# taz.de -- 1.284 Tage Krieg in der Ukraine: Die Hexen von Butscha | |
> In der Freiwilligenorganisation „Hexen von Butscha“ im Kyjiwer Umland | |
> haben sich Frauen organisiert, um russische Drohnen über ihren | |
> Ortschaften abzuschießen. | |
Bild: Die „Hexen“ auf ihrem Trainingsplatz | |
„Es wird so werden, wie die Hexe es sagt“, heißt es in einem Lied, das im | |
aktuellen Krieg in der Ukraine zu einem symbolischen geworden ist. | |
Geschichten über die Kampfhexen der Ukraine werden gerade erst geschrieben. | |
Eine davon spielt [1][in der von den russischen Besatzern verwüsteten Stadt | |
Butscha]. Hier wachen die „Hexen von Butscha“, eine | |
Freiwilligen-Organisation über den Schlaf ihrer Kinder und aller anderen | |
Menschen der Stadt. Sie beobachten den Himmel über dem Hinterland, während | |
ihre Männer an der Front kämpfen. Aktuell sind sie die einzige | |
Freiwilligen-Organisation in der Ukraine, die zu 90 Prozent aus Frauen | |
besteht. Statt im Badeanzug am Strand zu liegen, stehen sie an diesem | |
schönen Sommertag in Uniform auf dem Übungsplatz. Dort legen einige neue | |
„Hexen“ in Anwesenheit ihrer Kampfgefährtinnen gerade ihren Eid ab. | |
## Im Einsatz gegen russische Drohnen | |
Bei Luftalarm unterstehen die Freiwilligen der ukrainischen | |
Territorialverteidigung und helfen bei der Flugabwehr. Auf Vorschlag des | |
Ministerkabinetts und des Präsidenten der Ukraine werden sie jetzt auch im | |
Einsatz von Flugabwehrdrohnen geschult. Die meisten der Frauen haben | |
bereits mit dem Training an diesen Systemen begonnen. | |
[2][Derzeit fliegen russische Drohnen] in 3.000 bis 3.500 Meter Höhe über | |
der Ukraine. Die Maschinengewehre der „Hexen“ haben jedoch nur eine | |
Reichweite von 900 bis 1.000 Metern. „Darum ist es eben wichtig, auch | |
Flugabwehrdrohnen einzusetzen. Aber schon jetzt tun sie alles, um die | |
feindlichen Drohnen zu zerstören“, sagt der Stabschef der Stabschef der | |
Freiwilligenorganisation von Butscha, Oberst Andriy Verlaty. | |
Doch trotz der erschwerten Bedingungen haben die Frauen in diesem Jahr | |
bereits drei Shahed-Drohnen abgeschossen und etwa 15 Gerbera-Drohnen | |
unschädlich gemacht. Einige der Frauen sind schon seit einem Jahr bei der | |
Gruppe, andere erst seit ein paar Monaten. Und es gibt viele Neuzugänge. | |
Darauf sind die „Hexen“ stolz und ermuntern auch weitere Frauen, sich ihrer | |
Gruppe anzuschließen, auch, wenn sie noch keine Kampferfahrung haben. Der | |
Wunsch mitzumachen ist das Wichtigste. Alles andere lernen die Frauen dann | |
vor Ort. Die älteren „Hexen“ helfen den Neuen, so entsteht der Kampfgeist | |
der Gruppe. | |
„Hexe von Butscha“ kann man ab dem Alter von 18 Jahren werden, eine | |
Altersobergrenze gibt es nicht. Die Älteste der Luftverteidigerinnen in | |
Butscha ist 72, früher war sie Lehrerin, jetzt schießt sie Drohnen ab. | |
## Männer kämpfen an der Front, Frauen im Hinterland | |
Auch Frauen von aktiven Soldaten sind hier. „Sie kämpfen dort an der Front, | |
und wir tun hier unseren Dienst“, sagt Oksana, die seit März dieses Jahres | |
in der Gruppe mitmacht. [3][Sie lebt im Nachbarort Hostomel]. Schon lange | |
