| # taz.de -- Katharina Pistors Adorno-Vorlesungen: Geld ist immer Kredit, aber n… | |
| > Wie wird Geld geregelt? Ihre Adorno-Vorlesungen in Frankfurt am Main | |
| > widmete die Juristin Katharina Pistor der aktuellen Verfassung des | |
| > Finanzsystems. | |
| Bild: Menschen versuchen ihr Geld vor der Entwertung zu retten, wie bei diesem … | |
| Das Schweizer Patriziat, das Überbleibsel des Adels nach der einzigen | |
| gelungenen demokratischen Revolution von 1848 in Europa, kennt zwar die | |
| Regel: „Über Geld redetet man nicht, Geld hat man.“ Aber in der Philosophie | |
| wird schon seit Aristoteles über Geld diskutiert. | |
| Heute gilt Geld als „relationales Gut“, das erst durch seine Nutzung in | |
| sozialen Beziehungen entsteht. | |
| An drei Abenden der vergangenen Woche referierte die an der Columbia Law | |
| School in New York lehrende und forschende Juristin Katharina Pistor über | |
| das Wesen des Geldes, über die aktuelle Verfassung des Geld- und | |
| Finanzsystems sowie über Möglichkeiten von dessen Neuordnung. Seit 2002 | |
| organisiert das Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main zusammen | |
| mit dem Suhrkamp Verlag jährlich Adorno-Vorlesungen. Alle drei Vorlesungen | |
| Pistors waren außerordentlich gut besucht in einem jeweils restlos | |
| überfüllten Hörsaal der Universität Frankfurt. Die überzeugenden und | |
| deutlichen Ausführungen der renommierten Expertin fanden großen Beifall. | |
| ## Das Geldsystem schafft wachsende Ungerechtigkeit und Ungleichheit | |
| Die aktuelle Geldverfassung beruht nicht auf fixierten politisch- | |
| juristischen Normen, betonte die Referentin. [1][Sie sei vielmehr Resultat | |
| relativ zufälliger und gebräuchlicher Praktiken und Verträge], ihre | |
| Grundlagen also oft nur privatrechtlicher Natur und durch Usancen bestimmt | |
| – die nach jeder Krise einfach fortgeschrieben, aber nicht reformiert oder | |
| korrigiert werden. | |
| Diese Gewohnheiten leben vom Schutz und Prestige der sie hütenden und im | |
| Notfall verteidigenden Staatsmacht. Insofern spiegeln sich in der aktuellen | |
| Geldverfassung die hier herrschenden Machtverhältnisse wider: „Geld ist | |
| immer Kredit, aber nicht jeder Kredit ist Geld“ – schon gar nicht, wenn die | |
| als letzte Instanz fungierende staatliche Macht zeitweise lahmt oder ganz | |
| ausfällt, was sich in Krisen als Bankensturm manifestiert. | |
| Das aktuelle Geld- und Finanzsystem beruht auf der Hierarchie der Währungen | |
| mit dem US-Dollar als Leitwährung und der faktisch fast unbeschränkten | |
| Kreditschöpfung durch private Banken und Schattenbanken, die das ganze | |
| System extrem unstabil und störanfällig machen. Obendrein befeuert die | |
| private Profitorientierung als allein legitimer und legalisierter Zweck des | |
| Systems dessen wachsende Ungerechtigkeit und Ungleichheit, die zusammen die | |
| Demokratie der politischen Verfassung gefährden. | |
| Für die fällige Neuordnung des Geld- und Finanzsystems, dessen Grundzüge | |
| Katharina Pistor abschließend notgedrungen nur grob skizzierte, käme den | |
| Zentralbanken eine zentrale Rolle zu. Was Kryptowährungen oder dezentrale | |
| und enthierarchisierte Geldsysteme für eine Neuordnung leisten könnten, | |
| blieb ziemlich vage, denn bisher beleben sie fast nur das alte | |
| Vabanquespiel des bekannten Casinokapitalismus. | |
| 27 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rudolf Walther | |
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