| # taz.de -- Bekämpfung patriarchaler Strukturen: Die echten Feministen | |
| > Beim „profeministischen Kongress“ in den Mehringhöfen in Berlin-Kreuzberg | |
| > beschäftigen sich cis-Männer kritisch mit ihrer Männlichkeit und | |
| > Profeminismus. | |
| Bild: Wege zu finden, nicht kritische cis-Männer für das Thema zu sensibilisi… | |
| Berlin taz | Hunderte cis-Männer, die zwei Tage lang auf engem Raum über | |
| Feminismus diskutieren. Für viele FLINTA* klingt das erst mal nach einem | |
| Albtraum aus „Ich bin Feminist“-Jutebeuteln, frisch lackierten Fingernägeln | |
| und Simone de Beauvoir-Zitaten. Doch dieser Kongress will mehr sein: eine | |
| kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit, kein Wettbewerb im | |
| progressiven Auftreten. | |
| [1][Beim „profeministischen Kongress“ finden von Freitag bis Sonntag] in | |
| den Mehringhöfen in Kreuzberg Lesungen, Diskussionsrunden und | |
| Bildungsveranstaltungen zu Feminismus und Männlichkeit statt. Er richtet | |
| sich an alle Männer mit „antisexistischem Anspruch und all diejenigen, die | |
| mit patriarchalen Anforderungen und Praxen hadern“. | |
| „Wir wollen cis-Männer zusammenbringen und einen Raum öffnen, um über ihre | |
| Verantwortung in antipatriarchalen Kämpfen zu sprechen, über Solidarität | |
| mit FLINTA* und ihr eigenes Bedürfnis an einer antipatriarchalen Welt“, | |
| sagt Janko Egeling, Mitorganisator des Kongresses. Viele cis-Männer würden | |
| sich für eine profeministische Praxis nicht interessieren – auch in linken | |
| Kreisen, erklärt er. Denn: „Sie profitieren vom Patriarchat.“ Privilegien | |
| abzugeben, sei entsprechend unattraktiv. | |
| Die Organisatoren wollen dem etwas entgegensetzen – auch, weil sie | |
| überzeugt sind, dass cis-Männer selbst von einer kritischen | |
| Auseinandersetzung mit Männlichkeit profitieren. „Auch sie sind unzufrieden | |
| mit der Art, wie sie Partnerschaften oder Freundinnenschaften führen und | |
| werden von FLINTA* kritisiert für Verhaltensweisen wie Dominanz im Gespräch | |
| oder das Übergehen von Bedürfnissen“, sagt Egeling. | |
| ## „Das Patriarchat lässt sich nur kollektiv überwinden“ | |
| Profeministisch bedeutet für die Veranstalter, sich mit queerfeministischer | |
| Theorie auseinanderzusetzen und sie in Handlungsweisen im Alltag zu | |
| übersetzen. „Wir wollen aus der Theorieblase herauskommen und uns | |
| praktische Ansätze überlegen“, so Egeling: Verantwortung in der | |
| Beziehungsarbeit übernehmen, das eigene Sprach- und | |
| Aufmerksamkeitsverhalten reflektieren, Care- und emotionale Arbeit leisten | |
| und Komplizenschaft in cis-Männergruppen verweigern. Auch betont er die | |
| strukturelle Dimension: „Patriarchat ist ein Herrschaftssystem. Es lässt | |
| sich nur kollektiv überwinden, allein können wir das nicht schaffen.“ | |
| In der Vorbereitungsgruppe sitzen jedoch ausschließlich weiße, cis-hetero | |
| Männer. Das sei lange diskutiert worden, sagt Egeling. „Profeministische | |
| Arbeit wird hauptsächlich von FLINTA* geleistet. Aber als Privilegienträger | |
| müssen auch wir cis-Männer Verantwortung übernehmen.“ Eine | |
| gemischtgeschlechtliche Gruppe berge die Gefahr, dass die Hauptlast wieder | |
| bei FLINTA* hängen bleibt. | |
| „Es ist ein schwieriger Spagat: FLINTA*-Perspektiven einzubeziehen, aber | |
| sicherzugehen, dass sie nicht wieder die Aufklärungsarbeit übernehmen | |
| müssen“, sagt Egeling. Für ihn steht jedoch fest: Männerorganisierungen | |
| brauchen FLINTA*-Perspektiven und deren Korrektiv. Deshalb habe die | |
| Vorbereitungsgruppe das Konzept vorab mehrfach FLINTA* aus dem eigenen | |
| Umfeld vorgestellt, um kritische Rückmeldungen einzuholen. | |
| Auch auf dem Podium kommen FLINTA* zu Wort: Die [2][Geschlechter- und | |
| Sexualwissenschaftlerin Rona Torenz] etwa, spricht über feministische | |
| Debatten zu einvernehmlichem Sex, Sasha Rosenstein vom Verein „Die | |
| Feministen“ über Männlichkeits- und Privilegienarbeit und Aimée Kesse über | |
| den Umgang mit sexualisierter Gewalt im Freund*innenkreis. Zudem greift der | |
| Vortrag „Migränntlichkeit“ die migrantische Perspektive auf, die in der | |
| Vorbereitungsgruppe fehlt. | |
| ## Ein Kongress ist ein guter Anfang | |
| Dass auch Männer unter patriarchalen Strukturen leiden, steht nicht im | |
| Zentrum des Kongresses. „Wir befürchten, dass ein Fokus auf die eigene | |
| Opferrolle in einen ‚Befindlichkeitskongress‘ münden könnte – wie so h�… | |
| in cis-Männergruppen“, erklärt Egeling. Ein weiteres Problem in | |
| Männergruppen: Konkurrenz. Auch auf diesem Kongress befürchten die | |
| Organisatoren, dass Diskussionsrunden nach den Vorträgen in einen | |
| „Schwanzvergleich“ ausarten könnten. Ein Talk soll dem entgegenwirken: | |
| „Konkurrenzdynamiken unter kritischen Männern“. | |
| Und was ist mit den nicht kritischen Männern? Denen, die ihre Machtposition | |
| mit allen Mitteln verteidigen? Egeling räumt ein: „Die, die sich nicht | |
| dafür interessieren, werden wir nicht erreichen.“ Wege zu finden, nicht | |
| kritische cis-Männer für das Thema zu sensibilisieren, sei eine | |
| langfristige gesamtgesellschaftliche Aufgabe – allein könnten sie das nicht | |
| leisten. | |
| Christoph May kennt das Problem: „Es kostet viel Energie, Männer zu so | |
| einem Event zu bewegen, auf das sie keine Lust haben“, sagt der | |
| Literaturwissenschaftler und Gründer des Instituts für Kritische | |
| Männerforschung. Doch es gebe Wege, meint er: „Die Ansprache muss viel | |
| niedrigschwelliger sein.“ Schon der Titel „profeministischer Kongress“ | |
| klinge für viele „sehr links und elitär“ und könne abschreckend wirken. | |
| „Wenn,Feminismus' im Titel steht, springt leider meistens schon die Hälfte | |
| der Männer ab“, erklärt May. | |
| Ein Kongress sei ein guter Anfang, so der Literaturwissenschaftler, | |
| wichtiger sei es jedoch, Männer in ihrem Alltag zu erreichen: im | |
| Fußballverein, in der Kneipe um die Ecke oder über Serien wie | |
| „Adolescence“. | |
| 26 Sep 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://profeministischer-kongress-berlin.org/ | |
| [2] https://www.uni-giessen.de/de/fbz/zentren/ggs/prina/mitglieder/mitglieder/t… | |
| ## AUTOREN | |
| Lilly Schröder | |
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