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# taz.de -- Krise der Demokratie in Peru: Boluarte muss den Hut nehmen
> Das peruanische Parlament setzt Präsidentin Dina Boluarte ab. In ihrer
> Amtszeit hat die Schutzgelderpressung noch zugenommen.
Bild: „Dina raus!“ heißt es auf diesem Plakat einer Demonstrantin. Auch si…
Lima taz | Mit großer Mehrheit votierten die peruanischen
Parlamentsmitglieder am Freitag früh für die Absetzung von Präsidentin Dina
Boluarte. Sie ist damit die sechste Präsidentin Perus der letzten 10 Jahre,
die ihre Amtsperiode nicht zu Ende bringt – und die vierte, die vom
Kongress mit dem Gummiparagraphen der „moralischen Unfähigkeit“ abgesetzt
wurde.
Hintergrund für die Abwahl ist der Vorwurf, dass Boluartes es nicht
geschafft hat, [1][der steigenden Kriminalität] Einhalt zu gebieten. Vor
allem die Schutzgelderpressungen haben im letzten Jahr exponentiell
zugenommen.
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, bringen Schutzgeldbanden immer
wieder widerspenstige Zahler um. Auch die beliebte Cumbia-Band Agua Marina
ist ins Schussfeld der Erpresser geraten. Am vergangenen Mittwoch schossen
zwei vermummte Motorradfahrer 27 Mal auf Bandmitglieder, während diese ein
Konzert vor Tausenden von Zuschauern gaben. Fünf Mitglieder wurden schwer
verletzt.
Zwei Tage zuvor hatten die Busfahrer die peruanische Hauptstadt erneut mit
einem Streik lahmgelegt. 65 Busfahrer sind in den letzten 12 Monaten
erschossen worden. „Frau Präsidentin, wir wollen ohne Angst arbeiten
können“, forderten sie auf Spruchbändern. Busfahrer sollten einfach keine
Nachrichten von Unbekannten auf ihrem Handy öffnen, riet Boluarte. Die
Ausländer, ergänzte sie, sprich venezolanische Migranten, seien an allem
schuld.
## Unbeliebt in Bevölkerung und Parlament
Boluarte ist denkbar unbeliebt nicht nur im Parlament, sondern auch in der
Bevölkerung. Nun ließ der Kongress Boluarte fallen, wohl auch aus
strategischen Gründen: In sechs Monaten wählen die Peruaner einen neuen
Präsidenten. Ihre weitere Unterstützung würde die Parteien Wählerstimmen
kosten, so das Kalkül der Abgeordneten.
[2][Boluarte] war im Dezember 2022 ins Amt gekommen, als Vizepräsidentin
des linken, glücklosen Pedro Castillo. Der wurde nach seiner Ankündigung,
den Kongress zu schließen, kurzerhand von diesem wegen Putschversuchs
abgesetzt. Boluarte rückte nach, distanzierte sich von Castillo und wurde,
ohne eigene Partei, zur Marionette der gerade herrschenden Allianz unter
den 14 im Kongress vertretenen Parteien. Eine ihrer ersten Amtshandlungen:
das gewaltsame Niederschlagen der Proteste für den abgesetzten Castillo. 50
Demonstranten [3][aus den indigen geprägten südlichen Landesteilen] wurden
dabei von Polizei und Militär erschossen.
Die oberste Befehlsgewalt hatte Boluarte. Jetzt, wo sie keine Immunität
mehr genießt, wird sie sich deswegen vor Gericht verantworten müssen und
sehr wahrscheinlich die Gruppe der inhaftierten peruanischen Ex-Präsidenten
verstärken.
Boluartes Nachfolge im Amt hat nun der bisherige Parlamentspräsident Jose
Jeri angetreten – bis im April 2026 planmäßig gewählt wird. Der 38-jährige
Jurist machte seine politische Karriere im Gefolge des ebenfalls
abgesetzten und wegen Korruption angeklagten Ex-Präsidenten Martin Vizcarra
– und ist bisher vor allem damit aufgefallen, dass er der Vergewaltigung
bezichtigt wird und sich in sozialen Medien gerne sexistisch über Frauen
äußert.
12 Oct 2025
## LINKS
[1] /Organisierte-Kriminalitaet-in-Peru/!6110710
[2] /Kriegsverbrechen-in-Peru/!6103249
[3] /Aktivistin-ueber-Indigene-in-Peru-/!6103483
## AUTOREN
Hildegard Willer
## TAGS
Peru
Erpressung
Organisierte Kriminalität
Parlamentswahlen
Cumbia
Schwerpunkt USA unter Trump
Peru
Klimaklage gegen RWE
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