| # taz.de -- Bremen feiert Marokko-Tage: Unterdrückung kommt nicht vor | |
| > Bei den „Marokko-Tagen“ fällt unter den Tisch, dass das Land die | |
| > Westsahara völkerrechtswidrig besetzt hat. Die Jahre davor agierte Bremen | |
| > solidarisch. | |
| Bild: „Freie Sahara – Frieden und Gerechtigkeit“ steht auf den Fahnen: De… | |
| Samstagmittag auf dem Bremer Marktplatz: bestes Spätsommerwetter, eine | |
| üppige Bühne in sattem Rot-Schwarz, davor einige weiße Baldachin-Zelte. Ein | |
| DJ legt auf, Bands spielen, in den Zelten werden Essen und Tee, Gewänder | |
| und Gewürze verkauft. Es sind Marokko-Tage in Bremen. | |
| Ausgerechnet in Bremen, muss man wohl sagen – in einer Stadt mit einer | |
| langen Tradition der Unterstützung des Kampfes der sahrauischen | |
| Urbevölkerung der Westsahara für ihr Recht auf Selbstbestimmung. | |
| Seit 50 Jahren hält Marokko weite Teile der am Atlantik gelegenen | |
| Westsahara [1][völkerrechtswidrig besetzt] und [2][beutet deren Ressourcen | |
| wie Phosphat und Fisch aus.] Ein großer Teil der Sahrauis lebt in | |
| Flüchtlingslagern in Algerien. | |
| „Bremen ist der Heimathafen der deutschen Solidarität mit der Westsahara“, | |
| sagt eine Sprecherin der sahrauischen Diaspora in Deutschland, die | |
| namentlich nicht genannt werden möchte. | |
| In der Tat, die Liste der symbolischen oder praktischen Zeichen der | |
| Unterstützung aus der Hansestadt ist lang. 2013 bekam die ehemalige | |
| Trägerin des Alternativen Nobelpreises, die sahrauische Aktivistin Aminatou | |
| Haidar, den Bremer Solidaritätspreis verliehen. | |
| 2016 hatte die Bremer Politik beschlossen, zum Jahrestag der Gründung des | |
| sahrauischen Exil-Staates Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS) | |
| die Staatsflagge in den panarabischen Farben über der Bremischen | |
| Bürgerschaft wehen zu lassen. In einem fraktionsübergreifenden Beschluss | |
| hatte sich das Parlament damals für die Durchführung des UN-Referendums zum | |
| Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis ausgesprochen. | |
| Erst im Juni dieses Jahres hat sich die Bremer SPD bei ihrem | |
| Landesparteitag in einer Resolution zur Unabhängigkeit der Westsahara | |
| bekannt. | |
| Einer, der diese Art der Unterstützung immer für schwierig gehalten hat, | |
| ist Alexander Rosenboom, seit zwei Jahren amtierender Honorarkonsul für | |
| Marokko in Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Dass sich | |
| Bremen als Stadt immer wieder solidarisch mit der Sache der Sahrauis | |
| gezeigt habe, mache die Zusammenarbeit mit der marokkanischen Seite nicht | |
| einfacher, erklärte der Diplomat am Rande der Eröffnungsveranstaltung zu | |
| den Marokko-Tagen im Bremer Rathaus. | |
| Zu weiteren Aussagen zum Westsahara-Konflikt, der seit Ende 2020 auch | |
| wieder in bewaffneten Kämpfen zwischen der marokkanischen Armee und der | |
| sahrauischen Befreiungsbewegung Frente Polisario ausgetragen wird, war | |
| Rosenboom nicht bereit. „Dazu werden Sie von mir nichts hören“, erklärte | |
| der Konsul. „Das ist Außenpolitik. Ich kümmere mich um die Leute hier.“ | |
| ## Zeichen gegen das schlechte Image | |
| Im Rathaus erfährt man auch, was die ursprüngliche Idee hinter den Bremer | |
| Marokko-Tagen war: Die örtliche Gemeinde in Form von zwei Vereinen, | |
| Restaurants und dem Honorarkonsulat wollte ein Zeichen setzen gegen das | |
| schlechte Image wegen der kriminellen Jugendlichen aus der Maghreb-Region. | |
| Zwei Lehrer stellen die Arbeit der deutsch-marokkanischen Bildungsbrücke | |
| vor, die Bürgermeisterin von Syke in Niedersachsen die Partnerschaft mit | |
| einer Stadt in Marokko. | |
| Am Rande gibt es aber auch Stimmen, die von einer durch das nationale | |
| marokkanische Tourismusbüro gekaperten Veranstaltung sprechen. Es gehe um | |
| Image-Politik. Ein Sprecher des veranstaltenden Vereins Mosaik wirkt | |
| überrascht, als man ihn auf das Thema Westsahara anspricht, redet dann aber | |
| ganz offen von den „südlichen Gebieten Marokkos“. | |
| Auch die Sprecherin der sahrauischen Diaspora in Deutschland befürchtet | |
| ein Weißwaschen durch die dreitägige Veranstaltung: „Mit Kultur und | |
| Tourismus versucht Marokko die Besetzung der Westsahara zu legitimieren.“ | |
| Sie glaube nicht, dass Marokko ein echtes Interesse an den Problemen der | |
| Menschen in der Diaspora habe. | |
| ## Leinwände mit Image-Videos | |
| Carmen Emigholz, Staatsrätin für Kultur in Bremen, sagt: „Es ist | |
| unbestritten, dass der Umgang mit dem Konflikt um die Westsahara ein | |
| sensibler Punkt ist.“ Bei aller Freude über die Marokko-Tage dürfe man | |
| diesen Konflikt nicht vergessen. „Ganz besonders in Bremen als einer | |
| traditionell offenen und aufgeschlossenen Stadt“, sagt die Staatsrätin. | |
| Zurück auf dem Bremer Marktplatz: Auf Leinwänden an der üppigen Bühne des | |
| marokkanischen Tourismusbüros laufen Image-Videos, die Marokko, das | |
| „Kingdom of Light“, als [3][Reiseziel] anpreisen. Man verkauft das clever; | |
| sogar zwei Bands mit sahrauischen Wurzeln aus dem Süden Marokkos und aus | |
| den besetzten Gebieten dürfen auftreten. An der Seite hängt ein Porträt von | |
| König Mohammed VI. | |
| Natürlich gibt es Sahrauis in den besetzten Gebieten, die sich mit der | |
| Herrschaft Marokkos über das Gebiet der [4][Westsahara] arrangiert haben, | |
| die mit einem Autonomiestatus für ihr Volk zufrieden wären. Die Sprecherin | |
| der sahrauischen Diaspora in Deutschland rückt das allerdings in einen | |
| sozialen Zusammenhang: „Zugang zu Arbeit hat man dort oft nur, wenn man | |
| seinen politischen Kampf aufgibt.“ | |
| 23 Sep 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /EuG-Urteil-zur-Westsahara/!5800704 | |
| [2] /Sahrauische-Aktivistin-ueber-Ausbeutung/!6111476 | |
| [3] /Reiseland-Marokko/!t5032337 | |
| [4] /Westsahara/!t5019604 | |
| ## AUTOREN | |
| York Schaefer | |
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