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# taz.de -- Die Türkei unter Erdoğan: Kampf um die politische Zukunft der Tü…
> Die Polizei setzt die Zentrale der Oppositionspartei CHP unter
> Zwangsverwaltung. Es ist Teil von Erdoğans Versuch, sich die CHP vom Hals
> zu schaffen.
Bild: Türkische Polizisten blockieren am Sonntag den Zugang zum Hauptquartier …
Istanbul taz | Es geht weiter im Drehbuch des türkischen Präsidenten Recep
Tayyip Erdoğan zur Zerschlagung der größten Oppositionspartei CHP. Am
Montag hat die Polizei einem vom Gericht eingesetzten Zwangsverwalter
gewaltsam Zugang zur Zentrale der CHP in Istanbul verschafft. Dabei kamen
Reizgas, Gummiknüppel und Wasserwerfer zum Einsatz. Seit Sonntagabend war
die Zentrale der Oppositionspartei von mehreren Hundert Polizisten umstellt
worden.
Im Zentrum des Streits steht der ehemalige CHP-Abgeordnete Gürsel Tekin,
der vom Gericht zum Zwangsverwalter eingesetzt wurde. Tekin gehört zum
Führungszirkel des früheren CHP-Vorsitzenden Kemal Kilicdaroglu, der im
Herbst 2023 abgewählt worden war. Statt des notorisch erfolglosen
Kilicdaroglu waren als neues Führungsduo Özgür Özel und der Istanbuler
Oberbürgermeister Ekrem Imamoglu gewählt wurden.
Auch in etlichen Regionalbüros waren neue Leute gewählt worden. Aus Ärger
über ihre Abwahl vor zwei Jahren stellt Tekin sich nun, wie einige andere
alte CHP-Kader, Erdoğan für die Zerschlagung der eigenen Partei zur
Verfügung.
Teil dieses [1][Erdogan'schen Drehbuchs zur Zerschlagung der CHP]: Wegen
angeblicher Unregelmäßigkeiten bei dem Parteitag im Oktober 2023, bei dem
auch Tekin abgewählt worden war, [2][hat am Dienstag vor einer Woche ein
Gericht die gesamte Istanbuler CHP-Parteiführung ihrer Ämter enthoben] –
und stattdessen unter anderem Tekin eingesetzt.
## Willfährige Justiz gegen lästige Konkurrenz
Trotz eines vom Gouverneur erlassenen Demonstrationsverbot waren tausende
CHP-Anhänger dem Aufruf des CHP-Vorsitzenden Özgür Özel gefolgt und zur
Zentrale gekommen, um die Installation von Tekin als Zwangsverwalter zu
verhindern. Während der Auseinandersetzungen sind etliche Demonstranten
verletzt und festgenommen worden. Am Montagnachmittag waren die
CHP-Anhänger zu einem Sitzstreik vor der Istanbuler CHP-Zentrale
übergegangen. [3][Um die Demonstranten zu behindern, waren am Montag
soziale Medien wie X, WhatsApp und Instagram nur noch eingeschränkt
nutzbar.]
Die CHP hatte Erdoğans AKP bei den Kommunalwahlen im Jahr 2024 deutlich
geschlagen. In den Umfragen liegt die Partei jetzt rund zehn Prozent vor
der Partei des Präsidenten. Seitdem versucht Erdoğan mithilfe einer
willfähigen Justiz, sich die lästige Konkurrenz vom Hals schaffen. Teil
dieses Versuchs war auch die Verhaftung seines Kontrahenten Ekrem Imamoglu
im März dieses Jahres.
Es geht aber nicht nur um den Kampf einer eher linken gegen eine rechte
Partei, sondern um eine grundsätzliche Weichenstellung für die Türkei.
Erdoğans immer islamistisch-autoritärer agierende AKP will die säkulare CHP
ausschalten, um aus der Republik Türkei wieder einen islamischen Staat zu
machen, mit Erdogan als lebenslangem „Führer“. Das erklärt die Intensität
der Auseinandersetzung zwischen dem gesundheitlich angeschlagenen 71-
jährigen Erdoğan gegen die junge Führung der CHP.
Nachdem Erdoğan die Istanbuler Parteiführung ausgeschaltet hat, soll am
kommenden Montag ebenfalls per bestelltem Gerichtsbeschluss auch die
nationale Führung der CHP um Özgür Özel aus dem Amt katapultiert werden.
Als nationaler Zwangsverwalter will sich dann der abgehalfterte Kemal
Kilicdaroglu zur Verfügung stellen.
Die jetzige CHP-Führung hat dagegen schon den Termin für einen
Sonderparteitag zur Wahl einer neuen Parteiführung angekündigt: am 21.
September will die CHP die Scharade mit den Zwangsverwaltern wieder
beenden.
9 Sep 2025
## LINKS
[1] /Repressionen-in-der-Tuerkei-/!6107248
[2] /Opposition-in-der-Tuerkei/!6111145
[3] /Proteste-in-der-Tuerkei/!6112325
## AUTOREN
Wolf Wittenfeld
## TAGS
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
Opposition in der Türkei
Kemal Kılıçdaroğlu
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