# taz.de -- Expertin über sexuelle Hamas-Gewalt: „Es sind nicht nur Vergewal… | |
> Die Hamas nutzt sexualisierte Gewalt als Kampfmittel, sagt Rebecca | |
> Schönenbach. Die Solidarität mit den israelischen Frauen bleibe aus. | |
Bild: Opfer und Angehörige bei der ersten Gedenkveranstaltung nach dem Hamas-�… | |
taz: Frau Schönenbach, warum muss die sexualisierte Gewalt beim Angriff vom | |
7. Oktober eigens auf einem Podium thematisiert werden? | |
Rebecca Schönenbach: Weil an dem Tag an mindestens fünf Orten die gleichen, | |
massiven Verbrechen, [1][Verstümmelungen und Vergewaltigungen an | |
israelischen Frauen begangen wurden] – es daraufhin aber erstaunlich wenig | |
öffentliche Solidarisierung mit ihnen gab. Auch in Deutschland. | |
taz: Also nicht besonders in Deutschland, [2][wie die Ankündigung | |
suggeriert] …? | |
Schönenbach: Nein, ich glaube nicht, dass es sich um eine deutsche | |
Besonderheit handelt: Die Entsolidarisierung mit israelischen Frauen ist | |
ein internationales Phänomen, leider. Wenn die Opfer aus Israel stammen, | |
werden mitunter sogar die Täter unterstützt. | |
taz: … am prominentesten von der amerikanischen Geschlechtsdenkerin Judith | |
Butler: Wieso erfolgt die Leugnung hier fast automatisch? | |
Schönenbach: Die Akteure linker, emanzipatorischer Bewegungen fühlen sich | |
dem intersektionalen Denken verbunden, haben aber, in den vergangenen | |
Jahren, nicht so sehr darauf geschaut, was das ursprünglich war. | |
taz: Was war das noch mal? | |
Schönenbach: Die intersektionale Bewegung [3][beginnt mit der Untersuchung | |
der Lage Schwarzer Frauen], die eben nicht nur durch die weißen | |
Führungskräfte der Fabrik, in der sie arbeiten, diskriminiert werden, | |
sondern auch durch ihre Schwarzen männlichen Kollegen. Das heißt, die | |
Gefahr für eine Person, diskriminiert zu werden, ist individuell abhängig | |
von multiplen Arten der Diskriminierung. Diese Denkart hat sich aber immer | |
mehr verschoben dazu, doch wieder in Gruppen zu denken, die in eine Art | |
Hierarchie überführt werden. In der gelten Israelis als weiß und mächtig. | |
Viele emanzipatorische Organisationen setzen zudem den Staat Israel mit | |
kolonialer Macht und einem kapitalistischen System gleich, das zum Feind | |
erklärt wird. Diese Projektion hat wenig mit Israel selber zu tun, sie kann | |
auch keine Rechtfertigung sein für Verbrechen an Israelis – aber sie kappt | |
das Mitgefühl. | |
taz: Das wird begünstigt durch Israels Kriegsführung, die Frauen besonders | |
stark trifft, [4][auch durch sexualisierte Gewalt]. Ist das etwas anderes | |
als bei der Hamas? | |
Schönenbach: Auf individueller Ebene auf keinen Fall. Jedes Vergehen gegen | |
eine Frau, egal ob israelisch oder palästinensisch, muss gleichermaßen | |
betrachtet und bestraft werden. Aber die sexualisierter Gewalt gegen | |
palästinensische Frauen [5][ist eben nicht systematisch]. Sie wird weder | |
befohlen noch gerechtfertigt, sondern verfolgt. Umgekehrt ist die | |
sexualisierte Gewalt der Hamas systematisch geplant und durchgeführt | |
worden. Sie wird gefeiert, um junge Männer hier im Westen gegen jüdische | |
Frauen zu radikalisieren. | |
taz: Die Videos, dieses Filmen und Feiern, das zeigt, eher als die | |
Opferzahlen: Das ist [6][eine Gewalt, die sich fortpflanzen soll …?] | |
Schönenbach: Das öffentliche Bejubeln der geschändeten Körper, die dann | |
durch die Straßen geführt wurden, ist klar ein Aspekt davon. Wobei nach | |
meiner Meinung die Opferzahlen ausreichen, um systematisch sexualisierte | |
Gewalt zu belegen. Die Art und Weise der Gewalt lässt aber keinen Zweifel | |
zu. Das sind ja nicht nur „einfache“ Vergewaltigungen. Die Täter haben | |
Gegenstände in die Leistengegend der Frauen getrieben, sie haben die Frauen | |
teilweise an Bäume gebunden und so hinterlassen. Das war bewusst | |
inszeniert, damit diejenigen, die danach kamen, diese sexuelle Gewalt | |
deutlich sehen konnten. | |
taz: Das klingt selbst nach einer Kolonisierung der Körper. | |
Schönenbach: Ja, das ist eine Kolonisierung von Frauenkörpern. Es ist | |
zugleich eine politische Gewalt, denn sie macht deutlich, dass diese Frauen | |
nicht als Menschen betrachtet werden. So funktioniert sexualisierte Gewalt | |
als Kriegswaffe. | |
[Anmerkung: In einer früheren Version hieß es, Terre des Femmes habe sich | |
nach dem 7. Oktober nicht mit den israelischen Frauen solidarisiert. Das | |
ist falsch. Terre des Femmes [7][hat sich mit einer am 23. Oktober 2023 | |
verbreiteten Erklärung ausdrücklich mit den israelischen Frauen | |
solidarisiert]. Die Passage mit der Behauptung wurde daher gelöscht. Wir | |
bitten den Fehler zu entschuldigen.] | |
15 Sep 2025 | |
## LINKS | |
[1] /-Nachrichten-im-Nahost-Krieg-/!5993810 | |
[2] https://ij-n.de/event/nach-dem-7-oktober-ein-podiumsgespraech-ueber-sexuali… | |
[3] https://chicagounbound.uchicago.edu/uclf/vol1989/iss1/8/ | |
[4] https://www.un.org/unispal/document/report-of-the-commission-of-inquiry-isr… | |
[5] https://www.un.org/sexualviolenceinconflict/wp-content/uploads/2024/05/SG-2… | |
[6] /Sexualisierte-Gewalt-durch-Islamisten/!5977286 | |
[7] https://frauenrechte.de/aktuelles/detail/krieg-in-nahost-frauen-sind-in-bes… | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
## TAGS | |
Sexualisierte Gewalt | |
Hamas | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Israel | |
Braunschweig | |
Social-Auswahl | |
talkshow | |
Srebrenica | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Aufnahmen vom Hamas-Angriff am 7.10.: Videos lachender Täter | |
Das Toronto Filmfestival lädt einen Film aus, weil die Hamas die Aufnahmen | |
des 7. Oktober nicht freigegeben hätte. Das ist so absurd wie gefährlich. | |
Künstlerin Šejla Kamerić über Srebrenica: „Sich weigern, Opfer zu sein“ | |
Auch 30 Jahre nach dem Genozid von Srebrenica sucht Šejla Kamerić nach | |
Wahrheit. Wie ihre Kunst das kollektive Trauma aufarbeitet. |