# taz.de -- Politische Gefangene in Belarus: Ein kurzer Ausflug in die Freiheit | |
> Der Oppositionspolitiker Nikolai Statkewitsch, einer von 52 Begnadigten, | |
> widersetzte sich der Abschiebung nach Litauen. Jetzt sitzt er wieder ein. | |
Bild: Nikola Statkevich, hier 2015, weigerte sich ausgewiesen zu werden. Nach S… | |
Berlin taz | Nikolai Statkewitsch, einer der bekanntesten belarussischen | |
Oppositionellen, ist wieder in Haft. Informationen des alternativen | |
belarussischen Mediums Nascha Niwa zufolge sitzt er in der Strafkolonie Nr. | |
13 von Hlybokaje im Verwaltungsbezirk Witebsk ein. | |
Statkewitsch ist einer von 52 politischen Gefangenen, die am vergangenen | |
Donnerstag von Präsident Alexander Lukaschenko begnadigt worden und auf | |
freien Fuß gekommen waren. Der 69-Jährige hatte sich geweigert, Belarus zu | |
verlassen. | |
Der Entscheidung voraus gegangen war ein Treffen Lukaschenkos mit John | |
Coale – US-Anwalt und Gesandter [1][von Präsident Donald Trump], in Minsk. | |
Dabei überreichte Coale Lukaschenko eine persönliche Botschaft Trumps. „Wir | |
beten für Ihre Gesundheit und Ihr Wohlergehen und für weitere Fortschritte | |
bei der Verwirklichung unserer gemeinsamen Ziele im Namen der Menschen in | |
den Vereinigten Staaten und in Belarus“, heißt es darin. | |
Die freundliche Grußadresse war nicht das einzige Mitbringsel, das Coale im | |
Gepäck hatte. Dazu gab es noch die Ankündigung Washingtons, seine | |
Sanktionen gegen die staatliche belarussische Fluggesellschaft Belawia, die | |
im August 2023 verhängt worden waren, wieder aufzuheben. | |
## In einen Bus verfrachtet | |
Bereits im Mai 2021 hatte die EU ein Flugverbot gegen Maschinen von Belawia | |
verfügt, sieben Monate später folgten Sanktionen. Grund war die von Belarus | |
erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeugs im Frühjahr 2021, um des | |
belarussischen Journalisten und Bloggers Raman Pratassewitsch habhaft zu | |
werden. | |
Die 52 Gefangenen – darunter außer Belaruss*innen auch | |
Staatsbürger*innen aus Litauen, Lettland, Polen, Großbritannien, | |
Frankreich und Deutschland, waren nach ihrer Freilassung in einen Bus | |
verfrachtet und zur Ausreise nach Litauen gezwungen worden. | |
Einzig und allein Statkewitsch hatte sich nicht fügen wollen. Nach einigen | |
Stunden Aufenthalt im Niemandsland zwischen Belarus und Litauen war er in | |
Begleitung maskierter Männer wieder zurück nach Belarus gelaufen. Er | |
entscheide selbst, wo er leben wolle, sagte er zur Begründung. | |
Statkewitsch war 2010 bei den Präsidentschaftswahlen angetreten und kurz | |
darauf wegen der Organisation von Protesten zu einer sechsjährigen | |
Freiheitsstrafe verurteilt worden. Obwohl er sich geweigert hatte, ein | |
Gnadengesuch zu unterschreiben, wurde er 2015 vorzeitig aus der Haft | |
entlassen. Im Mai 2020, wenige Monate vor den Präsidentenwahlen im August | |
wurde er in Minsk festgenommen und wegen der Organisation von Massenunruhen | |
zu 14 Jahren Haft verurteilt. | |
## Handel mit Menschen | |
Pawel Latuschko, belarussischer Politiker, Ex-Diplomat und derzeit im | |
polnischen Exil, bezeichnete den US-amerikanisch-belorussischen Deal | |
gegenüber dem russischsprachigen Webportal Nastojaschee vremja als Spiel. | |
Lukaschenko könne keine Waren mehr verkaufen, aber er beginne, politische | |
Gefangene zu verkaufen. „Es ist blasphemisch, aber so ist es. Er handelt | |
mit Menschen. Und er versteht, dass sie teuer sind“, so Latuschko. | |
Sobald politische Gefangene freikämen, würden sie durch neue ersetzt – | |
allein seit vergangenem Juli 115 Personen. Laut der belarussischen | |
Menschenrechtsorganisation Vjasna (Frühling) [2][sitzen in Belarus derzeit | |
1.168 politische Gefangene (Stand: 15. September 2025) ein.] | |
15 Sep 2025 | |
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[1] /Politische-Gefangene-in-Belarus/!6092885 | |
[2] /Politische-Gefangene-in-Belarus/!6090429 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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