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# taz.de -- DFB-Team gewinnt in Nordirland: Unzählige Halbchancen
> Nach dem mühseligen 1:0-Erfolg in Nordirland ist die DFB-Elf wieder auf
> WM-Kurs. Dem Gastgeber fehlt es vor dem Tor schlicht an Qualität.
Bild: Kampf und Krampf: Maximilian Beier (weiß) und Justin Devenny duellieren …
Zwei Spiele binnen vier Tagen, beide zu null gewonnen; die Qualifikation
der deutschen Fußballnationalmannschaft für die Weltmeisterschaft im
nächsten Jahr rückt näher. Das hat sie den Nordiren zu verdanken, die den
Deutschland-Bezwinger Slowakei am Freitag schlugen und am Montag den
Deutschen knapp unterlagen, wodurch sie ihnen an die Tabellenspitze
verhalfen.
Immerhin ist Nordirland seit 1984 amtierender britischer Meister, was
allerdings daran liegt, dass der Wettbewerb danach nicht mehr ausgetragen
wurde. Am Montag war es eine dröge Angelegenheit in der ersten Halbzeit.
Bis auf das Abseitstor von Daniel Ballard in der 14. Minute und Nick
Woltemades Debüttreffer – den er mit der Schulter erzielte – eine
Viertelstunde später tat sich eigentlich gar nichts. In der zweiten
Halbzeit wurde es etwas lebhafter, die Nordiren hatten jede Menge
Halbchancen, aber die größte Tormöglichkeit hatte Karim Adeyemi in der 47.
Minute, als er allein vor Torwart Bailey Peacock-Farrell auftauchte.
[1][George Best] hätte selbst in volltrunkenem Zustand eine der Chancen
genutzt. Das ist das Problem der nordirischen Mannschaft, sie hat keinen
wie ihn, den besten Flügelstürmer aller Zeiten, bevor er sich zu Tode
gesoffen hat. Woher soll die Qualität auch kommen? Die Vereine der
englischen Premier League schwimmen im Geld, sie kaufen fertige Spieler im
Ausland ein und verschwenden keine Zeit auf die Ausbildung des Nachwuchses
von der Nachbarinsel.
Die aktuellen Spieler kicken entweder in unterklassigen Ligen oder bei den
grauen Mäusen der Premier League – bis auf Conor Bradley, der bei Liverpool
spielt, aber am Montag gelbgesperrt fehlte. Er hätte etwas reißen können,
aber so brachte die DFB-Elf das Spiel mit Ach und Krach über die Bühne.
## Ärger über den Schiedsrichter
Es war die erste Heimniederlage für die Nordiren seit fast zwei Jahren.
Michael O’Neill, der wegen seines 100. Spiels als Trainer Nordirlands mit
stehenden Ovationen gefeiert wurde, war danach auf den spanischen
Schiedsrichter Jesus Gil Manzano sauer. „Es ist lächerlich, nur zwei
Minuten Nachspielzeit zu geben“, schäumte er. Auch sonst sei der Schiri
überaus kleinlich gewesen.
[2][Bundestrainer Julian Nagelsmann] war hingegen zufrieden. Es sei zwar
kein superschönes Spiel gewesen, sagte er, „aber heute war die Tabelle
wichtig“. Auf die Fragen der nordirischen Journalisten antwortete er bei
der Pressekonferenz in einwandfreiem Englisch, aber mit hohem Floskelalarm:
„Das erwartet schwere Spiel … wollen die Gruppe gewinnen … großartige
Atmosphäre …“
Nordirland hat an drei Fifa-Weltmeisterschaften teilgenommen und erreichte
1958 und 1982 das Viertelfinale. Bis sich Trinidad und Tobago für die WM
2006 qualifizierte, war Nordirland die kleinste Nation bei einer WM.
Zuletzt hatte man sich 1986 für die Weltmeisterschaft qualifiziert, und
dabei wird es vorerst auch bleiben.
Im nächsten Jahr werden die Nordiren nicht zur Weltmeisterschaft fahren,
und sie werden auch die Europameisterschaften zwei Jahre später in Irland
und im Vereinigten Königreich verpassen – vermutlich im Gegensatz zum Team
aus der Republik Irland, das recht gute Chancen hat, einen der beiden
Freiplätze für gastgebende Länder zu ergattern. Das Aviva-Stadion in Dublin
ist nämlich Austragungsort, der Windsor Park in Belfast ist es nicht.
Offiziell heißt die Arena seit vergangenem Mai
„Clearer-Twist-Nationalstadion im Windsor Park“, weil der Brausehersteller
für die nächsten acht Jahre Hauptsponsor des Verbands Irish Football
Association (IFA) ist. Im Jahr 2000 hatte die IFA die Kampagne „Fußball für
alle“ ins Leben gerufen, um Sektierertum und Rassismus bei nordirischen
Spielen zu bekämpfen. Das Image war grottenschlecht, und mit der Kampagne
wollte man die Zeit vergessen machen, als für den
katholisch-nationalistischen Bevölkerungsteil [3][der Besuch des Stadions
zu einem gefährlichen Abenteuer werden konnte.]
Das Stadion hat eine unrühmliche Geschichte. Es liegt im Village, dem
Stadtteil in Belfast, in dem protestantische Terrororganisationen
herrschten. Um ins Stadion zu gelangen, mussten die Fans durch kleine
Gassen mit antikatholischen Wandmalereien laufen, bevor die Arena
modernisiert und der Eingang verlegt wurde.
Nur die Nationalhymne schreckt katholisch-nationalistische Besucher noch
ab. Während die anderen drei Mannschaften des Vereinigten Königreichs
längst „God Save the King“ durch eigene, länderspezifische Hymnen ersetzt
haben, halten die Nordiren daran fest.
14 Oct 2025
## LINKS
[1] /Buch-ueber-Fussballer-George-Best/!5241971
[2] /Dramatisierung-der-DFB-Maenner/!6116422
[3] /Nordirlandkonflikt-und-der-Fussball/!6116317
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
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