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# taz.de -- Lockerung im Bestattungsrecht: Wie möchte ich bestattet werden?
> Rheinland-Pfalz will die Bestattung liberalisieren. Das ist richtig.
> Bestattungen sind eine individuelle Angelegenheit und sie müssen billiger
> werden.
Bild: Eine Trauerfigur auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin
Es ist ein paar Jahre her, da besuchte ich eine Freundin am Bodensee. Auf
einem Tisch im Wohnzimmer stand eine Urne. Drin: die Asche ihrer Mutter.
Obwohl Blumen daneben standen und eine Kerze, sah es weniger aus wie ein
Altar, vielmehr wie etwas, das noch zu erledigen ist. Und es war auch so.
Ihre Mutter wollte, dass ihre Asche im Bodensee verstreut wird.
Ein Boot, um rauszufahren, war kein Problem. Meine Freundin hatte eins. Wie
genau sie es aber angestellt hatte, in den Besitz der Urne zu kommen, sagte
sie nicht. „Es gibt Wege.“ Meiner Freundin half damals vermutlich, dass sie
direkt an der Schweizer Grenze wohnte, wo die Bestattungsgesetze liberaler
sind. Vielleicht hatte ihr ein Schweizer Bestatter geholfen.
Was in der Schweiz geht, ist in Deutschland kompliziert.
Bestattungsvorschriften sind Ländersache. [1][Nun prescht Rheinland-Pfalz
mit der wohl weitreichendsten Liberalisierung des Bestattungsrechts vor.]
Ab dem 4. Oktober soll alles anders werden: Flussbestattungen im Rhein,
Mosel, Saar und Lahn soll es geben, Bestattungen im Garten, Bestattungen im
Tuch. Die Urne darf zu Hause aufbewahrt, die Asche in Schmuckstücke
eingearbeitet werden.
Reliquie nennt man so ein Geschmeide im Christentum. Gilt natürlich nur für
Heilige. Aber manche Verstorbene sind das für die Hinterbliebenen wohl
auch.
Natürlich, jetzt kommt ein Knackpunkt: Die Durchführungsverordnung zum
rheinland-pfälzischen Bestattungsgesetz sei noch nicht ausgearbeitet. Auch
kann von den neuen Möglichkeiten nur Gebrauch gemacht werden, wenn der
Verstorbene sie zu Lebzeiten wünscht.
## Nicht alle haben vorgesorgt
Die Landeskirchen in Rheinland-Pfalz sind not amused. Sie fürchten um die
Einnahmen für den Unterhalt der Friedhöfe. Und es stimmt: Friedhöfe sind
magische Orte. Und nicht nur das, sie sind auch Grünflächen, sind wichtig
für die Biodiversität, die Naherholung, die Verbesserung der Luft. Vor
allem in Städten.
Wenn die Kosten für die Pflege der Friedhöfe nicht mehr durch Grabgebühren
getragen werden, müssen andere Finanzquellen gefunden werden, etwa durch
Umlagen von all denen, die die Luft verpesten. Auch muss gesichert sein,
dass stillgelegte Friedhöfe nach den vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht
stante pede den Grundstücksspekulanten anheimfallen, sondern [2][als
Grünflächen erhalten bleiben].
Die Liberalisierung des Bestattungsrechts ist in allen Bundesländern
notwendig. Es geht dabei nicht nur um Beerdigungskultur oder die Pfründen
der Kirchen. Ein wichtiger Faktor sind auch die Kosten. Beerdigungen müssen
billiger werden. Wenn kein Sarg notwendig ist, sondern ein Tuch reicht,
wenn keine Grabstelle gemietet werden muss, sondern [3][die Urne] im Garten
vergraben werden kann, dann spart das Geld.
Nicht alle Verstorbenen haben vorgesorgt. Sind keine Rücklagen da, werden
die Angehörigen laut dem Bürgerlichem Gesetzbuch in die Pflicht genommen –
und zwar bis in die Enkelgeneration.
Wir wissen Dinge über die Zukunft. Dass wir sterben werden, ist eines
davon. Es sollte jedem obliegen, selbst zu entscheiden, wie er oder sie
beerdigt werden will. Am allerwenigsten soll es ein Verwaltungsakt sein.
Ich wollte nie eingesperrt werden. Die Vorstellung, dass mein Körper oder
was davon übrig ist, in einem Erdloch versinkt, behagt mir nicht. Ich will,
dass meine sterblichen Überreste luftig verwehen. Und Musik soll sein.
10 Oct 2025
## LINKS
[1] https://www.swr3.de/aktuell/nachrichten/bestattungsgesetz-rheinland-pfalz-f…
[2] /Friedwaelder-in-Deutschland/!6035900
[3] /Urnenbestatter-ueber-stille-Abschiede/!6061847
## AUTOREN
Waltraud Schwab
## TAGS
Kolumne Starke Gefühle
Bestattung
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Kolumne Die Fußgängerin
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