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# taz.de -- Hetero-Trend Alert: Der Mann außerhalb des Bildmittelpunkts
> Auf Social Media zeigen heterosexuelle Frauen immer seltener ihre
> Partner. Liegt das etwa daran, dass es jetzt peinlich ist, einen
> Boyfriend zu haben?
Bild: Männer verschwinden aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit – zumindest auf…
Der Autorin Chante Joseph ist aufgefallen, dass Frauen in hetero
Beziehungen ihre Partner seltener in den sozialen Medien zeigen. Da ist
noch eine Männerhand am Bildrand zu sehen oder vielleicht ein Hinterkopf:
Der Mann ist aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit verschwunden.
Dass das vorher anders war, und insbesondere Tiktok ein Abbild des
Patriarchats darstelle, hatte rund zwei Jahre zuvor der Blogger „Tell the
Bees“ im Artikel „[1][Boyfriendland]“ dargelegt: Jede Woche ging da ein
neues Skript für Videocontent als „Tiktok-Trend“ um die Welt. Immer wieder
wurde das Schema aus Absenderin und männlichem Protagonist neu geremixt:
Seht euch meinen Mann an! Seht seine Spezialinteressen, seine
Golden-Retriever-Energie. Hier bereite ich ihm ein gesundes Mahl zu, hier
lege ich seine Kleidung raus.
Aber jetzt, so Chante Joseph, ändert sich etwas: Der Exodus aus dem
„Boyfriendland“ hat begonnen. Mehr noch: Einen Mann zu haben, ist peinlich
geworden. Offenbar hat sie einen Nerv getroffen: Nur eine Woche, nachdem
[2][„Is Having a Boyfriend Embarrassing Now?“] Ende Oktober erschien, hat
die Autorin 30.000 Tiktok-Follower*innen hinzugewonnen.
Beziehungen nicht in die sozialen Medien zu übertragen, ist dabei
eigentlich schon länger Common Sense: Alle, die in den letzten 15 Jahren
online waren, haben mal irgendwo gelesen, dass Paare, die sich online als
besonders verliebt darstellen, weniger stabile Verbindungen haben als die,
die keine Validierung von außen brauchen.
## Ist es „republican“ einen Freund zu haben?
Es zeugt also geradezu von Medienkompetenz und digitaler Literarizität,
seinen Partner nicht (mehr) zu posten. Wer will schon unsicher wirken?
Außerdem, aus dem Publikum heraus beobachtet, ist das Thema auserzählt.
Individuelle Beziehungen mögen hochgradig verschieden sein, die Formate,
mit denen mitgeteilt wird, in eine solche verwickelt zu sein, sind es
nicht.
Die Scham aber, überhaupt eine Beziehung zu einem Mann zu haben, ist neu.
Auf der Suche nach Gründen dafür fand Joseph verschiedene Antworten.
Besonders einprägsam klingt das Zitat einer nicht namentlich genannten
Person, die schreibt, es fühle sich „republican“ an, einen Freund zu haben.
Gemeint ist die US-amerikanische Partei der Republikaner, die
[3][Abtreibungsrechte] einschränken, offen über die Abschaffung des
Wahlrechts von Frauen nachdenken und Rollenbilder propagieren, die auf
einer idealisierten oder sogar ausgedachten Version der Vergangenheit
beruhen.
„Wir reden wirklich weniger über Typen als früher“, sagt meine Freundin,
als ich ihr von dem Artikel erzähle. „Aber wenn ich neue Leute kennenlerne,
haben die eigentlich alle jemanden. Es wird viel so getan, als gäbe es
keinen Freund. Aber am Sonntagabend sitzen dann doch alle mit jemandem auf
dem Sofa und schauen Trash-TV.“ Sie hat auch jemanden. Ich bin sogar mit
einem Mann verheiratet! Und ich mag ihn!
## Tradwife- und Manosphere-Content
Chante Joseph hat viele solcher Nachrichten erhalten, nachdem ihr Text
erschien. Das Bedürfnis danach, sich vom Boyfriendland abzugrenzen, ist
verständlich. Klar ist, dass der Trend, Männer aus dem Fokus zu nehmen,
unter anderem in [4][Tradwife]- und Manosphere-Content seine regressiven
Gegenstücke hat und keinesfalls die Gegenwartskultur als Ganzes abbildet.
Im Internet trennen nur ein paar Scrolls die Sätze „Dating als Frau ist ein
Ritual der Erniedrigung“ und „Ich ordne mich freudvoll meinem Ehemann
unter, denn er ist der Anführer und Beschützer unserer Familie“
voneinander.
Irgendwo auf diesem Spektrum sitzt die eigene hetero Beziehung.
Missverständnisse darüber, wo genau, lassen sich bildkompositorisch
verringern. Der männlich gelesene Hinterkopf am Bildrand bedeutet also
weniger, dass wirklich der Partner selbst peinlich ist, sondern eher, dass
die verpartnerte Frau nicht für eine Befürworterin der eigenen Entmündigung
gehalten werden möchte.
Es ist ein visuelles Signal über sie selbst: Ich passe mich nicht an die
Bedürfnisse und Ansprüche eines Typen an, liebe keinen Mann bedingungslos,
ich werde nicht in wenigen Wochen meine Persönlichkeit ändern, um einem
Mann das sichere Gefühl zu geben, bedingungslos geliebt zu sein. Wenn wir
uns unterhalten, besteht das Gespräch den [5][Bechdel-Test], denn es wird
sich nicht um den Mann drehen, an dem ich interessiert bin. Kurz gesagt:
Ich habe andere Themen als eine Cis-Hete zu sein.
2 Nov 2025
## LINKS
[1] https://tellthebeees.substack.com/p/boyfriendland
[2] https://www.vogue.com/article/is-having-a-boyfriend-embarrassing-now
[3] /Abtreibungsrechte-in-den-USA/!6042762
[4] /Tradwives--traditionelle-Frauen/!6000366
[5] /Kampf-gegen-das-Patriarchat/!5880054
## AUTOREN
Donata Künßberg
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