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# taz.de -- Böhmermann sagt Konzert mit Chefket ab: Im Stich gelassen
> Jan Böhmermann sagt ein geplantes Konzert mit dem Rapper Chefket ab.
> Damit knickt er vor Kulturstaatsminister Weimer ein.
Bild: Darf nicht auftreten: der Rapper Chefket
Jan Böhmermann knickt ein. Der Satiriker und TV-Moderator gibt dem massiven
Druck nach, den vor allem Kulturstaatsminister Wolfram Weimer auf ihn und
das Haus der Kulturen der Welt in Berlin ausgeübt hatte. Dort hat
Böhmermann am Samstag eine von ihm kuratierte Veranstaltungsreihe eröffnet.
Darin will er „die politischen, gesellschaftlichen und juristischen Fragen
der Gegenwart“ thematisieren. Ein für den 7. Oktober 2025 geplantes Konzert
mit dem Rapper Chefket hat er am Montag kurzfristig abgesagt. Das kommt
einer Kapitulation gleich.
Kulturstaatsminister Weimer hatte seinen Unmut über den geplanten Auftritt
des Rappers im Vorfeld deutlich kundgetan. Der 38-jährige Şevket Dirican
alias Chefket spricht sich in seinen Songs gegen Rassismus und
Antisemitismus aus und war sogar schon mit dem Goethe-Institut unterwegs.
Auf den Bildern, die er auf seinem Instagram-Kanal veröffentlichte, trug er
jüngst aber ein Sporttrikot mit der Aufschrift „Palestine“. Auf Brusthöhe
waren darauf zwei kleine Embleme in den Umrissen des Staats Israel und der
von ihm besetzten Gebiete in Form arabischer Kalligrafien zu sehen.
Das allein war Weimer schon zu viel: er sieht in dem Motiv „das
Existenzrecht Israels infrage“ gestellt, wie er in einem Brief an die
Leitung des Hauses der Kulturen der Welt schrieb. Da nützte es nichts, dass
Böhmermann auf der Pressekonferenz zur Eröffnung der Ausstellung eilfertig
versicherte, er werde sich Weimer schnappen und mit ihm jeden „von der
Bühne boxen“, der das Existenzrecht Israels leugne. Auch HKW-Intendant
Bonaventure Ndikung bemühte sich, den Staatsminister zu besänftigen. Doch
umsonst: Weimer versteht bei dem Thema keinen Spaß.
Schon in seinem Brief an die Leitung hatte er unverhohlen darauf verwiesen,
dass er als Leiter des HKW-Aufsichtsrats seinen Einfluss geltend mache. Die
Absage des Konzerts dürfte er mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben.
Nach Amtsantritt hatte er verkündet, es gelte, „die Korridore des Sagbaren,
Erkundbaren und Darstellbaren (…) zu weiten, anstatt sie zu verengen.“
Doch nun hat er deutlich gemacht, was er von der Kunst- und
Meinungsfreiheit hält: nichts. Schon als er den Gebrauch gendergerechter
Sprache in seiner Behörde untersagte, ging er nach Gutsherrenart vor. Nun
schon wieder. Das spricht für ein autoritäres Amtsverständnis. Und freut
besonders die AfD, die gegen die vermeintlich „linksextreme Kulturszene“
hetzt.
## Nicht die erste Ausladung
Die Absage des Konzerts am Haus der Kulturen der Welt fügt sich in eine
ganze Reihe von vergleichbaren Ausladungen in jüngster Zeit. Denn Künstler
und Intellektuelle, die Israels Unterdrückung der Palästinenser:innen
und seine Kriegsführung in Gaza kritisch sehen, haben in Deutschland einen
schweren Stand. Inwieweit eine Karte des Staats Israels und der von ihm
völkerrechtswidrig besetzten Gebiete – des historischen Palästinas –
„antisemitisch“ ist, darüber kann man streiten.
Zuletzt wurde die Linken-Parteichefin Ines Schwerdtner kritisiert, weil
sie in Belgien einen Schal trug, auf dem eine solche Karte abgebildet und
sämtliche Städte in Israel darauf mit ihren arabischen Namen aufgeführt
waren. Schwerdtner entschuldigte sich dafür. Man kann in solchen Karten
einen palästinensischen Anspruch auf das gesamte Gebiet sehen, der damit
das Existenzrecht eines israelischen Staats negiert. Aber zwingend ist das
nicht, denn auch solche Abbildungen sind für Interpretationen offen.
Zudem sind solche Karten, die das gesamte Gebiet des historischen
Palästinas zeigen, auch in Israel sehr verbreitet – allerdings unter
umgekehrten Vorzeichen, oft in den israelischen Nationalfarben Weiß-Blau.
Die ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel etwa trug im Juli 2024 im
„ZDF-Fernsehgarten“ eine Halskette mit dem Umriss des Staats Israels, das
die völkerrechtswidrig besetzen Gebiete mit einschloss. Die SPD-Politikerin
Franziska Giffey und der Grüne Volker Beck standen 2022 schon mal auf einer
Bühne der Deutsch-Israelischen Gesellschaft unter einem Transparent mit der
Botschaft „I Stand with Israel“, auf der eine Karte eines solchen
Groß-Israels prangte. Berufliche Konsequenzen hatte das für sie alle nicht.
Vor diesem Hintergrund wirkt Wolfram Weimers Empörung über die Ausladung
des israelischen Dirigenten Lahav Shani in Gent besonders bigott. Der war
dort ausgeladen worden, weil er sich nach Meinung der Veranstalter als Chef
des Israel Philharmonic Orchestra nicht ausreichend von Israels rechter
Regierung distanziert habe. Der Rapper Chefket wird nun in Berlin
ausgeladen, um Wolfram Weimer zu gefallen. Vielleicht sollte der belgische
Kulturminister den Rapper Chefket jetzt nach Brüssel einladen und ein
Konzert für ihn organisieren – und seine Sorge um die Kunst- und
Meinungsfreiheit in Deutschland ausdrücken.
29 Sep 2025
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
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