# taz.de -- Die Wahrheit: Das Leben des O’Brien | |
> Der irische Verkehrsminister kann sich einfach keine Namen merken, nicht | |
> einmal den eines guten Freundes aus Großbritannien. | |
Die Amtszeit des britischen Botschafters in Irland, Paul Johnston, geht | |
dieser Tage zu Ende. Oder heißt er etwa Jonathan Paulston? Wer weiß? Der | |
irische Verkehrsminister Darragh O’Brien weiß es jedenfalls nicht. Aber | |
ausgerechnet er war der Gastredner beim Empfang in der britischen Botschaft | |
anlässlich des Geburtstages von König Charles III. im Juni. | |
Er richtete seine Worte an „Botschafter Jonathan und Nicola, zwei sehr gute | |
Freunde von mir“. So eng kann die Beziehung nicht sein, wenn man den Namen | |
des „guten Freundes“ nicht kennt. Unter den Gästen waren Minister, | |
Abgeordnete, Senatoren, der Generalstaatsanwalt, ein EU-Kommissar, | |
Diplomaten und eine bunte Mischung von Gästen aus Wirtschaft, Kunst und | |
Medien. | |
Bei den irischen Gästen machte sich Fremdschämen breit, während die | |
britischen Gäste Wetten auf den nächsten Fauxpas von O’Brien abschlossen. | |
Der ließ nicht lange auf sich warten. „Jonathan hat mir heute Morgen eine | |
SMS geschickt“, krähte der Minister. In dieser Textnachricht habe er ihm | |
mitgeteilt, dass er am Abend zuvor eine Statue des Prager Jesuskinds in den | |
Garten gestellt habe, wie es Brauch in Irland ist, wenn man am nächsten Tag | |
gutes Wetter haben möchte. | |
Während die irischen Gäste sich mit Champagner betäubten, um ihren Minister | |
vorübergehend zu vergessen, erhöhten die wettenden Engländer den Einsatz, | |
und O’Brien enttäuschte sie nicht. „Es ist großartig, zu diesem besonderen | |
Anlass wieder mit Jonathan hier in Glencairn im Süden Dublins zu sein, um | |
den offiziellen Geburtstag von König Charles III. zu feiern“, rief er den | |
Gästen auf dem Rasen der Residenz des Botschafters zu. | |
In seiner Ansprache, in der er die engen Beziehungen zwischen Irland und | |
dem Vereinigten Königreich lobend erwähnte, sagte er, König Charles III. | |
sei „ein echter Freund Irlands gewesen, auch in schwierigen Zeiten“. | |
Immerhin hatte O’Brien den Namen des Königs nicht verwechselt und ihn sogar | |
korrekt ausgesprochen. Dubliner sprechen nämlich das „th“ meist nur als | |
„t“, und dann klingt es wie „Charles de Turd“: Karl, der Scheißhaufen. | |
Das konnte die Gäste aber nicht sonderlich trösten, denn nun kam O’Brien | |
wieder auf den Botschafter zu sprechen: „Ich bin wirklich traurig, dass | |
Jonathan und Nicola uns bald verlassen werden“, sagte er. Jetzt platzte den | |
irischen Gästen, deren Gesichter entweder aus Scham oder vom Alkohol rot | |
waren, der Kragen. „Paul“, schrien sie. „Er heißt Paul!“ | |
O’Brien bekam nun seinerseits einen roten Kopf. „Was? Ich kenne ihn doch | |
sehr gut“, sagte er und bat um Entschuldigung. Johnston nahm es mit Humor. | |
Er bedankte sich bei „Brian“ und sagte: „Es ist eine große Freude für | |
Nicola und mich, Sie zur Geburtstagsfeier des Königs begrüßen zu dürfen.“ | |
An seine Frau gewandt fügte er hinzu: „Du heißt doch Nicola, oder?“ | |
22 Sep 2025 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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