wollte sie sich für die Verteidigung ihres Landes einsetzen, aber erst | |
jetzt hat sie diese Möglichkeit aufgetan, bei der sie ihr Alltagsleben und | |
die Familie mit dem aktiven Einsatz zum Schutz der Heimat verbinden kann. | |
Verteidigerin Wira, im zivilen Leben seit über 15 Jahren Fitnesstrainerin, | |
betont: „Wer, wenn nicht wir?“ Nur, weil ich eine Frau bin, bedeutet das | |
doch nicht, dass ich mich verstecken müsste. Ich muss mich genau so | |
verteidigen wie ein Mann.“ | |
Und Uljana, die erst vor kurzem zu den „Hexen“ gestoßen ist, bereitet sich | |
aktuell darauf vor, die Gruppenleitung zu übernehmen. Das ist nicht weiter | |
verwunderlich, denn mit dem Maschinengewehr ist sie auf „Du und Du“ und ist | |
ständig im Einsatz. Doch sie erinnert sich auch noch genau an ihren ersten | |
Dienst: „Mein erster Tag war einfach schrecklich. Die erste halbe Stunde | |
stand ich nur da und starrte einfach in den Himmel. aber dann haben mich | |
die anderen einfach in ihre Mitte genommen und alles war gut. Jetzt fühle | |
ich mich wie zu Hause.“ | |
Aus dem Ukrainischen [4][Gaby Coldewey] | |
29 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Wiederaufbau-in-Butscha/!5921387 | |
[2] /Massive-Luftangriffe-auf-die-Ukraine/!6091777 | |
[3] /Rundgang-durch-Hostomel/!5901190 | |
[4] /!s=Coldewey/ | |
## AUTOREN | |
Walerija Samoshyna | |
## TAGS | |
Kolumne über leben | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Kampfdrohnen | |
Drohnenangriffe | |
Luftangriffe | |
Reden wir darüber | |
Social-Auswahl | |
Recherchefonds Ausland | |
Kolumne über leben | |
Kolumne über leben | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Kolumne über leben | |
Kolumne über leben | |
Kolumne über leben | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
1.304 Tage Krieg in der Ukraine: Wenn Hotels zur Todesfalle werden | |
In der Ukraine werden immer wieder auch Hotels durch russische Luftangriffe | |
zerstört. Unter den Opfern sind auch Medienschaffende. | |
1.298 Tage Krieg in der Ukraine: Schulbeginn, staatlich erleichtert | |
In der Ukraine werden seit diesem Sommer Erstklässler finanziell vom Staat | |
unterstützt. Doch Geld ist dort nur eins der Probleme von Eltern. | |
Treffen von Merz und Macron: Sie verstehen sich | |
Kanzler Merz und Präsident Macron zelebrieren den Neustart der | |
deutsch-französischen Beziehungen. Wie viel die Beschlüsse wert sind, wird | |
sich erst noch zeigen. | |
1.273 Tage Krieg in der Ukraine: Im Zickzack vor der Drohne fliehen | |
Die Stadt Cherson in der Südukraine wird täglich mit Drohnen beschossen. | |
Zur Sicherheit der Menschen hat die Stadt Verhaltensregeln plakatiert. | |
1.258 Tage Krieg in der Ukraine: Kunst, die von Wut und Lebenslust erzählt | |
In Charkiw bemalt Künstlerin Dina Tschmusch Spanplatten vor zerbombten | |
Fenstern. Sie möchte die ukrainische Identität der Stadt sichtbar machen. | |
1.238 Tage Krieg in der Ukraine: Und gleich füllen sich die Augen mit Tränen | |
Seit fast zwanzig Jahre singen die alten Damen aus dem Kyjiwer Umland im | |
Chor. Der Krieg hat seine Spuren hinterlassen – aber sie machen weiter. |