamas-Funktionärs, der nächste durfte dann schon nicht mehr ins
Programm und lief – Entwistle lässt grüßen – später im ebenfalls
öffentlich-rechtlichen Channel 4. BBC-Mitarbeitenden wurde die Teilnahme an
Gaza-Demos verboten, und rund um die Anstalt tobte die Deutungsschlacht, ob
die BBC zu pro-israelisch oder doch antisemitisch berichte.
## Auftritt: Boris Johnson
Letzte Woche wurde dann die „Bias“-Mängelliste eines ehemaliger externen
BBC-Beraters durchgestochen. Im Detail überprüft ist das alles noch nicht,
aber es war das Signal zum Sturm von rechts. Die konservative britische
Presse zog alle Register, mittendrin ein gewisser [3][<i>Daily
Mail</i>-]Kolumnist namens Boris Johnson.
Johnson forderte am Freitag Davies Kopf, der Widerspruch der aktuellen
Labour-Regierung war halbherzig. Dass neben der Daily Mail vor allem der
Daily Telegraph auf Davie und die BBC eindrosch, wundert nicht. Das Blatt
steht kurz vor der Übernahme durch das US-Konsortium RedBirdCapital, an dem
Trumps Großunterstützer Larry Ellison beteiligt ist. Der hat in den USA
schon Paramount gekauft, lässt CBS auf Linie bringen und will aus dem
Telegraph eine rechte New York Times machen.
Für die BBC geht es jetzt ums Ganze. Die ebenfalls zurückgetretene
News-Chefin des Senders, Deborah Turness hat am Montag zwar kategorisch
ausgeschlossen, dass es in der BBC eine „systematic bias“, also eine
einseitige Wahrnehmung, gebe. Doch die Debatte ist längst entgleist,
wohinter natürlich Kalkül steckt. 2027 muss die alle zehn Jahre neu
verhandelte „Royal Charter“ der BBC verlängert werden. Sie bildet die
Rechtsgrundlage der Anstalt und soll im nächsten Durchgang deren
Finanzierung völlig neu regeln.
Wer auch immer in dieser Situation den Schleudersitz an der BBC-Spitze
übernimmt, hat eine immense Verantwortung. Denn Donald Trump hat recht: Die
Rücktritte bei der BBC, und wie es dazu kam, sind eine schreckliche Sache
für unsere Demokratie.
10 Nov 2025
## LINKS
[1] https://www.bbc.com/news/live/cd9kqz1yyxkt
[2] /Boris-Johnson-vs-BBC/!5712042
[3] https://www.dailymail.co.uk/news/article-15276275/Civil-war-BBC-woke-pro-tr…
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
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