| # taz.de -- Wahlen in Irland: Linke Einigkeit für Catherine Connolly | |
| > Die parteilose Sozialistin gewinnt die Präsidentschaftswahl. Die | |
| > Regierung kann scharfe Töne erwarten, ob in der Wohnungspolitik oder beim | |
| > Krieg in Gaza. | |
| Bild: Wahlen in Irland: Catherine Connolly wird künftig als Präsidentin die R… | |
| Irland hat wieder eine Präsidentin. Die parteilose Kandidatin Catherine | |
| Connolly gewann [1][bei der Wahl am Freitag] mit deutlichem Vorsprung vor | |
| Heather Humphreys, die von der rechtskonservativen Regierungspartei Fine | |
| Gael nominiert und von deren Koalitionspartner Fianna Fáil unterstützt | |
| worden war. | |
| Deren eigener Kandidat Jim Gavin war aus dem Rennen ausgeschieden, nachdem | |
| ihm finanzielle Unregelmäßigkeiten nachgewiesen worden waren. Da die | |
| Stimmzettel aber schon gedruckt waren, stand er noch auf den Wahlzetteln | |
| und erhielt 7,2 Prozent der Stimmen von enttäuschten Fianna-Fáil-Anhängern. | |
| Connolly kam auf 63,4 Prozent, Humphreys auf 29,5 Prozent. Die | |
| Wahlbeteiligung lag bei lediglich 45,8 Prozent. Und es gab beispiellose 13 | |
| Prozent ungültige Stimmen, in einigen Wahlkreisen war es sogar die Hälfte – | |
| aus Protest gegen die zu geringe Auswahl an Kandidaten und Kandidatinnen. | |
| Die erzkatholische Maria Steen hatte es zum Beispiel nicht auf die | |
| Kandidatinnenliste geschafft, weil sie die erforderliche Unterstützung von | |
| mindestens 20 Abgeordneten oder vier Bezirksverwaltungen verfehlt hatte. | |
| Connolly wurde von einem breiten linken Bündnis aus Sinn Féin, Labour, der | |
| Grünen Partei, den Sozialdemokraten, People Before Profit sowie mehreren | |
| unabhängigen Abgeordneten und Senatoren unterstützt. Auch die Rapper von | |
| Kneecap hatten ihre Fans aufgefordert, Connolly zu wählen, „weil wir es | |
| nicht können“. [2][Nordiren] sind bei Präsidentschaftswahlen nicht | |
| wahlberechtigt. Solche Einigkeit von der harten bis zur gemäßigten Linken | |
| ist in der irischen Politik eine Seltenheit. | |
| Sollte das fragile Bündnis nicht zerbrechen, müssen sich Fine Gael und | |
| Fianna Fáil – die Irland seit der Staatsgründung vor gut hundert Jahren | |
| dominiert haben – ernsthaft Sorgen machen, dass die Wählerschaft künftig | |
| eine linksgeführte Regierung in Betracht ziehen könnte. | |
| Connolly ist das 10. Staatsoberhaupt seit Verabschiedung der Verfassung | |
| 1937, sie ist nach Mary Robinson, deren sensationelle Wahl 1990 große | |
| soziale Veränderungen im Land einläutete, und ihrer Nachfolgerin Mary | |
| McAleese die dritte Frau im Amt. Die 68-Jährige stammt aus einer großen | |
| Familie im westirischen Galway und hat sieben Brüder und sechs Schwestern. | |
| Sie war erst neun Jahre alt, als ihre Mutter starb. | |
| Connolly machte 1981 einen Master-Abschluss in klinischer Psychologie an | |
| der Universität von Leeds. 1989 schloss sie ein Jurastudium an der | |
| Universität von Galway ab und wurde 1991 als Anwältin zugelassen. Sie hat | |
| sowohl in der Pflege als auch in der Anwaltschaft gearbeitet – zunächst als | |
| klinische Psychologin, und später als Anwältin. | |
| ## Scharfe Töne von Connolly zu erwarten | |
| Ihre politische Laufbahn begann 1999, als sie in den Stadtrat von Galway | |
| gewählt wurde. Fünf Jahre später wurde sie Bürgermeisterin von Galway. 2016 | |
| wurde Connolly als unabhängige Abgeordnete ins Parlament gewählt. Connolly | |
| ist seit 1992 mit Brian McEnery verheiratet, mit dem sie zwei Kinder hat. | |
| Sie spricht im Gegensatz zu ihrer Konkurrentin Humphreys fließend Irisch, | |
| was laut Umfragen zu ihrem deutlichen Sieg beigetragen hat. Ein Video ihrer | |
| anderen Fähigkeit hat auf den sozialen Medien Eindruck gemacht: Connolly | |
| schaffte es beim Balljonglieren, einen Fußball hundert Mal zu kicken, bevor | |
| er den Boden berührte. | |
| Die Dubliner Regierung muss sich auf einiges gefasst machen. Hatte | |
| Connollys Vorgänger Michael D. Higgins in den 14 Jahren seiner Amtszeit die | |
| Regierungspolitiker mit kritischen Äußerungen bisweilen gequält, so darf | |
| man von der Sozialistin Connolly noch schärfere Töne erwarten. Sie hat sich | |
| noch nie zurückgehalten, wenn es darum ging, ihre Meinung zu äußern, sei es | |
| zur irischen Neutralität, zu den Rechten der Frauen oder zum Krieg in Gaza. | |
| Zur irischen Neutralität sagte sie, diese sei „durch den kriegstreibenden | |
| militärisch-industriellen Komplex“ in Europa bedroht. „Mir scheint, dass es | |
| einige Parallelen zu den 30er Jahren gibt“, sagte sie. Vorigen Monat | |
| äußerte sie sich im Parlament zum [3][Krieg in Gaza] und beschuldigte | |
| Israel, ein „völkermordender Staat“ zu sein. | |
| Die Wohnungsnot und die mehr als 16.000 Obdachlosen lastet sie der | |
| Regierung an: „Jede Politik einer jeden Regierung hat die Krise verschärft, | |
| weil man es versäumt hat, anzuerkennen, dass Wohnen ein Menschenrecht ist. | |
| Man hat es wie einen Vermögenswert behandelt und es dem Markt überlassen, | |
| es zu regeln.“ | |
| Der einzige Trost für die Regierung ist Connollys Ankündigung, dass sie | |
| lediglich eine Amtszeit als Präsidentin absolvieren und nach sieben Jahren | |
| abtreten werde. | |
| 25 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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